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Wicked - Die Hexen von Oz

Wicked - Die Hexen von Oz

Titel: Wicked - Die Hexen von Oz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gregory Maguire
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traumhaft.«
    Â»Ach, Elphie, sei nicht böse«, sagte Nessarose, den Blick auf ihre Füße gerichtet. »Verdirb mir nicht meine kleine Freude mit Grollen, ja? Er weiß, dass du solche Dinge nicht nötig hast …«
    Â»Natürlich nicht«, sagte Elphaba. »Natürlich habe ich sie nicht nötig.«
    An diesem Abend trauten sich die Freunde, die Sperrstunde zu überziehen, und bestellten noch eine Flasche Wein. Ämmchen machte missbilligende Töne, doch da sie so fleißig mittrank wie alle anderen, hörte niemand auf sie. Fiyero erzählte die Geschichte, wie er im Alter von sieben Jahren mit einem Mädchen aus dem Nachbarstamm verheiratet worden war. Alle waren bestürzt über diese vermeintliche Schamlosigkeit. Er hatte seine Braut nur einmal flüchtig gesehen, als sie beide ungefähr neun gewesen waren. »Ich werde sie nicht anrühren, bevor wir zwanzig sind, und jetzt bin ich erst achtzehn«, fügte er hinzu. Erleichtert darüber, dass er wahrscheinlich noch genauso jungfräulich war wie sie selbst, bestellten sie die nächste Flasche Wein.
    Die Kerzen flackerten, ein leichter Herbstregen ging nieder. Obwohl der Raum trocken war, zog Elphaba ihren Mantel fester um sich, als probte sie schon für den Heimweg. Sie war inzwischen über die kränkende Nichtachtung durch ihren Vater hinweg. Sie und Nessarose begannen, lustige Geschichten über Frex zu erzählen, als wollten sie sich und allen anderen beweisen, dass alles in Ordnung war. Nessarose, die nie viel trank, gestattete sich zu lachen. »Trotz meines Äußeren, oder vielleicht gerade deswegen, nannte er mich immer sein hübsches Schmusekätzchen«, sagte sie, die erste öffentliche Anspielung auf ihre fehlenden Arme. »Er sagte so etwas wie: ›Komm her, mein Schmusekätzchen, und lass dich mit einem Stück Apfel füttern.‹ Und dann bin ich zu ihm gegangen, so gut ich konnte, mehr getorkelt als gegangen, wenn Ämmchen oder Elphie oder Mutter nicht da waren, um mich zu stützen, und bin ihm in den Schoß gefallen undhabe mich lächelnd emporgereckt, und er hat mir kleine Apfelbröckchen in den Mund gesteckt.«
    Â»Wie hat er dich genannt, Elphie?«, fragte Glinda.
    Â»Er hat sie Fabala genannt«, antwortete Nessarose an ihrer Stelle.
    Â»Zu Hause, nur zu Hause«, sagte Elphaba.
    Â»Das stimmt, du bist Vaters kleine Fabala«, murmelte Ämmchen, knapp außerhalb des Kreises lachender Gesichter, vor sich hin. »Kleine Fabala, kleine Elphaba, kleine Elphie.«
    Â»Er hat mich jedenfalls niemals Schmusekätzchen genannt«, sagte Elphaba und hob das Glas auf ihre Schwester. »Aber wir alle wissen, dass er die Wahrheit gesagt hat, denn Nessarose ist wirklich das Schmusekätzchen in der Familie. Daher auch diese prachtvollen Schuhe.«
    Nessarose errötete und ließ sich das allgemeine Anstoßen gefallen. »Ja, aber während ich seine Zuwendung wegen meiner Behinderung bekommen habe, hast du sein Herz gewonnen, wenn du gesungen hast«, sagte sie.
    Â»Sein Herz gewonnen? Ha! Du willst sagen, dass ich eine notwendige Funktion erfüllt habe.«
    Doch die anderen sagten zu Elphaba: »Ach, du singst? Na, dann auf! Sing, du musst etwas für uns singen! Noch eine Flasche, noch ein Glas, schieb den Stuhl zurück, und bevor wir den Abend beenden, musst du singen! Auf geht’s!«
    Â»Nur wenn die anderen auch singen«, erklärte Elphaba entschieden. »Boq? Ein munchkinsches Spinell? Avaric, eine gillikinesische Ballade? Glinda? Ämmchen, ein Wiegenlied?«
    Â»Wir kennen einen schmutzigen Kanon, den singen wir, wenn du zuerst singst«, sagten Krapp und Timmel.
    Â»Und ich werde ein winkisches Jagdlied singen«, versprach Fiyero. Alle lachten vor Vergnügen und schlugen ihm auf den Rücken. So blieb Elphaba nichts anderes übrig: Sie stand auf, schob ihren Stuhl zurück, räusperte sich und summte einen Ton in ihre gewölbten Hände, dann fing sie an. Als ob sie nach langer Zeit wieder für ihren Vater sänge.
    Die Wirtin schlug mit dem Scheuerlappen nach ein paar älteren Männern, um sie zum Schweigen zu bringen, und die Pfeilspieler ließen die Hände sinken. Stille kehrte ein. Elphaba sang ein kleines Lied aus dem Stegreif, ein Lied von Sehnsucht und Verlorenheit, von weiten Fernen und künftigen Zeiten. Fremde lauschten mit geschlossenen Augen.
    So auch Boq.

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