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Whisper Island (01) - Sturmwarnung

Whisper Island (01) - Sturmwarnung

Titel: Whisper Island (01) - Sturmwarnung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth George
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Bushaltestelle befand sich auf der anderen Seite der Hauptstraße, die weiter in die Stadtmitte von Coupeville hineinführte. Becca überquerte sie und beeilte sich, weil von rechts ein Fahrzeug angefahren kam. Es war ein Pick-up, der zweimal laut hupte, so als wolle er Becca warnen, schnell von der Straße zu gehen, wenn sie nicht überfahren werden wollte. Der Wagen fuhr rechts ran, und Becca dachte schon, der Fahrer wolle ihr eine Standpauke halten, weil sie einfach so über die Straße gelaufen war. Doch dann sah Becca die Hunde auf der Ladefläche und einen weiteren Hund auf dem Beifahrersitz, und im selben Augenblick ging die Fahrertür auf, und eine Frau lehnte sich aus dem Wagen.
    Diana Kinsale rief ihr zu: »Hallo, Becca King! Ich habe dich in den letzten paar Wochen öfter gesehen als Leute, die ich seit dreißig Jahren kenne. Was machst du denn in Coupeville? Du bist doch nicht etwa mit dem Rad hierhergefahren, oder?«
    Becca ging auf den Wagen zu. Die Hunde auf der Ladefläche drängten sich alle auf ihre Seite, um sie zu begrüßen, und wedelten wild mit dem Schwanz. Oscar, der im Wagen saß, blinzelte nur zur Begrüßung, ganz wie es sich für einen Pudel ziemte. »Soll ich dich wieder zur Blue Lady Lane mitnehmen?«, fragte Diana.
    Becca antwortete, dass sie zwar nicht zur Blue Lady Lane müsse, aber tatsächlich nach Langley zurückwolle, und Diana forderte sie auf, einzusteigen.
    »Du musst dir den Sitz wieder mit Oscar teilen«, sagte sie. Der Pudel war wieder angeschnallt, und Diana machte ihn los und schob ihn ein Stück zur Seite. »Wo geht’s denn heute hin?«, fragte sie, während sie sich wieder in den Straßenverkehr einfädelte.
    Becca sagte Diana, dass sie im Cliff Motel bei Debbie Grieder wohne. Zuerst wollte sie noch hinzufügen, dass Debbie ihre Tante sei, doch dann überlegte sie es sich anders. An dem Abend, als Becca Diana zum ersten Mal gesehen hatte, wollte sie zur Blue Lady Lane. Aber was hätte sie dort zu suchen gehabt, wenn Debbie Grieder ihre Tante wäre?
    Becca war mit Diana allein im Wagen und trug auch nicht ihre AUD-Box, und deshalb hätte sie zumindest bruchstückhaft Dianas Gedanken hören müssen, nämlich ihre Reaktion auf das, was sie ihr gerade erzählt hatte. Aber sie hörte nichts, genauso wenig wie zuvor. Becca dachte wieder darüber nach, was das wohl zu bedeuten hatte. Schließlich hatte ihre Großmutter ihr beigebracht, dass alle Menschen in Gedanken flüsterten, alle außer denen, die tot waren. »Sogar Buddha hat geflüstert«, sagte sie immer. »Sogar der Papst flüstert. Und Jesus Christus hat auch geflüstert.«
    Doch ihre Großmutter hatte ihr Flüstern kontrollieren können, und auf einmal sah Becca Diana mit ganz anderen Augen. Vielleicht wusste sie ja, dass es Menschen gab, die das Flüstern anderer hören konnten – Menschen wie Becca.
    Da sagte Diana: »Und? Wie läuft es so?«
    Einen Moment lang dachte Becca, sie würde ihre Fähigkeit, Gedanken zu hören, meinen, aber dann fiel ihr wieder ein, dass sie von Debbie Grieder erzählt hatte, und antwortete: »Ganz gut. Ich helfe ein bisschen im Motel mit, und ihre Enkel sind super. Aber Debbie mag einen meiner Freunde nicht.«
    »Welchen Freund denn?«
    »Seth Darrow. Er hat mich heute Nachmittag mitgenommen.«
    »Und nimmt dich nicht wieder mit zurück?«
    »Er hatte etwas zu besprechen, mit einem Mädchen. Hayley Cartwright.«
    »Hayley kenne ich.«
    »Sie haben sich im Krankenhausfoyer unterhalten.«
    »Im Krankenhaus? Was habt ihr denn da gemacht?«
    »Ich wollte Derric Mathieson besuchen. Und Hayley war wohl auch seinetwegen da.«
    »Aha.« Diana wirkte nachdenklich. Becca merkte, dass Diana mehr wusste als sie, aber sie fragte nicht nach. Das wäre unhöflich gewesen, und außerdem ging es sie ja auch nichts an. Stattdessen sah sie aus dem Fenster und beobachtete, wie die Ebene von Coupeville allmählich dem Waldgebiet wich, während der Pick-up die schmale Landstraße entlangfuhr.
    In der Fahrerkabine war es warm. Der Rhythmus, den die Unebenheiten auf der Straße verursachten, war angenehm gleichmäßig. Diana streckte die Hand aus und machte Musik an. Dies alles lullte Becca ein. Oscar neben ihr war weich und warm, und bald wurde sie ganz schläfrig. Und nickte irgendwann ein.

K APITEL 19
    Eine Bodenwelle auf der Straße weckte sie auf. Es dämmerte bereits, aber Becca konnte erkennen, dass sie eine schmale Straße entlangfuhren und in einen noch schmaleren Kiesweg einbogen, der zwischen zwei

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