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Whitley Strieber

Whitley Strieber

Titel: Whitley Strieber Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Der Kuss des Vampirs
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Charlie und Becky, in einem Zagat-Stadtführer ein Restaurant für das Abendessen auszu- suchen. Paul sah ihnen zu. Er empfand erneut dieses furchtbar be- klemmende Gefühl, das ihn jetzt von Zeit zu Zeit überkam, seit er die grotesken Überreste des armen Kiew Narawat gesehen hatte. Eine Zeit lang hatte ihn das Wissen, dass es Vampire wirklich gab, schrecklich deprimiert. Er hatte versucht, hinter der Tatsache, dass sein Vater einem Blutsauger zum Opfer gefallen war, eine besondere Bedeutung zu finden, aber das Einzige, was er gefunden hatte, war Hass.
    Es hatte etwas Gespenstisches an sich zu entdecken, dass man nicht an der Spitze der Nahrungskette stand. Es war dasselbe, wie wenn man erfährt, dass man eine tödliche Krankheit in sich trägt. Man

fühlte sich schrecklich hilflos. Man begann davon zu träumen ... es war wie eine Krebserkrankung des Geistes.
    »Onkel Paul«, sagte Becky, »da wir heute Abend nichts mehr tun können, würden Charlie und ich dich gerne auf eine Zwiebelsuppe und ein paar Gläser Wein einladen.«
    Dies brachte das Fass, das ohnehin schon bis an den Rand gefüllt war, seit ihm der verdammte Vampir entkommen war, endgültig zum Überlaufen. Er betrachtete die beiden – zwei Kinder, die durch zu viele leichte Siege arrogant geworden waren.
    »Glaubt ihr, wir hätten gewonnen? Seid ihr deshalb so selbstgefällig, mit eurem verdammten Spielzeug und so weiter –« Er riss Charlie die Drehmaschine aus den Händen und schmiss sie auf den Boden. Char- lie, der wegen der ständigen Gefahr in seinem Beruf immer unter Strom stand und ohnehin äußerst aufbrausend war, konnte sich ge- rade noch zurückhalten und nahm seine gehobene Faust wieder her- unter. Paul sah ihn an. »Mach doch, wenn du willst«, sagte er mit ei- nem kalten Lächeln, »dann schicke ich dich eben auf die Bretter.« »Paul?«
    »Und was dich betrifft –« Er nahm ihre Handtasche, die neben dem Stuhl auf dem Boden gestanden hatte. Er hielt sie unter die Tisch- lampe. »Woraus besteht diese Tasche?« Er wusste es verdammt gut. Sie alle hatten sich aus der Haut getöteter Vampire dieses Zeug anfer- tigen lassen – Hand- und Brieftaschen, Gürtel und wer weiß, was sonst noch. Die Haut eines Vampirs war nun mal deutlich weicher als Kalbsleder ... und vermutlich sogar weicher als Menschenhaut. Er kippte den Inhalt der Tasche auf den Schreibtisch und warf das verdammte Ding in den Papierkorb. »Sie würden ausrasten, wenn sie dieses Leder sähen.«
    »Ich habe nicht vor, die Tasche in eine ihrer verfluchten Höhlen mit- zunehmen. So blöd bin ich nun auch nicht.«
    »Habt ihr noch immer nicht verstanden?« Er schaute von einem er- staunten Gesicht in das andere. »Nein, ihr habt nicht verstanden. Also hört mir genau zu, Kinder. Etwas hat sich grundlegend geändert. Bis- her hatten wir es mit etwas äußerst Altem zu tun, das sich sehr schwerfällig auf neue Situationen einstellt, und bisher ist es relativ ein- fach gewesen. Als ob man Riesenwanzen zertritt. Ihr habt sie über- rascht und seid nur auf geringen Widerstand gestoßen. Ein bisschen Zähne fletschen, ein bisschen Herumgefauche. Es war lustig! Musste es ja auch sein, schließlich sind wir Vollprofis. Ha, wisst ihr, was wir

wirklich sind? Wir sind verdammte Riesenarschlöcher!«
    »Das bin ich nicht«, sagte Charlie. Sein Gesicht war puterrot. Seine Augen funkelten kampflustig. Er war es nicht gewohnt, beschimpft zu werden, und nahm es nicht widerspruchslos hin.
    »Nein, du nicht, Jungchen. Du kleiner, unschuldiger Bengel. Zeig mal deine Brieftasche.«
    »Warum?«
    »Zeig schon her, verdammt noch mal!«
    Charlie holte sie heraus. »Sie verwenden doch auch Menschen- haut«, murmelte er.
    Paul schüttete den Inhalt aus und warf die Brieftasche ebenfalls in den Papierkorb. »Sonst noch was?«
    »Hey, die Sachen sind wertvoll!«
    »Wenn sie dich mit ihren verdammten Häuten in der Hand sehen, werden sie sofort wissen, wer du bist.«
    »Sie werden es aber nicht sehen.«
    »Hört zu: Eines dieser Dinger hat sich im fünften Stock ein Hotelzim- mer genommen, hat einen unserer Kollegen umgebracht und ist an- schließend mit einem gottverdammten Flugzeug von Bangkok nach Paris geflogen! Ich habe es gesehen, und essah verdammt nach einer Frau aus. Wie ein normaler Mensch! Also hängen sie nicht die ganze Zeit in ihren Höhlen herum, richtig? Wir haben es mit etwas völlig Neu- artigem zu tun! Etwas, von dem wir nicht die geringste Ahnung haben! Sie mögen alt wie Methusalem

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