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Whisper Island (01) - Sturmwarnung

Whisper Island (01) - Sturmwarnung

Titel: Whisper Island (01) - Sturmwarnung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth George
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und auch dieses Gefühl vermisste sie.
    Nach ein paar Tagen hatte das Interesse der anderen Schüler für Derrics Zustand beträchtlich abgenommen. Die Ereignisse in den Saratoga Woods wurden von anderen Dingen verdrängt. Football-Spiele und Cheerleadertreffen lenkten die Schüler ab. Und auch der Homecoming-Ball lag nicht mehr in allzu weiter Ferne. Aber das alles interessierte Becca nicht. Sie rechnete sowieso nicht damit, dass irgendjemand sie fragen würde. Nicht bei ihrem Aussehen. Sie war momentan nicht gerade der Traum aller Jungs.
    Seit dem Abend, als Debbie die beiden in ihrem Zimmer erwischt hatte, hatte sie Seth Darrow nicht mehr wiedergesehen. Seitdem hatte sie alles getan, um Debbies Befürchtungen sie beide betreffend zu zerstreuen. Sie war morgens zur Schule gegangen, nach der Schule ins Motel gekommen, hatte ihre Hausaufgaben gemacht, mit Chloe gespielt, versucht, Josh zu beruhigen, der sich Sorgen um seinen großen Beschützer machte, und die Zimmer der abgereisten Gäste gereinigt. Aber da sie sich verpflichtet hatte, bei Derrics Genesung zu helfen, musste sie irgendwie nach Coupeville kommen, wo er im Krankenhaus lag. Und Seth war der Einzige, der ihr dabei helfen konnte.
    Ihr fiel wieder ein, dass er ihr vom Gemeindezentrum erzählt hatte, wo sich die Jugendlichen von Langley immer trafen.
    Ein paar Tage, nachdem Derrics Vater bei der Versammlung gesprochen hatte, ging Becca los, um Seth zu suchen. Sie hatte die Zimmer der abgereisten Gäste sauber gemacht und ging zur Rezeption, um Debbie zu sagen, was sie vorhatte. Aber Debbie war nicht da, also hinterließ sie ihr eine Nachricht. Dabei achtete sie darauf, die volle Wahrheit zu sagen: Sie wolle zu Seth Darrow, damit er sie nach Coupeville bringe und ihr zeige, wo das Krankenhaus sei. Und dann würde sie ihn fragen, welchen Bus sie nehmen müsse, um später alleine hinfahren zu können, wenn sie an der Reihe war, Derric Gesellschaft zu leisten. Dann ging sie los.
    Das Gemeindezentrum war auf der Second Street, ein umgebautes Haus, das vier Funktionen auf einmal hatte: Es diente als Coffeeshop, Antiquariat, Kunstgalerie und Treffpunkt für junge Leute. Es war senfgelb gestrichen und draußen standen Tische und Stühle.
    Im Gebäude entdeckte Becca Seth in einem der hintersten Räume, wo er Gitarre spielte. Er wurde begleitet von einer Mandoline und einem Bass. Sie waren richtig gut, und die Musik erinnerte Becca an die anspruchsvollen Klänge, die sie an dem Tag gehört hatte, als sie mit Seth in den Wald gefahren war. Es war eine Mischung aus Jazz und Flamenco, und sie blieb im Hintergrund stehen und hörte zu. Als Seth sie sah, nickte er ihr zur Begrüßung zu. Als sie mit dem Stück fertig waren, steckten die drei Jungs die Köpfe zusammen und berieten sich. Sie kritzelten etwas auf ihre Noten und verabredeten sich für den nächsten Tag, um im Mukilteo Coffee zu proben. Dann klatschten sie sich ab und packten ihre Instrumente zusammen.
    Becca setzte sich neben Seth. Ein paar Strähnen hatten sich aus seinem Pferdeschwanz gelöst, und er steckte sie sich hinters Ohr.
    »Hey«, sagte er zur Begrüßung. »Was gibt’s?«
    »Ihr seid echt gut.«
    Seth schien sich über das Kompliment zu freuen. »Das war Django Reinhardt«, sagte er. »Gypsy-Jazz. Und was machst du hier?«
    Sie sagte ihm, dass sie jemanden brauche, der sie zum Krankenhaus fahren und ihr zeigen würde, welchen Bus sie nehmen müsse, um später alleine hin- und zurückzukommen. Sie fragte ihn, ob er Zeit hätte, ihr zu helfen, und er antwortete: »Klar. Ich brauch nur noch ein paar Minuten.«
    »Ich habe auch Geld für den Sprit«, sagte sie und zog einen verknitterten Fünf-Dollar-Schein aus der Tasche.
    »Kein Problem. Steck dein Geld wieder ein«, erwiderte er.
    »Wo ist Gus?«, fragte sie.
    Er schüttelte den Kopf. »Mein Großvater hat ihn immer noch.«
    Seth packte seine Noten ein und klappte den Notenständer zusammen. Er legte seine Gitarre in den Koffer und schob die Möbel wieder dorthin, wo sie vorher gestanden hatten. Als er aufstand, sah Becca, dass er schon wieder die Sandalen anhatte, die er fast immer trug, und ihr wurde ein wenig mulmig. Bisher hatte sie noch niemand anderen gesehen, der solche Sandalen trug. Das machte ihr Sorgen, aber sie schob den Gedanken beiseite.
    Sie gingen zusammen zum Parkplatz vor dem Star Store , wo Seths alter VW in frisch polierter Pracht glänzte. Auf dem Weg dorthin erzählte Becca von der Schulversammlung. Dabei musste sie die

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