Wicked - Die Hexen von Oz
Treuepflichten, von denen wir keine Ahnung hatten. Es war seine Pflicht, Ansichten zu Dingen zu haben, von denen wir nichts zu wissen brauchten.«
»Hat er mit dem Zauberer sympathisiert?«, fragte Elphaba direkt.
»Willst du damit andeuten, er wäre an einer von diesen Kampagnen beteiligt gewesen? Erst gegen die Quadlinger, dann gegen die Tiere ?«, sagte Drei. »Du guckst überrascht, dass wir etwas davon wissen. Meinst du, wir leben hier derart hinter dem Mond?«
»Wir leben allerdings hinter dem Mond«, sagte Zwei. »Aber wir machen die Ohren auf, wenn wir können. Wir bewirten gern Reisende, die hier Station machen. Wir wissen, dass das Leben drauÃen im Land schlimm sein kann.«
»Der Zauberer ist ein Despot«, sagte Vier.
»Unsere heimische Burg schützt uns«, fiel Fünf ihr ins Wort. »Ein gewisser Abstand von alledem ist von Vorteil. So bleibt unsere moralische Reinheit unbefleckt.«
Alle setzten gleichzeitig ein künstliches Lächeln auf.
»Aber glaubt ihr, dass Fiyero eine Meinung über den Zauberer hatte?«, bohrte Elphaba hartnäckig nach.
»Er hat seine Meinungen immer für sich behalten.« Zwei winkte ab. »Bei der lieben Lurlina, Tante, er war ein Fürst und ein Mann! Und wir waren bloà seine jüngeren, von ihm abhängigen Schwägerinnen! Meinst du, er hätte sich uns anvertraut? Er hätte ein hochrangiger Verbündeter des Zauberers sein können, ohne dass wir das mitgekriegt hätten. Verbindungen zum Palast wird er auf jeden Fall gepflegt haben, er war schlieÃlich ein Fürst. Wenn auch nur von unserem kleinen Stamm. Was er mit diesen Verbindungen anfing â woher sollen wir das wissen? Aber wir glauben allerdings nicht, dasser das Opfer eines gehörnten Ehemanns wurde. Vielleicht sind wir naiv, aber das glauben wir nicht. Wir vermuten, dass er irgendwie in das Kreuzfeuer eines Richtungsstreits geriet. Oder er wurde von der einen oder anderen extremistischen Gruppe bei einer verräterischen Tat ertappt. Er war ein gutaussehender Mann.« Zwei seufzte. »Keine von uns hat das je geleugnet. Aber er war hart und unzugänglich, und wir bezweifeln, dass er locker genug wurde, um sich eine Affäre zu gestatten.« Mit einer minimalen Haltungsänderung â einem Baucheinziehen und Schulternstraffen â verriet Zwei die Grundlage für diese Aussage: Wie konnte er den Reizen dieser Glinda erlegen sein, wenn er imstande gewesen war, seinen eigenen Schwägerinnen zu widerstehen?
»Aber«, fragte Elphaba kleinlaut, »meint ihr wirklich, dass er für irgendjemanden spioniert hat?«
»Warum ist seine Leiche nie gefunden worden?«, fragte Zwei zurück. »Wenn er aus Eifersucht ermordet wurde, hätte die Leiche nicht beseitigt werden müssen. Vielleicht war er noch gar nicht tot. Vielleicht wurde er fortgeschafft und irgendwo gefoltert. Nein, nach unserer begrenzten Erfahrung sieht es eher nach einem politischen Treuebruch aus als nach einem ehelichen.«
»Ich â«, setzte Elphaba an.
»Du bist ja ganz blass. Sechs, einen Krug Wasser.«
»Nein«, sagte Elphaba. »Es ist bloà⦠Man hätte damals doch nie gedacht ⦠ich jedenfalls ⦠Soll ich euch das Wenige erzählen, was ich darüber weiÃ? Und vielleicht könnt ihr es an Sarima weitergeben.« Sie stand auf und begann, auf und ab zu gehen. »Ich sah Fiyero â«
Doch da setzte im unwahrscheinlichsten Moment die Familiensolidarität ein. »Liebe Tante«, sagte Zwei in verantwortungsbewusstem Ton, »wir haben die Anweisung von unserer Schwester, ja nicht zuzulassen, dass du dich mit Erzählungen über Fiyero und die traurigen Umstände seines Todes belastest.« Zwei musste sich sichtlich zwingen, das über die Lippen zu bringen, so groà war die Neugier zu hören, was Elphaba zu sagen hatte. Das Fleisch der Geschichte brachte die Mägen zum Knurren. Doch die Schicklichkeit siegte â oder dieFurcht vor Sarimas Zorn, der ihnen blühte, falls sie es herausfand. »Nein«, bekräftigte Zwei, »nein, wir müssen uns leider jedes Interesse versagen. Wir dürfen dir nicht zuhören, und wir werden Sarima nichts ausrichten.«
SchlieÃlich musste Elphaba sich geschlagen geben. »Ein andermal«, sagte sie, als sie ging, »wenn ihr so weit seid, wenn sie so weit ist. Es ist so wichtig, versteht
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