Whisper (German Edition)
einzuschalten, denn auf einmal drehten die Räder nicht mehr durch. Das Fahrzeug zog den Hänger ohne Schwierigkeiten zwischen den Bäumen heraus und bog Richtung Straße.
„Das Kennzeichen!“, flüsterte Jasmin plötzlich und begann auf das Gespann zuzulaufen. „Los, wir brauchen das Kennzeichen.“
Weder Jasmin noch Patrick hatten Ahnung von jeglicher Polizeiarbeit oder den einfachsten Fahndungsmethoden. Aber beide hatten sie bereits ferngesehen. Jedes Kennzeichen deutete auf einen Besitzer und dessen Wohnort hin.
Jasmin und Patrick hechteten durch den Wald, nahmen die Abkürzung, indem sie Kurven geradeaus rannten, und kamen dem Pick Up relativ schnell nahe. Jasmin wäre fast ein weiteres Mal gestürzt, als sie plötzlich eine Gestalt aus dem Wald auf die Straße springen sah, die mit rutschenden Hufen fast stehenblieb. Jasmin erkannte das Tier und registrierte, dass der Fahrer des Pick Ups aus einem Reflex heraus hart bremste, wodurch das Gespann langsamer wurde.
Jasmin hielt den Atem an, aber die Front des Wagens erwischte das Pferd nicht. Patrick nutzte die Chance. Er jagte auf das Fahrzeug zu und kam relativ dicht heran, bevor das Wesen wieder in den Wald gesprungen war. Hektisch nahm er einen kleinen Ast und reinigte vor sich den Boden. Schnell blickte er auf die Tafel. War der Pick Up erst wieder angefahren, würde er das Schild nicht mehr erkennen können, da es vom Hänger verdeckt werden würde. Über dem Kennzeichen stand die Bezeichnung der Provinz, British Columbia. Ihm war auch bekannt, dass es eine Zusatzzeile gab. Das Motto der jeweiligen Provinz. Beautiful British Columbia. Doch für ihn waren die Ziffern und Zahlen interessant. Als Computerjunkie hatte er Übung darin, Kombinationen schnell zu erfassen. Dort stand: BHE 586. Und genau das schrieb er vor sich in die Erde. Der Pick Up fuhr heftig wieder an und war Sekunden später verschwunden.
Patrick ließ sich auf die Erde fallen. Erst jetzt bemerkte er das Beben in seinem Körper, und das Zittern verriet ihm, wie angespannt seine Nerven sein mussten. Sollte er jemals den Wunsch verspüren, dieses Gefühl ein weiteres Mal zu erleben, brauchte er nur mit den Fingern in die Steckdose zu greifen. Es musste dasselbe sein. Na, vielleicht noch um eine Spur prickelnder. Als er plötzlich ein Geräusch hinter sich hörte, fuhr er erschrocken herum, dachte schon an den Bären. Was ihm entgegen blickte, war ein helles Pferdegesicht und Jasmin, die an ihn herantrat und bei ihm in die Hocke ging. Sanft berührte sie seine Hand mit der ihren.
„Alles okay?“
Patrick nickte nur leicht.
„Ich habe das Kennzeichen“, war alles, was er rausbrachte.
Jasmin blickte auf den Boden vor ihm.
„Ist es das?“, fragte sie und sah, wie Patrick abermals nickte. „Ich habe vom Auto aus Janina auf Six Soul erreicht und ihr unseren Standpunkt beschrieben. Ich hoffe, sie hat richtig reagiert, denn ich hatte nicht viel Zeit. Vielleicht solltest du hier warten, bis jemand kommt.“
Patricks Antlitz versteinerte sich, während er seine Augen zusammenzog und die Lippen aufeinander presste.
„Ich?“, fragte er nach einer kurzen Pause, wobei er in ihrem Blick zu lesen versuchte. „Und du?“
Jasmin stand auf und griff ihn das Mähnenhaar der goldenen Stute. Patrick warf einen Blick auf das Pferd, dann auf das Mädchen und verkniff sich jede weitere Frage. Er würde keine wirklich vollkommene Antwort erhalten. Wieso tauchte sie immer wieder auf? Wieso handelte dieses Pferd wie ein Gespenst? Sie verschwand, um kurz darauf wieder zu erscheinen. War das normal? Die Antworten dazu musste er sich wohl selbst ausdenken.
Nun, in der virtuellen Welt war das vielleicht normal. Dort kam es öfter vor, dass etwas verschwand und dann wieder auftauchte. Aber das hier war real. Gab es sowas in der realen Welt auch? Hatte er so sehr in seiner Scheinwelt gelebt, dass er alles Wirkliche um sich vergessen oder nie gesehen hatte?
„Ich werde den Pick Up verfolgen. Ich will nicht, dass die Wilderer entkommen und möchte verhindern, dass sie noch einmal ihre Fallen im Wald aufstellen. Diese Schweinerei muss aufhören!“
„Du spinnst!“, kam es zurück, während sich der Junge erhob. „Die sind mit dem Auto unterwegs und sind erstens viel zu schnell, und zweitens hast du keine Ahnung, wohin sie wollen. Wir haben das Kennzeichen, damit wird es der Polizei wohl möglich sein, sie zu finden.“
„Ich werde sie finden!“, erklärte Jasmin hart. „Das bin ich dem Großen
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