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Whisper

Whisper

Titel: Whisper Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arena
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sie, nichts weiter. Figuren in einer Geschichte, die sie sich selbst zurechtgelegt hat. Und wir haben unsere Rolle gut gespielt. So wie du nichts von uns wusstest, hatte ich keine Ahnung von euch beiden. Ich wusste ja nicht mal, dass du in sie verliebt warst.«
    »Verliebt?« Gustafs Stimme klang, als spucke er das Wort auf den Boden. »Ich habe sie angebetet, vom ersten Augenblick an, als ich sie sah – als sie mich noch gar nicht beachtet hat, als ich wahrscheinlich nur dein kleiner Bruder für sie war. Aber sie war alles für mich. Selbst mit ihrem Vater habe ich mich nur wegen ihr abgegeben, habe lieb Kind bei ihm gemacht, den guten Jungen für ihn gespielt, den braven, lustigen Kerl, den Steinberg in mir gesehen hat. Habe mir sein Gerede, seine endlosen Geschichten angehört, habe über seine Witze gelacht. Aber gedacht habe ich immer nur an sie. Selbst das mit der Operation habe ich für sie gemacht, und als ich aus dem Krankenhaus kam, war sie plötzlich engelssüß zu mir, verteufelt süß, mein Gott, was war ich nur für ein Idiot. Wenn ich sie sah, setzte alles in mir aus, ich … ach, verdammt noch mal, was hat das alles noch für einen Zweck?
    Sie hat mich ausgenutzt, hat mit mir gespielt wie mit einem Springball und ich bin gehüpft. Ich war hier, Punkt Mitternacht, wie sie es mir aufgetragen hatte. Ich war wie von Sinnen, nachdem sie mir damals ihren Plan erzählt hatte. Sie war bei uns, kurz vor ihrer Abfahrt, kam hoch auf mein Zimmer, hat die Tür abgeschlossen, hat mich geküsst, hat mir gesagt, wann ich zum Dachboden kommen soll und was sie mir dort zeigen würde, wo ich stehen, was ich tun und was ich lassen sollte. Und ich bin darauf reingefallen, ich habe alles genau so gemacht, wie sie es haben wollte! Ich habe hinter diesem verdammten Fenster gestanden und sie angestarrt. Angelächelt hat sie mich von ihrem Sofa aus, als sie anfing sich auszuziehen. Aus ihren nassen Haaren tropfte noch der Regen, ihre weiße Haut strahlte wie die eines Engels und mit ihrem Blick hat sie mich gleichzeitig auf Distanz gehalten, bis … bis du über die Leiter gekommen bist. Dich hätte ich umbringen können, dich! Aber ich habe nichts getan. Ich habe nur dagestanden, als hätte mir jemand die Füße in den Boden genagelt. Und ich muss sagen, ihr habt eure Sache gut gemacht. Eliza hat mich nicht belogen, sie hat mir die Liebe gezeigt, und wie sie das getan hat! Mit dir, mit meinem großen Bruder, der immer für mich da war, der mich beschützt hat, vor allem, vor jedem, der immer zu mir gehalten hat. Ich habe auch dich geliebt, du Schwein.«
    Robert vergrub sein Gesicht in den Händen. Elizas Juwel rutschte ihm von den Knien, fiel auf den staubigen Boden und Gustaf trat darauf, immer wieder, als wollte er es in den Boden stampfen. Dabei fing er an zu schluchzen. Er schluchzte und schluchzte, als bräche ein Damm in ihm. Wie ein verzweifeltes Kind hörte er sich an und Noa hielt David am Arm, der jetzt auch zu zittern anfing.
    »Ich war es nicht, Robert«, sagte Gustaf schließlich erschöpft. »Ich dachte, du seist es gewesen, ich dachte, mein Gott, ich weiß nicht, was ich dachte. Irgendwann bin ich weggelaufen, weg, nur weg. Ich habe mich in meinem Zimmer eingeschlossen und wollte nie wieder rauskommen, nie wieder.«
    Robert erhob sich vom Sofa. Langsam, wie in Zeitlupe, ging er auf seinen Bruder zu, fasste ihn bei den Schultern. Gustaf wehrte sich nicht, er stand da, als hätte ihn alle Kraft verlassen, den Kopf gesenkt, schwankend wie ein Baum im Sturm. Robert schüttelte ihn, sanft, ganz sanft, und Noa presste sich die Hand vor den Mund, um nicht aufzuschluchzen. David hielt ihre andere Hand, ganz fest drückte er sie zwischen seinen Fingern zusammen.
    »Gustaf«, sagte Robert. »Ich habe Eliza nicht getötet, verstehst du? Ich war es nicht. Und wenn du es auch nicht warst – wer dann? Wer war es dann? Und wer war an Kats Wagen, wer hat sich an den Bremsen zu schaffen gemacht, wer wollte sie und Noa und Gilbert umbringen, wenn nicht du? Der Einzige, der sich mit so was auskennt, bist du, Gustaf, verstehst du – und David vielleicht, aber sonst …«
    Aber sonst …
    Noa ließ Davids Hand los, der erschrocken einen Schritt zur Seite trat. Der Laut, der helle, überraschte Laut, der jetzt über den Dachboden hallte, war aus Noas Mund gekommen. Sie hatte es gar nicht gemerkt, er war zusammen mit dem Gedanken gekommen, der wie ein Blitz in sie hineingefahren war. Wieder sah sie das Bild vor sich. Gustaf vor

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