Wickelkontakt - Roman
kurvenreiche Abfahrt der kurvenreichen Chantal verpasst.
Als ich ihm erklären konnte, dass ich schwangerschaftsbedingt völlig nüchtern war, und der Menschheit eher sogar einen Dienst hatte erweisen wollen, indem ich eine Betrunkene vom Autofahren abhielt, zeigte er sich großzügig und sah von der Anzeige wegen Widerstands gegen die Staatsgewalt ab. Ich hatte ihn wohl etwas grob durch das Fenster an seiner Krawatte gepackt und Sätze gesagt wie: » Jetzt hören Sie mal gut zu, Sie…« und Schlimmeres.
Als Wiedergutmachung und weil er eh gerade Feierabend machen wollte, lud ich ihn spontan zu einem oder zwei Drinks ein, und als Chantal nichtsahnend mit ihren Zigaretten vom Kiosk zurückkam und in den Hochzeitssaal trat, in dem das wilde Partyleben tobte, wankte der Polizist auf sie zu und zückte seine Handschellen. » Sssie ssin fessenommen«, sagte er lallend und führte sie ab. Das sollte allerdings nur ein Spaß sein, um sie höchstens etwas zu erschrecken. Mit dem, was dann passierte, hatte der gut aussehende Polizeibeamte aber wohl nicht gerechnet. Kaum aus der Tür, fingen die beiden an, wild miteinander zu knutschen. Offensichtlich hatte der Polizist da bei Chantal einen Nerv getroffen, mit seiner schicken Uniform und den Handschellen. DJ Manni war jedenfalls sichtlich erleichtert, als er Chantal abziehen sah, betrachtete seine Bisswunde am Arm und legte » I will survive« auf. Jonas und ich ließen uns derweil die Hochzeitstorte schmecken– das Türmchen bekam natürlich ich.
Am nächsten Tag machten Jonas und ich einen Schwangerschaftstest. Ich war fast zwei Wochen überfällig. Inzwischen erkannte ich auch, dass mein Busen nicht nur aus einer heiteren Laune heraus um mindestens eine Körbchengröße gewachsen war. Dazu die anhaltende Übelkeit und die Müdigkeit der letzten Tage– das alles ließ eigentlich keine Zweifel offen. Wegen der Hochzeitsvorbereitungen hatte ich überhaupt nicht darüber nachgedacht, ob das wohl etwas zu bedeuten hatte. Jetzt wollten wir es schwarz auf weiß, oder rosa auf weiß sehen, wie es der Schnelltest versprach. Jonas, der Sicherheitsfanatiker, war nach dem dritten Test endlich überzeugt.
» Sophie, du bist schwanger!«, rief er, als wieder eine Minute Wartezeit abgelaufen war und als Ergebnis erneut ein breiter Doppelstreifen auf dem Testfeld prangte.
» Ach, nee!«, rief ich. » Das haben wir ja jetzt auch erst zweimal gesehen!«
Endlich glaubte er mir. Er hatte es ja nicht so mit weiblicher Intuition, und selbst als ich ihm sagte, dass ich schon zwei Wochen über meine Tage war, setzte er hier einen Rechenfehler meinerseits voraus. Praktisch, wie ich sonst eigentlich nicht war, überlegte ich, was eigentlich aus unseren Flitterwochen werden sollte.
Mir war nachts und morgens höllisch übel, und ich musste wohl erst mal zum Arzt, um mir die Schwangerschaft bestätigen zu lassen. Andererseits wollten wir morgen nach Schottland fliegen, um dort in einem kleinen Schlösschen zwei Wochen lang zu flittern. Da ich bereits schwanger war, konnten wir uns das Flittern wohl sparen, und ich musste den Arzt fragen, ob das jetzt überhaupt noch erlaubt war. Nach wildem Bettgewühl war mir allerdings nun wirklich nicht zumute.
Dr. Hoppenstedt gab tags drauf sein Okay zum Flittern, stellte fest, dass ich in der siebten Woche schwanger war, dass sogar das Herzchen schon kräftig schlug und so weit alles prächtig entwickelt war. Ich schluckte die ganze Zeit verkrampft während der Untersuchung, mein Mann hielt meine Hand, wir starrten auf den Ultraschallmonitor und konnten es kaum fassen. Ein kleines Babylein wuchs in mir. Schneller, als wir es geplant hatten, aber trotzdem sehr willkommen.
» Hallo, Baby«, flüsterte ich in Richtung des Monitors. Eines wussten wir sofort: Unser Kind würde alles in den Schatten stellen, was wir bisher kannten– aber so eine ganz präzise Vorstellung davon, wie das genau werden würde, hatten wir noch nicht.
» Folsäure schlucken, kein Alkohol, nicht rauchen und kein roher Fisch, das heißt, kein Sushi, kein rohes Fleisch, also kein Mettbrötchen, ach ja, und kein KAFFEE, keine COLA! Was DARF ich eigentlich noch? Ich meine, wie soll ich leben??«, meckerte ich, als wir im Flieger saßen. Ich schmollte. Das Baby war ganz schön egoistisch, dass es so viel von mir verlangte. Es hatte mich ja nicht mal vorher gefragt. Fliegen war angeblich kein Problem, trotzdem hielt ich meinen Bauch fest und flüsterte meinem Kind beruhigende Worte
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