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Whitley Strieber

Whitley Strieber

Titel: Whitley Strieber Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Der Kuss des Vampirs
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Kohlebrocken.
    Es schien nicht so, als wären schon zweieinhalb Stunden vergangen, aber sie rollten tatsächlich in der Penn Station ein.
    New York. Die Geschichte würde hier bestimmt nicht enden, denn er beabsichtige, konsequent seinen Weg zu gehen, bis jeder verdammte

Vampir im Land erledigt war. Wahrscheinlich hätte er hier anfangen sollen. Aber damals gab es niemanden, der schon einmal einen Vam- pir zu Gesicht bekommen hatte, deswegen war ihm Tokio wie ein Sechser im Lotto vorgekommen. Schade, dass die Europäer ihre Pro- gramme geheim gehalten hatten.
    Er stieg als Letzter aus dem Zug und ging alleine über den Bahn- steig. Niemand beachtete ihn. Er durchquerte die Bahnhofshalle. Auch hier beachtete ihn niemand. Er ging die Stufen zum Ausgang an der Achten Avenue hoch.
    Taxis schossen vorüber, Menschenmassen schoben sich über die Gehsteige. Er war hundemüde und brauchte einen großen Drink. Meh- rere große Drinks. Am liebsten hätte er eine Kneipenschlägerei ange- zettelt, aber diesen Spaß konnte er sich in seiner gegenwärtigen Lage nicht erlauben. Stattdessen würde er bei der nächsten Gelegenheit mit den Fäusten auf die Wand seines Hotelzimmers einprügeln, nahm er sich vor.
    Du hast dein Haus niedergebrannt, Kumpel. Bist einfach aufgesprun- gen und rausgerannt. Hast du wirklich gewusst, was los war? Vielleicht wollten die beiden Kerle dir einen Orden verleihen.
    Er schob die Hände in die Taschen und ging los. Er hatte kein be- stimmtes Ziel – Hauptsache fort vom Bahnhof. Er musste sich unbe- dingt irgendwo ausruhen. Der Flug von Paris nach Washington war be- schissen gewesen – ein Mittelplatz, links neben ihm ein pausenlos plärrendes Kind, rechts der Schweiß-König. Nach der Landung gleich nach Langley, wo ihm augenblicklich die Scheiße um die Ohren geflo- gen war.
    Er war so verdammt müde; hatte er sich jemals so erschöpft gefühlt wie heute? Nun, ob müde oder nicht, er war ein von seiner Aufgabe besessener Mann, und diese Besessenheit hielt ihn auf den Beinen. Er war hier, um die Parasiten, die ihm den Vater genommen hatten, vom Antlitz der Erde zu tilgen, und nichts würde ihn davon abhalten. Er trot- tete die Straße entlang und sah plötzlich, dass er vor dem Madison Square Garden stand. Am Abend spielte Lou Reed. Vielleicht würde ein Konzert seine Laune bessern. Außerdem war es nie verkehrt, in ei- ner Menschenmenge unterzutauchen. Er könnte eventuelle Verfolger abschütteln und sich danach ein Zimmer nehmen. Er ging zum Karten- schalter und fragte nach einem beliebigen Platz irgendwo direkt am Gang.
    »Ausverkauft.«

»Wie liegen die Schwarzmarktpreise?«
    »Von achthundert aufwärts. Der Typ dort in der schwarzen Jacke hat noch ein paar.«
    Scheiß drauf. Die netten Dinge konnte er sich nicht leisten, hatte sie sich nie leisten können. Ein komfortables Leben war durch Geheim- dienstarbeit nicht zu finanzieren, schon gar nicht als Feldoffizier. Ja- mes Bond war nichts als eine grausame Fantasie.
    Er beschloss, irgendein verlaustes Hotel zu suchen, das ihm gegen Bares ein paar Stunden Schlaf verkaufte. Danach würde er mit der Jagd beginnen und die Parasiten in ihren Löchern aufstöbern und sie alle umbringen.

13
    Ewige Nacht
    Sarah hatte den ganzen verdrießlichen Tag lang auf eine Erklärung gewartet, doch Miriam hatte beharrlich geschwiegen. Sie hatte im letz- ten Moment beschlossen, doch nicht zum Lou-Reed-Konzert zu ge- hen; sie sagte, sie wäre zu müde. Aber das war es nicht. Miriam war nie müde. Sarah glaubte zu wissen, was wirklich mit ihrer Herrin los war: Miriam hatte Angst.
    Derjenige, vor dem sie Angst hatte, war offenbar extrem gefährlich. Aber wer konnte ihr schon gefährlich werden? Die anderen Hüter mochten nicht viel von ihr halten, aber sie würden ihr niemals etwas antun. Konnte es ein Mensch sein? Das schien unmöglich.
    Miriam hatte sich in ihrer Welt verbarrikadiert, saß abgeschottet hin- ter Mauern aus Geld und Macht. Nur wenige ihrer Bewunderer wuss- ten wirklich, wovon sie lebte, und diese Leute konnten sich trotzdem kaum vorstellen, dass es tatsächlich stimmte. Sie zogen es vor, die Aura der Gefahr, die Miriam umgab, als Teil ihres extravaganten Le- bensstils zu betrachten – einer berauschenden Mischung aus Sünd- haftigkeit, Wildheit und höchster Kultiviertheit. Hätten sie gewusst, dass die geflüsterten Andeutungen tatsächlich der Wahrheit entspra- chen, hätten die meisten von ihnen sie an die Polizei verraten. Oder wenigstens

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