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Wicked - Die Hexen von Oz

Wicked - Die Hexen von Oz

Titel: Wicked - Die Hexen von Oz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gregory Maguire
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eigenen kalten, reservierten Kindern. Auch wenn sie ihrerseits von ihrem Familienleben gezeichnet waren – und wer war das nicht? –, besaßen Irji, Manek und Nor in seiner Erinnerung mehr Würde als diese krampfigen Sprösslinge einer ehrgeizigen Familie.
    Doch das war gehässig, eine Reaktion auf einen Darstellungsstil, nicht auf wirkliche Kinder. Seine Bestellung kam, und er wandte den Blick zum Fenster hinaus, um die grässlichen Kunstwerke und die anderen Leute im Raum nicht betrachten zu müssen.
    Wenn er sonst unten im Wintergarten Kaffee trank, guckte er meistens auf berankte Backsteinwände, Sträucher und die eine oder andere Marmorstatue eines unglaublich schönen nackten Jünglings.Hier oben jedoch ging der Blick über eine Mauer in einen Hinterhofbereich. Er sah einen Stall und, wie es schien, eine Gemeinschaftstoilette, und am Rand seines Gesichtsfeldes war die Mauer von der Explosion aufgerissen worden. Ein verzwirbeltes, stacheliges Drahtgeflecht war vor die Lücke gespannt worden, die auf einen Schulhof führte.
    Während er so schaute, wurde eine der Türen der angrenzenden Schule aufgestoßen, und eine kleine Schar kam heraus und reckte und streckte sich in der Sonne. Es waren – Fiyero sah genau hin – zwei ältere Quadlinger Frauen und ein paar Quadlinger Burschen mit dem ersten Schnurrbartflaum, dessen Schatten bläulich von ihrer schönen rostroten Haut abstach. Fünf, sechs, sieben Quadlinger – und dazu zwei stämmige Männer, vielleicht gillikinesischer Abstammung, es war schwer zu erkennen – und eine Familie von Bären. Nein, Bären . Verhältnismäßig kleine Rotbären , Mutter, Vater und Kind.
    Der kleine Bär ging schnurstracks auf ein paar Bälle und Reifen zu, die unter der Treppe lagen. Die Quadlinger bildeten einen Kreis und begannen zu singen und zu tanzen. Hand in Hand bewegten sich die arthritischen Alten und die Jugendlichen in dem größer und kleiner werdenden Kreis links herum, gegen den Uhrzeigersinn. Die beiden kräftigen Gillikinesen rauchten gemeinsam eine Zigarette und schauten durch die abgesperrte Schneise in der Mauer. Die Rotbären wirkten mutloser. Der Mann setzte sich auf die Umrandung eines Sandkastens, rieb sich die Augen und strich sich das Fell unterm Kinn. Die Frau ging auf und ab, trat hin und wieder gegen den Ball, um den Kleinen beschäftigt zu halten, und streichelte dann wieder den gesenkten Kopf ihres Mannes.
    Fiyero nippte an seiner Tasse und rutschte ein Stück vor. Wenn es, wie viel, zwölf Gefangene waren und nur ein Drahtzaun sie von der Freiheit trennte, warum suchten sie dann nicht das Weite? Warum blieben sie nach Volk und Gattung getrennt?
    Nach zehn Minuten ging die Tür wieder auf, und ein Sturmtruppenmann kam heraus, stramm und – ja, Fiyero musste es endlich zugeben – erschreckend in seiner ziegelroten Uniform mit den grünenStiefeln und dem smaragdgrünen Kreuz, ein senkrechter Streifen vom Schritt zum hochgeschlossenen Kragen, der waagerechte Streifen von Achselhöhle zu Achselhöhle quer über die muskulöse Brust. Er war noch jung, und seine lockigen Haare waren so blond, dass sie in der spätherbstlichen Sonne beinahe weiß wirkten. Er stellte sich breitbeinig auf die Treppe vor der Schule.
    Fiyero konnte zwar durch das geschlossene Fenster nichts verstehen, aber der Soldat gab anscheinend ein Kommando. Die Bären erstarrten, und das Junge fing an zu weinen und presste den Ball an sich. Die gillikinesischen Männer kamen herbei und nahmen widerspruchslos Haltung an. Die Quadlinger ignorierten den Befehl und tanzten weiter. Sie schwangen die Hüften, hielten die Arme in Schulterhöhe und gaben sich Handzeichen, doch was diese bedeuteten, konnte Fiyero nur raten. Er hatte nie zuvor einen Quadlinger gesehen.
    Der Sturmtruppenmann erhob die Stimme. In einer Schleife am Gürtel hatte er einen Schlagstock. Das Bärenjunge versteckte sich hinter dem Vater, und man sah, dass die Mutter knurrte.
    Tut euch doch zusammen, dachte Fiyero unwillkürlich, verwundert, dass er so etwas denken konnte. Macht gemeinsame Sache – ihr seid zu zwölft, und er ist allein. Sind die Unterschiede zwischen euch schuld, dass ihr so gefügig bleibt? Oder sitzen dort drin Verwandte, die gefoltert werden, wenn ihr einen Fluchtversuch wagt?
    Es war alles Spekulation. Fiyero konnte die Dynamik der

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