Whisper Island (01) - Sturmwarnung
war Becca klar. »Hier läuft gerade ein Zeitfahren und du stehst im Weg! Was ist los mit dir? Bist du geistig zurückgeblieben, oder was? Ich dachte, du könntest sowieso nicht kommen. Warum bist du überhaupt hier? Machst du dir Sorgen, hier könnte irgendwo ’ne Kasse rumstehen?«
Becca wich einen Schritt zurück. Jenns Wut war viel stärker als der Rauch von Derrics Flüstern.
Derric verstärkte den Druck auf ihren Arm und sagte: »Seth hat sie hergefahren. Es ist alles in Ordnung, Jenn.«
Jenn riss die Augen weit auf. Sie johlte laut los. »Seth Darrow ? Wow. Du bist ’ne echte Überfliegerin, was?«
Ihr Blick wanderte von Becca zu Derric und dann von Derrics Hand zu Beccas Arm. Dann erblickte sie die Star-Store- Tüte mit den Kürbissen und den Doritos in Beccas Hand. Mit einem spöttischen Grinsen sagte sie: »Und was ist da drin? Dein Mittagessen oder deine Ausbeute?«
Becca stammelte: »Das ist … na ja … da sind Kürbisse drin.« Die ganze Sache war ihr zu peinlich, um auch noch die Doritos zu erwähnen. Jenn war drahtig wie ein Gepard und musste nicht unbedingt mitkriegen, warum Becca gerade dabei war, wie ein Hefekloß aufzugehen. Sie fügte betreten hinzu: »Die sind für Debbies Enkelkinder.«
Jenn verdrehte die Augen. »Du bist ja so eine Heilige. Als wüssten nicht alle, warum du mit diesen Kindern herumhängst, Beck-kaaa.« Sie schüttelte den Kopf, lachte und fuhr los.
Als sie weg war, bemerkte Becca, dass Derrics Hand immer noch auf ihrem Arm lag, er seinen Griff aber gelockert hatte. Jetzt tätschelte er sie beschwichtigend, und sein Flüstern sagte: tut mir leid … oh Mann … bescheuert . Er sprach jedoch nichts laut aus. Schließlich sagte sie etwas.
»Warum hasst sie mich so?«, fragte sie.
Derric nahm seine Hand von ihrem Arm und berührte kurz ihre Schulter. »Es liegt nicht an dir. Okay?«
»Woran liegt es dann? Ich habe nämlich nichts getan, außer einen Zehner und keinen Zwanziger zu sehen.«
Derric blickte sie verwirrt an. »Was?«, fragte er.
»Ach, nichts«, sagte sie. »Es ist bescheuert. Vergiss es.«
K APITEL 10
Die erste Arbeit, die Becca draußen für Debbie erledigen musste – als Gegenleistung für das kostenlose Zimmer im Motel –, kam am Samstag auf sie zu, nach dem Ausflug zum Goss Lake. Es sei keine schwere Arbeit, sagte Debbie ihr am Morgen, aber sie würde sich schmutzig machen. Doch es müsse nun mal sein.
Es stellte sich heraus, dass die Arbeit die gesamte Motelfront umfasste. Dort erstreckten sich nämlich die Blumenbeete entlang der beiden Straßen, an deren Kreuzung das Motel stand, und trennten den Trakt mit den Zimmern von den Parkplätzen. Vor ihrer Zimmertür stellte Debbie einen Eimer mit Gartengeräten, einen riesigen Behälter mit Pflanzendünger und zwei Dutzend Beutel mit Blumenzwiebeln ab. Im Herbst müsse gepflanzt werden, sagte sie. Sie selbst fuhr mit Chloe und Josh einkaufen.
Nachdem Debbie und die Kinder unter großem Getöse abgerauscht waren, holte Becca ihr Handy aus der Tasche. Sie hatte immer wieder versucht, Laurel zu erreichen. Und jedes Mal war es ihr wieder nicht gelungen. Becca fing langsam an, sich den Ernstfall auszumalen: dass Jeff Corrie ihre Mutter aufgespürt hatte. In diesem Fall hätte Laurel sofort ihr Handy verschwinden lassen, um zu verhindern, dass er Beccas Aufenthaltsort ausfindig machte, denn mit dem Handy konnte ihm das gelingen.
Becca versuchte es erneut, aber wieder kam keine Verbindung zustande. Sie redete sich ein, dass alles in Ordnung sei, alles in Ordnung, alles in Ordnung . Dann steckte sie das Handy wieder in die Tasche und begann mit ihrer Arbeit. In jeder Tüte waren mehr als ein Dutzend Blumenzwiebeln, und bei insgesamt zwei Dutzend Tüten würde sie eine ganze Weile beschäftigt sein.
Sie hatte noch nie zuvor Blumenzwiebeln eingepflanzt, denn in San Diego gediehen sie nicht so gut. Also kippte sie den Inhalt der ersten Tüte auf den Boden, nahm eine Zwiebel in die Hand und überlegte, welche Seite wohl nach unten gehörte. Irgendwie erschien es ihr logisch, die Zwiebel mit dem spitzen Ende zuerst in die Erde zu stecken, also tat sie das auch. Nachdem sie die ersten vier Beutel eingepflanzt hatte, fuhr hinter ihr ein Wagen auf den Parkplatz. Sie stand auf und klopfte sich die Hose ab, um den potenziellen Gast zu begrüßen.
Es war ein VW und er gehörte Seth. Auf dem Beifahrersitz hockte ein gelber Labrador. Kaum hatte Seth seine Tür aufgemacht, um auszusteigen, sprang der Hund über
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