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Whisper

Whisper

Titel: Whisper Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arena
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unteren Stockwerk gearbeitet. Noa hatte sie sägen und hämmern gehört, anscheinend hatte Gilbert sein Bücherregal als Erstes auf die lange Liste gesetzt. Kat rumorte im Wohnraum herum, den Geräuschen nach war sie dabei, die Tapeten von den Wänden zu reißen. Dabei sang sie französische Chansons und rezitierte ab und zu eine Stelle aus ihrem neuen Script.
    Als Noa in den Wohnraum trat, stand Kat auf der Leiter und hustete fürchterlich. Eine dicke Ladung Putz war von der Decke herab auf ihre Locken gerieselt. Sie trug eine ausgebeulte rote Jogginghose, auf ihrem weißen T-shirt, das sich reichlich knapp über der Brust spannte, stand in roten Druckbuchstaben Mauerblümchen.
    »Na, hast du dich von dem Schreck erholt?« Kat schüttelte sich den Putz aus den Haaren und grinste Noa an. »Keine Sorge, mein Herz, der Junge sieht nicht so aus, als hätte er zum ersten Mal ein Mädchen in Unterwäsche gesehen. Ist ja wirklich ein verdammt gut aussehender Kerl. Komm, schnapp dir einen Spachtel und hilf mir, ja?«
    »Ich muss erst mal was essen, Kat.« Noa steckte sich das schwarze T-shirt in die Jeans und ging nach unten. Hoffentlich hatte Gilbert nicht nur an das Haus, sondern auch an ihre leeren Bäuche gedacht. Und hoffentlich kam ihr David nicht unter die Augen.
    In der Küche roch es nach frisch gebrühtem Yogitee und auf dem Tisch lagen ein Laib Brot, ein dickes Stück Käse, Butter und eine geräucherte Salami. Während sich Noa ein Brot schmierte, hörte sie zu, wie Gilbert in seinem Zimmer auf David einredete. »Parapsychische Fähigkeiten schlummern in jedem Menschen, weißt du, sie müssen nur geweckt werden, geweckt und trainiert. Gestern Nacht hab ich einen Bericht von drei ganz normalen Studenten gelesen … hier, hör dir das mal an …« Nach einer kurzen Pause zitierte Gilbert aus seinem Buch. Dazu ertönte das laute Geräusch einer Säge auf Holz, Gilbert musste schreien, um sie zu übertönen: »Aber die Studenten waren ganz bei der Sache und der Tisch kippte auf zwei Beine. Die beiden anderen Beine schwebten in der Luft, und als der Tisch gleich darauf zurückkippte, krachten sie zurück auf den Boden. Unmittelbar darauf folgte der zweite Schlag ›So‹, sagte die führende Studentin, ›wir möchten, dass du lauter schlägst. Lege mehr Kraft in deine Botschaft!‹ Zwei laute Schläge folgten. ›Als du in deinem materiellen Körper bei uns warst, hast du da Donald Miller geheißen? Neun Schläge für ja, zwei für nein.‹ Der Tisch klopfte neunmal. ›War es die Kugel aus einem Polizeirevolver, die dich getötet hat? Ein Schlag für ja, drei für nein …‹« Gilbert legte eine kunstvolle Pause ein. »Na, wie klingt das für dich?«
    Das sägende Geräusch stoppte. »Nach einem kaputten Tisch und einer Überdosis bewusstseinsverändernder Drogen«, kam es von David. »Oder glauben Sie im Ernst an einen solchen Schwachsinn?«
    Ein Brotkrümel, der sich in Noas Luftröhre verirrte, ließ ihr Prusten zu einem verzweifelten Husten werden. Der Atem blieb ihr weg, sie rang nach Luft, röchelte und hob keuchend die Arme, während Gilbert, der in die Küche geschossen kam, ihr den Rücken klopfte.
    »Das kommt vom Lauschen«, brummte er, als Noa sich beruhigt hatte.
    »Nö«, sagte sie grinsend. »Das kommt von diesem Blödsinn, den du ständig unter die Leute bringst, daran kann man sich ja nur verschlucken. Ist dir das eigentlich nicht peinlich?«
    In der Kammer hatte David wieder zu sägen begonnen. Gilbert zuckte beleidigt mit den Achseln. Noa trank einen Schluck Wasser aus der Leitung und ging nach oben, um Kat beim Abziehen der Tapeten zu helfen.
    Als sich am frühen Nachmittag die Tür zum Wohnraum öffnete, war die eine Seite der Wand schon vom Gröbsten befreit. »Ihr Mann kommt unten jetzt alleine klar«, sagte David. »Er sagt, ich soll Sie fragen, was ich hier helfen kann.«
    »Die größte Hilfe«, sagte Kat und wischte sich mit dem Ärmel über die Stirn, »wäre, wenn du mich duzen würdest. Ich heiße Kat, schon vergessen? Aber wenn du Lust hast, kannst du anfangen die Wand hier zu verputzen. Hat mein Mann …«, Kat kicherte, »… an den Gips gedacht? Ah, da steht er ja. Hier, du kannst meinen Spachtel haben. Ich brauch jetzt erst mal ’ne Pause.«
    Kat rauschte aus dem Wohnraum. Noa und David waren allein. Noa hätte sich am liebsten in Luft aufgelöst. Sie stand oben auf der Leiter, David unter ihr, und plötzlich kam sich Noa vor wie der kleine Vogel heute Morgen auf dem

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