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Wicked - Die Hexen von Oz

Wicked - Die Hexen von Oz

Titel: Wicked - Die Hexen von Oz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gregory Maguire
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Sommerrock hoch und schwang ein Bein über den Besen, um auf ihm zu reiten wie auf einem Steckenpferd.
    Das Ding ging vorsichtig gerade so weit in die Höhe, dass sie mit den am Boden schleifenden Zehen das Gleichgewicht halten und Korrekturen vornehmen konnte – der Schwerpunkt war hoch und die Sitzfläche sehr schmal. Das Stielende stieg höher, und sie rutschte nach hinten, bis sie hart am Strohkopf saß, als ob der eine Art Sattel wäre. Sie hielt sich krampfhaft fest; ihre Beine, vor allem die Oberschenkel, fühlten sich an, als ob sie anschwellen würden, um den Stiel besser einklemmen zu können. Das große Fenster am Ende des Raums stand offen, damit Licht und Luft hereinkam, und der Besen strich über den Fußboden darauf zu.
    Dann stieg der Besen ein Stück und trug sie zum Fenster hinaus. Nor kam der Magen ein wenig hoch, und sie schlug mit den Fersen gegen die Borsten. Zum Glück war sie nicht auf den Burghof hinausgeflogen, wo man sie höchstwahrscheinlich gesehen hätte, sondern auf der anderen Seite, wo das Gelände nicht ganz so schnell und tief abstürzte. Erschrocken und begeistert über das Abenteuer wimmerte Nor leise. Das Cape wehte auf und entblößte ihre Brust, und sie wusste nicht, wie sie je darauf gekommen war, dass sie ohne Bluse gesehen werden wollte. »Oh, oh«, rief sie, doch ob zum Besen oder zu einem Schutzgeist, wusste sie nicht. Sie schlotterte vor Kälte und Schreck, und der Besen stieg und stieg, bis er auf einer Höhe mit dem obersten Fenster des Hauses war, das sich im Turm der Hexe befand.
    Die Hexe und ihre alte Kinderfrau sahen sie mit offenem Mund an, und ihre Teetassen stockten auf halbem Weg zum Mund.
    Â»Du kommst sofort herunter!«, befahl die Hexe. Nor wusste nicht, ob sie gemeint war oder der Besen. Sie hatte keine Zügel, an denen sieziehen, keine Zauberworte, die sie sprechen konnte. Der Besen jedoch fühlte sich anscheinend zur Ordnung gerufen, denn er machte kehrt, sank und landete etwas unsanft auf dem Fußboden des Soldatenquartiers. Weinend und zitternd ließ Nor ihn liegen und zog sich wieder anständig an. Sie traute sich kaum, den Besen noch einmal anzufassen, doch als sie ihn dann doch aufhob, war das Leben daraus gewichen, und in Erwartung eines tüchtigen Anpfiffs brachte sie ihn in das Zimmer der Hexe.
    Â»Was hast du mit meinem Besen getrieben?«, fuhr diese sie an.
    Â»Ich habe das Zimmer der Soldaten saubergemacht«, stieß Nor hervor. »Es ist so ein Durcheinander, überall fliegen die Papiere herum, die Anziehsachen, die Landkarten …«
    Â»Lass ja die Finger von meinen Sachen, hörst du?«, sagte die Hexe. »Was für Papiere?«
    Â»Pläne, Karten, Briefe, ich weiß nicht«, antwortete Nor und fasste langsam wieder Mut. »Geh doch selber schauen! Ich habe nicht darauf geachtet.«
    Die Hexe nahm den Besen, und einen Moment lang schien sie Nor damit schlagen zu wollen. »Sei nicht dumm, Nor. Halte dich von diesen Männern fern!«, sagte sie kalt. »Halte dich von ihnen fern!« Sie hob den Besen wie einen Knüppel. »Sie tun dir nur weh und spucken dich an. Halte dich von ihnen fern, sage ich dir! Und halte dich fern von mir!«
    Elphaba erinnerte sich, dass Mutter Schackel ihr den Besen gegeben hatte. Die junge Frau hatte die alte Nonne als verkrüppelt, senil und lästig empfunden, jetzt aber blickte sie zurück und fragte sich, ob sie sich getäuscht hatte. Hatte Mutter Schackel mit einem Rest von kumbrischem Instinkt den Besen verhext? Oder besaß Nor eine erst jetzt in ihr zum Vorschein kommende Kraft, mit der sie den eigentlich leblosen Besen erweckt hatte? Nor glaubte anscheinend felsenfest an Magie. Vielleicht wartete der Besen darauf, dass man an ihn glaubte. Ob er mit Elphaba auch fliegen würde?
    Eines Nachts, als alle anderen schon im Bett lagen, ging Elphaba mit dem Besen auf den Hof hinaus. Sie kam sich ein wenig albern vor,als sie sich auf den Stiel hockte. »Na komm, flieg schon, du doofes Ding!«, murmelte sie. Der Besen ruckelte dermaßen bockig hin und her, dass er ihre Schenkelinnenseiten aufscheuerte. »Ich bin kein Schulmädchen, hör auf mit dem Quatsch!«, rief Elphaba. Der Besen stieg einen halben Meter und schüttelte sie dann ab, so dass sie aufs Hinterteil plumpste.
    Â»Ich zünde dich an, und das war’s dann mit dir«, sagte Elphaba. »Ich bin zu alt, um mich

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