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Wickelkontakt - Roman

Titel: Wickelkontakt - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katri Dietz
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einleuchtenden Gründen keinen Whiskey trinken durfte, wollte sich Jonas eines Nachmittags alleine eine Destillerie ansehen, ich ging dagegen shoppen. Muschelkästchen, Ketten mit keltischen Kreuzen und T-Shirts mit der Aufschrift » Tourist. Beat me up – steal my money – but let me live!« gab es hier zur Genüge. So einen Quatsch würde ich mir natürlich nicht kaufen. Zwei Stunden später trafen wir uns wieder vor dem Hotel, ich mit meinen Tüten und Täschchen voller Krimskrams, Jonas mit einem ordentlichen Schwips. Langsam hatten wir uns von den Hochzeitsstrapazen erholt, und mein Magen behielt heute das Essen schon länger als vierundzwanzig Stunden bei sich. Sofort sorgte ich mich natürlich um mein Baby.
    » Lass uns doch hier mal zum Arzt gehen, nur um nachzusehen, ob alles in Ordnung ist«, bat ich Jonas, doch er lehnte das ab.
    » Wenn du bis morgen früh wieder nicht brechen musst, dann suchen wir einen auf, aber jetzt lass uns doch endlich mal was anderes machen!«, forderte er seine Rechte als Ehemann ein. Aha. Mein holder Gatte hatte sich genug Mut angetrunken, um mich zu verführen. Ich ergab mich, wir sanken auf meine Tüten mit den Muschelkästchen und T-Shirts, die ich aufs Bett geworfen hatte, und küssten uns.
    Beim Abendessen im Hotelrestaurant erfuhren wir vom Kellner Werner, der aus Bayern kam, dass es sich bei dem kleinen Schlösschen, in dem wir gerade residierten, um ein ehemaliges Geburtshaus handelte. Mir fielen fast die Jakobsmuscheln von der Gabel.
    » Wie bitte?«, fragte ich nach.
    » Doch, doch, des stimmt«, antwortete er im Brustton der Überzeugung.
    » Ihr wohnt’s in Kreißsaal drei«, sagte er sehr bayrisch.
    » Ach, das ist ja toll«, meinte ich wenig begeistert und wusste gar nicht, warum ich keine echte Freude darüber verspürte, dass ich ausgerechnet in einem ehemaligen Kreißsaal flitterte. Nicht, dass mein Baby sich nun viel zu früh auf den Weg machen wollte, weil es dachte, es sei ja hier gut aufgehoben. Mir wurde ganz mulmig.
    » Und die anderen Räume, was ist mit denen, sind das auch alles Kreißsäle?«, wollte ich wissen.
    » Jaa, da ham die Mütter früher auch entbunden«, erzählte Werner. » Aber eine«, jetzt senkte er die Stimme, » hat des net überlebt, die ist no im Kindbett g’storben.«
    Mir lief eine Gänsehaut über den Rücken.
    » Jaa, und die Verstorbene, die spukt hier nachts noch durch die Gänge und sucht ihr Kind«, erzählte Werner weiter.
    » Hat… hat das Kind denn überlebt?«, fragte ich. Das musste ich unbedingt noch wissen.
    » Jaa, des hat gelebt, des wor a Bub«, ließ der grauhaarige Werner wissen. » Und zwar war des der Uropa vom jetzigen Besitzer von dem Schloss, der wo jetzt des Hotel führt.«
    Hmhm, na ja, das klang jetzt schon nicht mehr ganz so realistisch. Puh, die Spukgeschichte war ja echt gruselig, aber dass das Waisenbaby jetzt ausgerechnet der Uropa von Mister McDonagall, dem etwas untersetzten Hotelbesitzer mit der Halbglatze, sein sollte, das wollte mir nicht so recht einleuchten.
    » Dann war das ja seine Ururoma, die nach der Geburt gestorben ist«, folgerte ich, und Werner nickte. Jonas hörte nur zu, aß sein Lamm mit grünen Bohnen und sah mich mit einem » Diesen mystery -Mist wirst du ja wohl nicht glauben«-Blick an. Ich legte mir die Hand auf den Bauch und flüsterte meinem Babylein zu, dass uns hier bestimmt nichts passieren würde und dass es schön brav noch acht Monate da bleiben sollte, wo es war. Die zum Menu gehörenden Muscheln an Tomatenmousse schob ich rüber zu Jonas, er aß sie als Nachtisch. Mir war der Appetit vergangen.
    Nachts wurde ich von einem Geräusch wach. Irgendwo scharrte es. Und ich meine nicht, im Hotelflur, sondern bei uns im Zimmer, vermutlich im Bad. Eine Tür quietschte. Ich konnte mich kaum bewegen, bekam schier keine Luft mehr. Ich flüsterte: » Jonas!«, und noch etwas lauter: » JONAS!«, da ich keine Antwort bekam. Ich wartete darauf, eine durchsichtige Erscheinung, eine Art Lichtgestalt, im Zimmer zu sehen, eine dünne, schmerzgepeinigte Frau, die gruselig weinte und mit anklagendem Finger auf mich deutete, voller Neid auf meine Schwangerschaft. Sie würde mich verfluchen, verhexen, so dass auch ich im Kindbett… Nein, so weit durfte ich nicht denken, so weit würde es schon nicht kommen. Verdammt, wo war der nur?
    Als im Bad das Licht anging, schrie ich auf. Jonas erschreckte sich so sehr, dass auch ihm ein Schrei entfuhr. Dann steckte er seinen Kopf durch die Tür

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