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Wickelkontakt - Roman

Titel: Wickelkontakt - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katri Dietz
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Lösung.

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    Kurz vor Mitternacht knutschten Jonas und ich ausgelassen herum, lachten mit unseren Freunden– Mona hatte sich vom Fleck weg unsterblich in Philipp, einen netten Bühnenmeister, verliebt– und alberten herum. Meine Mutter saß mit meinen Schwiegereltern am » Elterntisch«, den wir extra für diese Generation hatten aufstellen lassen. Jahrelang waren wir an den Kindertisch, den sogenannten Katzentisch, verbannt worden, jetzt konnten wir uns rächen! Aber es war nur eine kleine Rache, und alle hatten Spaß daran. Geschwister hatten Jonas und ich beide nicht, so beschränkte sich die Hochzeitsrunde auf unsere Freunde und Kollegen. Die älteren Omas und Tanten waren schon kurz nach dem Essen von Jonas’ Vater im VW-Bus in ihre Heime zurückgebracht worden. Jetzt war er wieder hier und stieß mit uns an. Alle waren glücklich– alle? Nein, nicht alle!
    Chantal, die Freundin von DJ Manni, hatte sich offensichtlich, da sie hier niemanden kannte und ihr Freund ja arbeiten musste, gelangweilt und sich durch alle alkoholischen Getränke gesoffen, die sie finden konnte– das sind ja auf Hochzeiten bekanntlich so einige. Jetzt konnte sie kaum noch gerade stehen, streckte sich aber gerade nach Leibeskräften, um an einen Schlüssel zu kommen, den Manni hoch über seinen Kopf hielt. Gleichzeitig fuhr er mit der anderen Hand eine saubere Blende auf seinem Pult– bewundernswert, staunte ich. Danach widmete er sich wieder voll und ganz seiner Freundin, wenn sie das denn war.
    » Gibssu mir jedss den verdammten Sslüsl«, rief sie, stocktrunken. Himmel, sie wollte doch wohl nicht noch Auto fahren? Ich wusste nicht, was diese Frau hier suchte, aber ich wollte bestimmt nicht mit schuld sein an einer Massenkarambolage. Also sagte ich zu Jonas: » Komm mal mit« und zog ihn mit mir zum DJ-Pult. Dort war Chantal gerade dabei, Manni in den Arm zu beißen. Er schrie auf und schubste die Blonde weit von sich. Sie stolperte ein paar Meter rückwärts durch den Saal, ruderte heftig mit den Armen, bevor sie schließlich mit vollem Schwung aufs Buffet kippte. Wie eine wild gewordene Amazone rappelte sie sich schnell wieder auf. In ihrem Haar klebte eine Gamba, quer übers Gesicht zogen sich Saucenspuren und ihre weit offene Bluse war mit Pasta und Pesto verziert. Sie war ausgerechnet in den Pasta-Teil des Buffets gefallen. Schade, ich wollte eigentlich später noch was davon essen.
    Allerdings hatte ich nicht damit gerechnet, dass Manni vor Schreck den Schlüssel fallen ließ und Chantal sich ihn geistesgegenwärtig schnappte. Sie torkelte in Richtung Eingangstür und war schon draußen, bevor ich registrieren konnte, dass sie sich tatsächlich auf dem Weg zu ihrem Auto gemacht hatte. Auf der Kiesauffahrt des Yachtclubs zur Straße Schöne Aussicht hin heulte fast sofort ein Motor auf. Ich zögerte nicht lange, sondern forderte lauthals: » Jonas, meine Schlüssel«– gleichzeitig ging die Tür zur Küche des Clubhauses auf, und die Köche schoben unter lauter Wunderkerzengefunkel die rosa Hochzeitsmarzipantorte– mit Türmchen!– auf einem reich dekorierten Wägelchen herein. Dafür hatte ich jetzt keine Zeit– ich musste Leben retten!
    Jonas reichte mir verdattert meine Autoschlüssel, ich rannte hinaus auf den Parkplatz, stürzte in meinen Golf, der über und über mit Rosen und Efeu verziert war, steckte mit zitternden Fingern den Schlüssel ins Schloss und machte mich auf eine wilde Verfolgungsjagd gefasst. Dann gab ich ordentlich Gas, fuhr drei Meter und bremste sofort wieder ab, als ich sah, wie ein Mensch vor meinem Auto auftauchte und erschrocken, ja geradezu gehetzt, zur Seite sprang. Huch, wo kam der denn auf einmal her? Wahrscheinlich war der schon da gewesen, bevor ich Gas gegeben hatte, aber ich hatte ihn tatsächlich gar nicht gesehen.
    Chantal kurvte inzwischen quietschend und schlingernd davon, und der Mensch vor meinem Auto entpuppte sich aufgrund seiner Uniform als Polizist. Als wütender Polizist. Au weia. Schicksal, nimm deinen Lauf… Er klopfte an mein Fenster, und ich kurbelte.
    » Guten Abend. Wohin denn so eilig? Fahrzeugpapiere und Führerschein bitte!«
    Wie sich später herausstellte, wollte Chantal nur mal Zigaretten holen, weil es ihre Marke im Clubhaus nicht gab, und wegen des angeblich » unangemeldeten Feuerwerks« und der lauten Musik war der Polizist von den Anwohnern des Yachtclubs an der Alster beauftragt worden, bei uns mal » nach dem Rechten zu sehen«. Leider hatte er die

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