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Whitley Strieber

Whitley Strieber

Titel: Whitley Strieber Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Der Kuss des Vampirs
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Manchmal bissen Hüter in einen Punkt am Oberschenkel, oder sie nahmen sich, wenn sie besonders hungrig waren und über genügend Saugkraft verfügten, gleich die Koronararterie vor, die man durch einen barbarischen Biss ins Kreuz erreichen konnte.
    Es war dekadent und grausam, das Blut aus einer kleinen Neben- vene zu trinken, aber auch diese Praxis war durchaus üblich. In die- sem Fall wusste das Opfer, was ihm geschah, denn es blieb während der gesamten Mahlzeit bei vollem Bewusstsein. Ein schrecklicher Spaß! Vor allem Kinder machten es so, und Miriam konnte sich noch an einige Ägypter erinnern, die sie, als sie noch ein ganz junges Ding

gewesen war, auf diese Weise gequält hatte. Sie und Sothis, der Sohn von Amma, hatten mit allen Arten von grausigen Formen der Nah- rungsaufnahme herumexperimentiert. In den dreckstarrenden Seiten- gassen Thebens hatten sie sich oft als Kinder-Prostituierte ausgege- ben und ihre Kunden durch die erigierten Penisse ausgesaugt, bis von ihnen nichts übrig geblieben war, als Knochen und Haut, die sie so- gleich zum Gerber brachten. Kinder können so grausam sein. Martins Körper begann konvulsivisch zu zucken. Seine Saugkraft war noch immer immens. Plötzlich erwachte der Mann und rief etwas wie »O Scheiße«. Er warf sich hin und her, und Martin, der weit von sei- nem Normalgewicht entfernt und dementsprechend geschwächt war, rutschte ab.
    Er brauchte alle Nährstoffe, deren er habhaft werden konnte, daher durften sie das Opfer nicht umbringen, um seine Gegenwehr zu bre- chen. Das Blut eines Toten war eine kärgliche Mahlzeit.
    Der Mann bäumte sich auf. Plötzlich vernahm sie ein schmatzendes Gurgeln und ein schwächer werdendes Sauggeräusch. Martins Zähne glitten aus der Bisswunde. Der Mann bäumte sich erneut auf, und die- ses Mal rutschte Martin endgültig ab.
    »Was in Gottes Namen geht hier vor?« Der Mann starrte auf Martin herab, der wie ein entkräfteter Riesenkäfer neben ihm auf dem Boden lag. »Was geht hier vor, verdammt noch mal?« Der Mann begann auf- zustehen.
    Martin packte seinen Fußknöchel. Der Mann schrie auf und trat Mar- tin fort.
    »Himmelherrgott, was ist los mit diesem Kerl?«
    Der Mann war überraschend gefasst. Miriam gefiel das nicht. Sie trat einen Schritt vor und packte eines seiner Handgelenke.
    Er riss ein Knie hoch und traf ihren Unterarm. Es war ein wuchtiger Stoß, der ohne weiteres einen Menschenknochen zertrümmert hätte. Sie hatte keine Ahnung, wen sie vor sich hatte. Bitte nicht wieder einen Polizisten.
    Seine freie Faust kam auf ihr Gesicht zugeflogen. Sie fing sie mit der geöffneten Handfläche ab und stoppte damit die Vorwärtsbewegung so jäh, dass dem Mann vor Schreck fast der Unterkiefer aus dem Ge- sicht fiel. Sie wollte seine Handgelenke zusammenquetschen. Er ver- suchte sich loszureißen, trat nach ihr und traf sie dieses Mal mitten ins Zwerchfell. Ihre Muskulatur war viel zu kräftig, als dass der Tritt weh- getan hätte, aber er brachte sie aus dem Gleichgewicht, sodass sie ihn

loslassen musste. Der Mann wich sofort von ihr zurück.
    »Was seid ihr?«, brüllte er. »Außerirdische, oder was?«
    Das wieder. Dies war seit einiger Zeit ein neuer Mythos unter den Menschen, aus dem die Hüter vielleicht Kapital schlagen sollten, ob- wohl sie auf der Erde seit fünfzigtausend Jahren nicht mehr als Außer- irdische galten.
    Martin hatte sich aufgesetzt und klopfte sich – überflüssigerweise – den Staub von seinem zerschlissenen Gehrock. Als sie wieder zu dem Menschen hinüberschaute, war dieser erneut auf dem Weg zur Tür. Mit einem raschen Sprung versperrte sie ihm den Weg.
    » Mon dieu! Ein Drei-Meter-Sprung aus dem Stand!« Der Mann lä- chelte ängstlich und hob abwehrend die Hände. »Hören Sie, wir kön- nen über alles reden. Ich bin Familienvater. Ich kann Sie nicht zum Pluto oder irgendeinem anderen Planeten begleiten.«
    Pluto war der Name der Menschen für Nisu, den fernsten Planeten im Sonnensystem. Dahinter gab es bloß noch Niburu, den Wanderer. »Kind, du musst dein Leben aufgeben. Du kannst uns nicht entkom- men.«
    Das würde ihn noch mehr ängstigen und sein Blut mit schmackhaften Hormonen versetzen.
    »Seien Sie nicht absurd. Das wäre Mord! Und schauen Sie sich doch an; Sie selbst sind ein Kind, das die alten Kleider Ihrer Mutter trägt! Sie dürfen so etwas Schreckliches nicht tun. Sie würden es für alle Zeiten bereuen, Kind.«
    Hinter ihm war Martin auf die Beine gekommen. Er begann, mit hän-

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