Whisper Island (01) - Sturmwarnung
was aus der Cafeteria mitbringen?«
Becca brauchte nicht erst sein Flüstern zu hören, um zu wissen, dass er nicht mitkam, um sich etwas zu essen zu kaufen. Er wollte zu Hayley. Sie konnte sich nicht vorstellen, dass irgendetwas Gutes dabei herauskommen würde, vor allem, wenn Hayley wegen Derric im Krankenhaus war, aber sie sagte nichts, außer: »Glaubst du, die haben Obst? Eine Banane oder so? Hier hast du Geld.«
Sie gab ihm das Geld, das sie ihm vorher für den Sprit angeboten hatte, und diesmal nahm er es an. Sie hoffte, dass er dann tatsächlich in die Cafeteria gehen und sich nicht auf die Suche nach Hayley machen würde.
Im Krankenhaus waren sehr viele Leute und sehr viel Geflüster. Becca musste unwillkürlich blinzeln, als die Geräuschflut sie bestürmte, und steckte sich rasch den Kopfhörer ihrer AUD-Box ins Ohr.
Dann ging sie mit Seth zum Empfang, wo sie eine kräftig gebaute Frau fragten, in welchem Zimmer sie Derric Mathieson finden würden. Die Frau legte eine Hand aufs Herz und schenkte ihnen ein gerührtes Lächeln. »Also, ich muss schon sagen. Das ist eine feine Sache, was ihr alle für den Jungen und seine Familie tut.« Sie schüttelte den Kopf, als wolle sie sagen: Wunder gibt es immer wieder!
Dann reichte sie ihnen ein Klemmbrett und sagte: »Macht einen Haken hinter eure Namen. Der stellvertretende Sheriff will wissen, wer alles kommt.«
Im Klemmbrett steckte eine Kopie der Liste, die Jenn aufgesetzt hatte. Becca sah, dass Jenns Name der nächste auf der Liste war. Da wusste sie, dass sie nur kurz bei Derric bleiben konnte, denn Jenn hier anzutreffen, wäre das Letzte, was sie wollte. Sie hatte sich eigentlich extra einen Tag ausgesucht, an dem Jenn McDaniels nicht kommen wollte.
Sie machte einen Haken hinter Jenns Namen und hielt Seth das Blatt hin. Er sah darauf, blickte sie an und machte einen Haken hinter dem Namen, der unter Jenns Namen stand. Er lautete Terry Grove, und den Namen fand er ganz cool.
Er lächelte die Frau am Empfang an und gab ihr das Klemmbrett zurück. Sie sagte ihnen, wo sie Derric finden würden, und dass sie hoffe, sie hätten etwas zum Vorlesen mitgebracht.
»Lesen ist am besten«, sagte sie. »Der Klang von vertrauten Stimmen ist sehr wichtig. Aber manchen Leuten, die einen bewusstlosen Patienten besuchen, der an Maschinen angeschlossen ist, fällt nach einer Weile nichts mehr ein, was sie noch sagen könnten.«
»Das wird uns nicht passieren«, erwiderte Becca. »Wir haben ihm viel zu erzählen.«
Auf dem Weg zu Derrics Zimmer liefen sie Hayley über den Weg. Alle drei blieben abrupt stehen. Hayley wurde knallrot im Gesicht und Becca hörte, wie Seth schluckte, als würde er ein Stück Beton herunterwürgen.
»Hallo«, sagte Hayley. Ihr Blick wanderte von Seth zu Becca und dann wieder zurück zu Seth.
Seth sagte: »Alles klar, Hayley?«, und stopfte die Hände in die Hosentaschen.
Becca sagte auch Hallo und tastete nach dem Regler ihrer AUD-Box, um ihn herunterzudrehen. Vielleicht konnte das Flüstern der beiden ihr helfen, die Situation besser zu verstehen. Aber sie hörte nur: mehr Lügen … na toll … Hayl , und kurz bevor Hayley zu sprechen begann: ich weiß nur, dass …
»Wollt ihr zu Derric?« Sie sah Seth an, aber Becca antwortete.
»Wie geht es ihm? Ist jemand bei ihm?«
»Sein Vater ist gerade raus, um mit jemandem zu sprechen. Wollt ihr reingehen?« Wie schon die Frau am Empfang nannte auch Hayley ihnen die Zimmernummer. Sie sah immer noch Seth an, also antwortete er diesmal.
»Ich warte hier. Geh du rein, Bec.«
Becca wusste, dass er mit Hayley sprechen wollte. Sie hielt das zwar für keine gute Idee, aber es gab Situationen, in denen man Leute einfach nicht von ihrem Plan abbringen konnte, so unvernünftig er auch war. Also ging sie weiter und ließ Seth zurück, während dieser langsam auf Hayley zuging, die ihrerseits die Hand hob, um ihn zu bremsen.
Als Becca das Zimmer betrat, schaltete sie die AUD-Box nicht wieder ein. Deshalb bemerkte sie sofort die Musik, als sie die Tür leise hinter sich schloss. Zuerst dachte sie, sie käme aus einem Lautsprecher in der Decke. Doch dann stellte sie fest, dass die Musik sie umgab und in ihrem Kopf war, genau wie sonst das Flüstern. Denn es war auch ein Flüstern, ein anschwellender Klang, der von Derric ausging.
Während sie sich dem Bett näherte, wurde die Musik lauter. Es sind Blechbläser, dachte Becca. Saxofone, Trompeten, Posaunen, Tuben und Trommeln. Zunächst klang es noch
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