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Whisper (German Edition)

Whisper (German Edition)

Titel: Whisper (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sandy Kien
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stehenden Bäumen ausweichen, klettern oder bergab gehen, und all das bereitete Judith massive Schwierigkeiten. Ihr Gesicht zeigte, was sie durchmachte. Fallweise umklammerte sie krampfhaft das Sattelhorn. Dann kniff sie sich wieder in den Oberschenkel, griff zum Knie … weiter wagte sie sich nicht. Jasmin überlegte nicht nur einmal, wie lange es wohl dauern würde, bis das Mädchen in Ohnmacht fiel. Weit davon entfernt war sie sicher nicht mehr.
    Als sie dann wieder freies Land erreichten, orientierte sich Jasmin an den hohen Berggipfeln der Rockys, die sie auch von Six Soul aus sehen konnte. Mit Erschrecken stellte sie fest, dass sie sich nicht sicher war, die richtige Richtung gewählt zu haben. Berge sahen von jeder Seite anders aus und sie wusste nicht, ob es die richtigen Gipfel waren, die sie anpeilte. Ihr Gefühl sagte ihr, dass sie nach Süden zu gehen hatte und nachdem Tom nicht gegenteiliger Meinung war, wählte sie jenen Weg, von dem sie glaubte, dass er richtig war. Die Gruppe folgte ihr vertrauensvoll. Nicht auszudenken was war, wenn sie sich vollkommen irrte. Tom hatte sie im Dunkeln hierhergeführt, dabei hatte sie sich blind auf ihn verlassen. Nun verließ sich die Gruppe blind auf sie. Ein Jammer. Hoffentlich ging das gut aus. Hoffentlich.
     

10
     
    M it dem ersten Licht des Morgens hatte sich Kino auf den Weg gemacht. Die ganze Nacht über war er von Selbstvorwürfen gequält gewesen, die ihm aber schlussendlich auch nicht weitergeholfen hatten. Die Bilder, die durch seinen Geist spukten, ließen ihn frösteln. Durch die Schreie eines Tieres angelockt, hatten sie einen Luchs in einem Fangeisen gefunden. Das Tier hatte wild gekämpft, gepfaucht und geschrien. Mit beiden Vorderpfoten war das Tier zwischen die Schlagbügel geraten und hatte sich mit Macht versucht, gegen die Falle zu wehren. Brust und Vorderläufe waren voller Blut gewesen, und als sie näher gekommen waren, hatten sie die halb abgetrennten Vorderpfoten bemerkt. Auch wenn sie es geschafft hätten, das Tier zu befreien, so wäre es trotzdem qualvoll verendet, da Tiere wie Luchse ihre Beine zur Jagd brauchten. Dieser würde nie wieder laufen, geschweige denn jagen können. Sein Vater hatte ihn erschossen. Kino erinnerte sich noch daran, dass alle durcheinandergeredet hatten. Die Kids hatten sich angesichts des süßen Tieres, und Luchse glichen sehr einer übergroßen Katze, furchtbar über die Fallenjagd aufgeregt. Kinsky hatte ihnen zu erklären versucht, wie hinterhältig und grausam die Jagd mit Schlagfallen war. Kino und sein Vater hatten den toten Luchs ins Gebüsch getragen. Besonders schwer war er nicht gewesen. Er empfand jedes Mal Hass und Zorn, wenn er Tieren auf diese Weise beim Sterben zusehen musste. Vermutlich waren die Wilderer hinter dem Pelz des Tieres her gewesen. Vielleicht hatten sie es aber auch auf ein anderes Tier abgesehen und der Luchs war lediglich durch Zufall in die Falle geraten. Wie dem auch sei, es machte ihn zornig, das mit ansehen zu müssen. Auch er tötete Tiere. Schnell und schmerzlos. Das hier war Quälerei. Zudem machte es ihn rasend, dass die Wilderer sich einfach nicht aufhalten ließen. Sie legten Fallen im Überfluss aus, als ob sie alles Vieh des Waldes umzubringen gedachten.
    Und dann war es passiert. Plötzlich waren zwei Männer aufgetaucht und mit erhobenen Gewehren an sie herangetreten. Es folgte ein mächtiger Schlagabtausch zwischen den Männern, Jaro und Kinsky, den die Fremden eindeutig für sich entschieden. Sie nahmen Kinskys Waffe an sich, und ehe man etwas tun konnte, trennten sie die Jugendlichen von den Erwachsenen. Kino erinnerte sich, dass Kinsky noch von Mord gesprochen hatte, was aber keinen großen Eindruck auf die Wilderer gemacht hatte. Sie fesselten Kino, Stefan, Jaro und Kinsky, und als Taps ihnen helfen wollte, hatte man auf ihn geschossen. Kino war klar, dass man das Tier tödlich erwischt hatte, obwohl er noch davongelaufen war. Taps lebte sicher nicht mehr. Schließlich hatte man die Kids auf die Pferde gesetzt und war mit ihnen in der Wildnis verschwunden. Niemand wusste, wohin man sie bringen würde. Der zweite Mann hatte sich der Funkgeräte bemächtigt, sie zerstört, und auch den Erwachsenen befohlen, auf die Pferde zu steigen. Mit dem Gewehr im Nacken war es leicht gewesen, sie weiter in die Wildnis zu treiben. Ihn, Kino, hatte man zuerst ausgesetzt. Nein, man wollte sie nicht umbringen. Wildern war eine Sache, Menschen zu töten eine andere. Aber man

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