Whisper
Heiko mit meiner Freundin Nadine zusammen. Ich habe ihr nie erzählt, was passiert war, sie dachte, ich hätte mit Heiko Schluss gemacht, weil ich nicht mehr in ihn verliebt war. Was im Grunde ja auch stimmte. Ich habe nicht mal Gilbert davon erzählt. Ich dachte, es verschwindet, wenn man nicht darüber spricht. Ich weiß jetzt, dass das nicht so ist. Dass man nichts totschweigen kann.«
Als Noa zu sprechen aufhörte, war alles in ihr still. Es fühlte sich an, als sei der Strom in ihr in einen See gemündet, der so ruhig und spiegelglatt war wie der See, an dem sie saßen.
David hielt sie im Arm. Mehr tat er nicht, er hielt sie einfach nur im Arm und war da.
Als die Sonne hinter den Fichten verschwand, machten sie sich auf den Heimweg, und erst als sich Noa vor ihrem Haus von David verabschiedete, fielen ihr Roberts Worte wieder ein.
NEUNZEHN
Robert zeigt mir seine Bilder, sie sind anders. Sie sind aggressiv. Er fragt mich, was ich darin sehe, und ich sage: »Dich.« Da küsst er mich, heftig, fast verzweifelt, er hält sich an mir fest, als wäre sein Leben ein Sumpf und ich der Strohhalm.
Eliza, 7. August 1975
K at stieg gerade aus dem Komposthaufen, als Noa in den Garten kam. Ihr Vorhaben, sich bis zum Grund durchzuarbeiten, schien Kat tatsächlich wörtlich gemeint zu haben. Der Erdhügel neben dem Kompost war beachtlich gewachsen, auch wenn die Erde von Wurzeln und uraltem Abfall durchsetzt war. Es musste eine Heidenarbeit sein, aber was Kat sich vornahm, das führte sie zu Ende, ganz egal, wie sinnlos es anderen oft erschien. Kats Fingernägel starrten vor Schmutz, ihre Hände waren schwielig von der Arbeit, aber ihr Gesicht glühte. »Na endlich, ich dachte schon, du kommst nicht mehr. Wir sind zum Essen verabredet, ich habe ganz vergessen dir Bescheid zu sagen.«
» Wir sind zum Essen verabredet? Mit wem denn das?« Noa runzelte die Stirn.
»Mit Robert.« Kat rieb sich die Hände an ihrer Latzhose ab. »Ich habe ihn doch gestern getroffen, da hat er uns eingeladen – oder vielmehr …« Kat lachte. »Ich habe uns bei ihm eingeladen, nachdem er mir erzählt hat, dass er gerne kocht. Um acht sollen wir da sein, Gilbert kommt auch mit, also sei ein Schatz und mach dich fertig.«
Noa starrte Kat an und wusste nicht, was sie sagen sollte. Sie hasste es, so überfallartig von ihrer Mutter verplant zu werden, und sie hatte nicht die geringste Lust, ihren Abend mit diesem Mann zu verbringen – auch wenn er sie heute am See gerettet hatte.
Vielleicht bis heute Abend. So hatte Robert seine Worte vorhin also gemeint.
Kat sah sie abwartend an und Noa gab seufzend nach. Wenigstens war diese Einladung eine Möglichkeit, etwas mehr über Eliza herauszufinden – und über Roberts Verhältnis zu ihr.
Das Schlimme war, dass Robert ihr sympathisch war.
Schon als Noa ihn das erste Mal gesehen hatte, im Baumarkt mit David, hatte etwas an ihm sie angezogen. Es war seine schweigsame Art, die tiefe Ruhe, die er ausstrahlte. Aber was verbarg sich dahinter? Etwas Dunkles, Gefährliches? Etwas Liebevolles? Auf jeden Fall etwas Tiefgründiges.
Noa suchte seinen Blick, als Robert ihr, Kat und Gilbert die Tür zu seinem Mühlenhaus öffnete. Danke, sagte sie im Stillen und Robert verstand es, das spürte sie. Sein Gesicht erschien ihr pötzlich fremd und vertraut zugleich. Zu seinen verwaschenen Jeans trug er ein olivfarbenes Cordhemd, dessen obere Knöpfe offen standen und schwarze Brusthaare zum Vorschein kommen ließen. Er wirkte groß, obwohl er klein war, kaum größer als Kat, die Noa plötzlich ungewohnt nervös vorkam.
Ihre roten Haare hatte sie mit einem afrikanischen Tuch hochgebunden, sie trug weite weiße Leinenhosen, ein zu enges Trägerhemd, darüber eine grüne Samtweste und in ihren Händen hielt sie einen Sommerstrauß, den sie am Nachmittag auf der Wiese gepflückt hatte.
»Hier«, sagte sie. »Hier, für dich, ich hoffe, du magst frisches Wiesenunkraut. Können wir reinkommen? Noa, meine Tochter, kennst du ja, und das ist Gilbert, mein schwuler Freund.«
»Danke für die Klärung der Verhältnisse«, knurrte Gilbert beleidigt und schüttelte Robert die Hand. »Es freut mich sehr, Sie kennen zu lernen. Kat hat Ihnen sicher schon erzählt, dass ich Ihren Bildband einen ganzen Monat lang im Fenster meiner Buchhandlung stehen hatte?«
Wenn Kats unverblümte Bemerkung über Gilbert Robert irritiert hatte, zeigte er es nicht. Er beantwortete Gilberts Frage mit einem Kopfnicken und ließ sie
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