Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Wicked - Die Hexen von Oz

Wicked - Die Hexen von Oz

Titel: Wicked - Die Hexen von Oz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gregory Maguire
Vom Netzwerk:
und staunte selbst über die Heftigkeit seines Abscheus.
    Später in der Nacht, nachdem sie sich wieder versöhnt hatten, bekam sie auf einmal qualvolle Krämpfe und Schweißausbrüche. Er durfte sie nicht anfassen. »Du solltest gehen, ich bin deiner nicht wert«, stöhnte sie, und als sie nach einiger Zeit ruhiger geworden war, murmelte sie, bevor sie wieder einschlief: »Ich liebe dich so sehr, Fiyero, aber du begreifst einfach nicht, dass der angeborene Hang, ein guter Mensch zu sein, schon die Anomalie ist.«
    Sie hatte recht: Er begriff es nicht. Er wischte ihr mit einem trockenen Handtuch die Stirn ab und blieb dicht bei ihr. Das Oberlicht war bereift, und sie schliefen unter ihren Wintermänteln, um warm zu bleiben.
    Eines schönen Nachmittags schickte er zur Gewissensberuhigung ein Paket mit buntem Holzspielzeug für die Kinder und einem juwelenbesetzten Halsreif für Sarima. Die Karawane wollte die Großen Kallen auf der Nordroute umgehen. Die Geschenke zu den Lurlinalien würden Kiamo Ko also erst im Frühling erreichen, aber er konnte behaupten, er hätte sie früher abgeschickt. Wenn es weiter nicht schneite, würde er bis dahin zu Hause sein und unruhig durch die hohen schmalen Räume der Bergfeste tigern, aber vielleicht würde ihm die Aufmerksamkeit angerechnet werden. Und durchaus zu Recht, oder nicht? Gewiss, Sarima würde ihre Winterdepressionen haben (nicht zu verwechseln mit ihren Frühlingslaunen, ihrem Sommerennui und ihren erblichen Herbstbeschwerden). Ein Halsreif würde sie wenigstens ein bisschen aufheitern.
    Er ging in einem Viertel am Rand der Innenstadt, in dem sich Bohème und Reiche mischten, einen Kaffee trinken. Der Cafébesitzer entschuldigte sich: Der normalerweise mit Feuerkörben geheizte und von teuren Treibhausblumen strotzende Wintergarten war in der Nacht zuvor bei einer Explosion beschädigt worden. »Die Nachbarschaft ist beunruhigt. Wer hätte das gedacht?«, sagte der Besitzer und berührte Fiyero am Ellbogen. »Unser glorreicher Zauberer wollte doch die Unruhen ersticken. War das nicht das Ziel der Ausgangssperren und Kontrollgesetze?«
    Fiyero fühlte sich nicht bemüßigt zu antwortete, und der Besitzer fasste sein Schweigen als Zustimmung auf. »Ich habe ein paar Tische nach oben in meinen Privatbereich gebracht. Wenn es Ihnen nichts ausmacht, zwischen meinen Familienbildern zu sitzen«, sagte er und ging voraus. »Ordentliche munchkinsche Hilfskräfte zu finden, die einem den Schaden reparieren, ist auch schwerer geworden. Es geht nichts über den Tiktakfleiß der Munchkins. Aber viele von unseren Freunden im Dienstleistungssektor sind auf ihre Bauernhöfe im Osten zurückgekehrt. Aus Angst vor gewalttätigen Übergriffen – na ja, viele von ihnen sind so klein, dass sie es förmlich herausfordern, meinen Sie nicht? Es sind alles Feiglinge.« Er unterbrach sich und bemerkte: »Offensichtlich sind Sienicht mit Munchkins verwandt, sonst würde ich mich nicht so äußern.«
    Â»Meine Frau ist aus Nestenhartung«, sagte Fiyero zwar nicht sehr überzeugend, aber unmissverständlich.
    Â»Ich empfehle heute das Kirschschokoladenfrappé, frisch und köstlich«, zog sich der verlegene Besitzer aus der Affäre und rückte dabei einen Stuhl an einem Tisch vor hohen alten Fenstern zurecht. Fiyero setzte sich und sah hinaus. Ein Fensterladen war verzogen und ließ sich nicht ganz an die Wand zurückklappen, aber man hatte trotzdem eine recht gute Aussicht. Dachfirste, dekorative Schornsteinkappen, hier und da ein Blumenkasten mit dunklen Winterstiefmütterchen, Tauben, die sich wie die Herrscher der Lüfte am Himmel tummelten.
    Der Besitzer war offensichtlich von besagter Abstammung, aber nach vielen Generationen in der Smaragdstadt schien er einer eigenen Rasse anzugehören. Die Gemälde von Familienmitgliedern zeigten die stechenden haselnussbraunen Augen und den vornehmen hohen Haaransatz bei Männern wie bei Frauen (und künstlich gezupft auch bei den Kindern, im Stil der neuesten Mode für die aufstrebende Smaragdstädter Mittelschicht). Beim Anblick affektiert lächelnder Jungen in rosa Seide mit kraushaarigen Schoßhündchen und kleinen Mädchen mit fraulichem dunklen Rouge und tiefen Ausschnitten (die nur die unschuldige Busenlosigkeit offenbarten) verspürte Fiyero plötzlich wieder Sehnsucht nach seinen

Weitere Kostenlose Bücher