Whisper Island (01) - Sturmwarnung
meinst du damit?«
»Schauen Sie mich doch an. Ich weiß, dass ich fett bin.«
Die Krankenschwester legte das Thermometer auf ihren Schreibtisch. Meine Güte, zeichnete sich in ihren Bewegungen ab, obwohl es noch nicht aus ihr herausgebrochen war. Sie ging zurück zum Bett und bat Becca, aufzustehen. Sie betrachtete sie, nahm ihr Handgelenk, legte ihre Finger darum und drückte vorsichtig ihren Arm.
»Wie um alles in der Welt kommst du darauf, dass du fett bist? Du bist einfach nur kräftig gebaut. Das nennt man vollschlank. Ob du’s glaubst oder nicht, so sollten Frauen sogar einmal aussehen. Du musst nichts weiter tun, als deine Masse ein wenig zu verteilen. Treibst du Sport?«
»Ich fahre jeden Tag Rad.«
»Warte noch einen Monat. Dann wirst du topfit sein. In der Zwischenzeit nimm das hier.« Sie holte einen Energieriegel aus ihrer Tasche und reichte ihn Becca. »Und lass das Frühstück nicht wieder ausfallen, in Ordnung? Warte mal. Du brauchst einen Passierschein, um zurück zum Unterricht zu gehen.«
Mit dem Passierschein in der Hand zog Becca los. Unterwegs musste sie an der Anmeldung der Schule vorbei, wo Hayley wieder Telefondienst hatte. Jenn war auch da, mit ihrem Klemmbrett, und gab Hayley die Anmeldeliste. Als Becca das sah, blieb sie stehen und sagte: »Ich möchte mich auch für einen Besuch bei Derric eintragen.«
Hayley sah auf. Sie lächelte und sagte: »Du bist Becca. Wir haben uns an deinem ersten Tag hier kennengelernt. Das ist echt nett von dir, dass du mithelfen willst. Schließlich bist du ja noch neu hier.«
»Derric hat mich herumgeführt. Ich habe Geschichte mit ihm. Und Jahrbuch.«
» Und sie fährt voll auf ihn ab«, fügte Jenn hinzu und verdrehte die Augen. »Als hätte sie auch nur die geringste Chance.«
Hayley reichte Becca die Liste, und Becca unterschrieb unter Hayleys Namen. Sie vermied es, Hayley anzusehen, weil sie sich daran erinnerte, was Seth über sie und Derric gesagt hatte. Die ganze Zeit versuchte sie, die Schimpfwörter zu ignorieren, die von Jenn zu ihr drangen. Es war schwierig. Sie waren heftiger als je zuvor.
Sie gab die Liste zurück. Jenn riss sie ihr aus den Händen wie jemand, dem man sein entführtes Baby zurückbringt. Sie marschierte davon, während Hayley Becca leise zuflüsterte: »Er ist ein netter Kerl. Ich kann verstehen, dass du ihn magst.«
Es war nett von ihr, das zu sagen, und Becca konnte spüren, dass Hayley es ehrlich meinte. Ihre Worte erstaunten sie allerdings ein wenig. War Hayley mit Derric zusammen oder nicht? Becca wollte mit dem älteren Mädchen reden, obwohl eine merkwürdige Traurigkeit wie der Duft welker Veilchen von ihr ausging. Aber sie musste in ihre Klasse, weil sie jetzt Unterricht bei Mr Powder hatte, und ihm würde ein kurzer Blick auf den Passierschein der Krankenschwester genügen, um sich auszurechnen, wie lange sie vom Zimmer der Krankenschwester zu seinem Unterrichtsraum gebraucht hatte.
Jenn lauerte ihr vor dem Verwaltungsbüro auf. Sie sagte: »Gehen wir zusammen in den Unterricht, Beck- kaaa ?« Das unterlegte sie mit noch mehr abschätzigen Bemerkungen über Beccas Körpergröße und die Kleider, die sie trug.
Nach allem, was heute Morgen passiert war, war das endgültig zu viel für Becca. Sie tastete in ihrer Tasche nach dem Kopfhörer der AUD-Box und steckte ihn sich ins Ohr. Die AUD-Box war wie immer am Bund ihrer Jeans befestigt, und sie fingerte am Lautstärkeregler herum und drehte ihn voll auf. Das Rauschen übertönte, was Jenn dachte, konnte aber nicht überdecken, was sie zu sagen hatte.
»Ich dachte, ich klär dich mal über etwas auf, bevor du dein Hochzeitskleid kaufst, Beck- kaaa . Ich hoffe, du hast nichts dagegen, ich mach nämlich deinen Traum nur ungern kaputt.«
»Geschenkt«, sagte Becca.
»Gut. Schlau bist du auch. Eine der Cheerleaderinnen, Courtney, hat es nämlich auf Derric abgesehen, und das wissen alle. Und für wen, glaubst du, würde er sich entscheiden, wenn er zwischen ihr und dir wählen müsste?«
K APITEL 17
Jenn McDaniels hin oder her, Hayley Cartwright oder Courtney, die Cheerleaderin, Becca war entschlossen, nach Coupeville zu fahren und Derric zu besuchen.
Ohne ihn war die Schule unerträglich. Sie vermisste seine Aura, das Gefühl der Sicherheit, das sie umgab, wenn er in der Nähe war. Sie vermisste die Wärme, die er ausstrahlte, und den Duft, der um ihn herum die Luft erfüllte. Er war etwas Besonderes für sie, so wie es bisher noch kein Junge gewesen war,
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