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Whisper

Whisper

Titel: Whisper Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arena
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erzählen?« Wieder einmal war es Gilbert, der die Situation rettete, sicher auch aus einem eigenen Wunsch heraus, etwas über den Maler zu erfahren. »Ihr Bildband war ja geradezu überraschend wortlos. Warum gibt es keine Erläuterungen zu den Bildern, warum findet man nichts über Sie oder Ihre Arbeitsweise darin?«
    Robert rückte seinen Stuhl zur Seite und gab den Blick auf ein Bild frei, das hinter ihm an der Wand lehnte. Eine zwei mal zwei Meter große, ungerahmte Leinwand, auf der eine wüste Farbschlacht zu sehen war. Es sah aus, als hätte jemand mit einem roten Tapezierpinsel die Leinwand bespritzt, in mehreren übereinander liegenden Schichten. Dazwischen zogen sich wie schmale Spuren schwarze unwillkürliche Linien und einige Stellen waren mit einem scharfen Gegenstand wieder freigekratzt worden.
    »Was siehst du?«, fragte er Gilbert.
    »Eine Hölle«, sagte Gilbert.
    »Und du?« Robert wandte sich an Kat.
    »Leidenschaft«, sagte Kat.
    »Noa. Was siehst du?«
    Noa sah dem Maler in die Augen. »Vielleicht einen Mord?« Robert erwiderte ihren Blick, aber in seinem Gesicht regte sich nichts.
    »Das ist das Spannende an Kunst«, entgegnete er und in seine Mundwinkel stahl sich der Hauch eines Lächelns. »Was der Betrachter darin sieht, nicht, was der Künstler damit bezweckt. Vielleicht gibst du mir darin Recht, Noa? Ich habe gesehen, dass du fotografierst. Auch das ist Kunst. Kein Foto zeigt die Welt, wie sie ist. Die Kamera ist die Verlängerung des Auges –nichts als ein Augenblick und damit immer subjektiv. Nimm einen Baum; der eine fotografiert ihn in der Gruppe, zusammen mit anderen. Der Nächste fotografiert ihn im Ausschnitt, vielleicht einen abgebrochenen Ast oder die Zweige, zwischen denen eine Spinne ihr Netz gespannt hat, der Dritte konzentriert sich auf das in die Rinde eingeschnitzte Herz, der Vierte sieht die Wurzeln, der Fünfte legt sich auf den Boden, um die Krone zu zeigen. Und was die Betrachter anschließend darin sehen, das sind wieder neue Geschichten, oder nicht?«
    Noa biss sich auf die Lippen und fixierte den Maler. Das war eine lange Rede für einen schweigsamen Menschen gewesen, aber eine wirkliche Antwort hatte Robert ihr nicht gegeben. Was ist deine Geschichte?, fragte sie Robert lautlos. Was war dein Augenblick, in dem du Eliza fotografiert hast, auf dem Dachboden unseres Hauses, in ihrem seltsamen Gewand, vor dem Abgrund stehend?
    »Hast du nur abstrakte Bilder?«, kam es jetzt laut von Gilbert, der jetzt ebenfalls ins Du verfallen war. »Oder machst du auch …«
    »Nein«, erwiderte Robert. »Ich mache nur abstrakte Kunst.«
    »Und das hier?« Kat war aufgestanden und nach hinten gegangen, wo die bemalten Leinwandflächen wüst durcheinander standen. Sie hatte mehrere Bilder nach vorne geklappt und betrachtete jetzt eins, auf dem Noa nur den Umriss einer nackten Schulter sah. Eine nackte Schulter und pechschwarzes Haar.
    »Das ist Privatsache. Lass die Finger davon, Kat.«
    Roberts Worte klangen gefährlich scharf und Kat fuhr zusammen. Wie ein scheues Mädchen sah sie ihn an. Dann lächelte sie. »Seht ihr? Das mag ich an ihm. Du bist unberechenbar, Robert, habe ich Recht?«
    Auch Noa war aufgestanden, aber Robert kam ihr zuvor. Er winkte Kat aus dem Erker heraus und zog eine Schiebetür aus der Wand, die das Atelier vom Wohnraum trennte.
    »Mag jemand Dessert?«, fragte er, als er wieder vor dem Esstisch stand.
    Kat nickte, lächelte und rückte ihr afrikanisches Tuch hin und her, bis es völlig schief über ihrer Stirn hing.
    Gilbert schob seinen Teller zur Seite. »Gern. Für Dessert bin ich immer zu haben.«
    »Ich möchte gehen«, sagte Noa.
    Robert brachte sie zur Tür.
    »Das Bild«, sagte Noa. »War das Eliza?«
    Der Ausdruck in Roberts Gesicht nahm eine geradezu schneidende Schärfe an. »Ich habe gesagt, das Bild ist meine Privatsache. Und ich möchte dich warnen. Lass deine Finger von Geschichten, die dich nichts angehen.«
    »Eliza ist in unserem Ferienhaus gestorben«, sagte Noa ruhig.
    »Sie wurde ermordet, auf unserem Dachboden. Ich würde sehr wohl sagen, dass mich das etwas angeht.«
    Roberts Gesicht kam ganz nah, seine Augen wurden schwarz wie Tinte. »Woher weißt du das?«
    Noa holte tief Luft. »Von Eliza. Sie hat es uns erzählt.«
    Mit diesen Worten schob sie sich an Robert vorbei aus der Tür.

ZWANZIG
    Dumbo. So nenne ich ihn – im Stillen, obwohl von den Dorftrotteln eh niemand weiß, was das bedeutet. Bis jetzt habe ich ihn ignoriert, aber

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