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Whisper

Whisper

Titel: Whisper Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arena
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seit mein Vater ihn ins Haus eingeladen hat, ist daran kein Denken mehr. Der kleine Spanner spioniert mir ständig hinterher, ich glaube, dass er in mich verliebt ist. Gestern habe ich ihn an der Truhe mit meinem Juwel erwischt. Seitdem trage ich den Schlüssel wieder um den Hals. Er soll nichts wissen von Robert und mir, niemand soll etwas wissen – so lange, bis ich es entscheide.
    Eliza, 9. August 1975
    D er Mond war so hell, dass man in seinem Licht hätte Zeitung lesen können. Er stand genau über der Kneipe, sein gelber Schein fiel auf David, der auf dem Dach saß, wie am ersten Abend.
    Leise Musik drang nach unten.
    »Wo warst du?«, raunte David zu Noa herab. »Ich dachte, wir wären verabredet.«
    »Komm«, rief sie zurück und dämpfte ihre Stimme, als im oberen Stockwerk ein Licht anging. »Komm zum Haus, ich muss dir was sagen.«
    »Du hast ihm von dem Spiel erzählt?« David setzte sich zu Noa an den Tisch. Sie hatten kein Licht im Zimmer gemacht, nur eine Kerze angezündet. Vor ihnen lag das Geisterspiel und durch das offene Fenster drang das Zirpen einer Grille. Hitchcock thronte auf einem der gepolsterten Sessel, die Kat vom Dachboden ins Wohnzimmer getragen hatte. Das Hirschgeweih hatte sie in ihrem Schlafzimmer neben der Tür angebracht und ihre Tücher darüber gehängt. Gilbert hatte sich den alten Sekretär nach unten geholt, um seine Buddhafiguren darauf zu platzieren, und auf dem Bücherschrank diente eine der Porzellankannen als Blumenvase.
    »Nein, von dem Geisterspiel habe ich nichts erwähnt«, gab Noa David zur Antwort. »Ich habe nur gesagt, Eliza hätte uns von dem Mord erzählt. Wie, davon habe ich nichts gesagt.«
    »Ich weiß nicht«, murmelte David und fuhr mit seinem Finger über die Buchstaben auf der äußeren Kreismitte. »Ich weiß nicht, ob das eine gute Idee war. Egal jetzt, wollen wir?«
    Noa nickte. Sie legten ihre Fingerspitzen auf das Glas und Noa hob zu einer Frage an, als sie plötzlich innehielt. »David, hast du das gehört?«
    »Was?«
    Noa legte den Finger an die Lippen, neigte den Kopf, lauschte mit angehaltenem Atem. Da war es wieder, das Geräusch über ihnen. Das Geräusch von Schritten, suchenden Schritten. David hörte es scheinbar auch. Ein verstörtes Grinsen huschte über sein Gesicht und seine Stimme klang brüchig, als er die Hände hob. »Ich bin’s nicht.«
    »Ist uns jemand gefolgt?«, fragte Noa. »Als wir herkamen, hast du jemanden gesehen?«
    David schüttelte den Kopf. Pancake schob sich durch die Tür. Schnurrend rieb sie ihren dicken, pelzigen Körper an Noas nacktem Bein.
    »Bist du sicher, dass Kat und Gilbert noch bei Robert sind?«, fragte David.
    »Ja, ganz sicher. Sie wollten noch Dessert essen und ich war doch kaum zwei Minuten bei dir, vor uns können sie gar nicht hergekommen sein. Und vorhin auf dem Dach? Hast du da jemanden gesehen? Jemand, der auf der Straße vorbeiging?«
    »Nein. Aber ich saß auch noch nicht lange dort. Komm.« Er wollte schon aufstehen. »Komm, wir sehen nach.«
    »Nein. Warte.« Noa hielt ihn zurück, griff nach seiner Hand, legte sie wieder auf das Glas und ihre Finger daneben.
    »Eliza«, flüsterte sie atemlos. »Bitte, sag uns, wer es ist. Wer ist da oben? Dein Mörder?«
    Erst später fiel Noa ein, dass sie zwei Fragen auf einmal gestellt hatte. Auch David schien es nicht bemerkt zu haben. Sein Blick war wie fest gesogen an dem Glas, das sich in Bewegung setzte, zu wandern begann, während über ihnen auf dem Dachboden die Schritte wanderten, langsam, suchend, auf und ab. Das Glas glitt zum D . Dann zum U . Zum M , zum B , zum O .
    »Dumbo?« David starrte Noa an. »Hat sie das gesagt, Dumbo?«
    Aber das Glas glitt schon weiter.
    ER SUCHT MEIN JUWEL
    ABER ER WIRD ES NICHT FINDEN
    ER HAT ES SCHON UND WEISS ES NICHT
    Dann verharrte das Glas, bewegte sich nicht mehr. Pancake sprang auf Noas Schoß, maunzte leise, dann hob sie den Kopf, als lausche sie. Da waren sie wieder, die Schritte über ihnen. »Wer ist Dumbo, David?« Noas Stimme war kaum mehr als ein Flüstern.
    »Zum Teufel, ich habe keine Ahnung, aber ich werde es herausfinden. Verdammt, ich habe langsam genug von diesem Katz-und-Maus-Spiel.«
    David sah sich im Zimmer um, griff nach einer vollen Rotweinflasche und stürzte in den Flur. Die Dachbodentür war verschlossen, aber David drehte den Schlüssel nicht um. Er lächelte, es war ein Lächeln, in das sich auch Angst mischte.
    »Wir kriegen ihn«, sagte er. »Wir gehen hinten rum, los, komm

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