Wickelkontakt - Roman
Aha. Na, ich wollte ja mit keinem zusammen sein, von dem ich nach vier Wochen erklärte, ich müsse mich erst an ihn gewöhnen– aber das war ihre Sorge und sollte meine nicht sein.
Nicht allzu spät brachen wir auf. Ich war nicht in der Stimmung, alleine über den Kiez zu hopsen, und Mona wollte doch lieber zu Daniel, und so konnte ich ruhig auch einen weiteren Samstagabend früh ins Bett gehen. Montag musste ich schließlich wieder um vier anfangen.
Mona umarmte mich zum Abschied, wir drückten uns ganz fest, ich gab ihr ein Küsschen und war wieder einmal froh, dass ich sie hatte. Ohne es auszusprechen war klar, dass wir immer füreinander da sein würden.
Als ich mit dem Fahrrad durch den kalten Nieselregen nach Hause fuhr, lag das erste Mal in diesem Winter ein Hauch von Frühling in der Luft. Ich hob das Gesicht und ließ mich vom Regen berieseln. Dennoch wollten sich keine Frühlingsgefühle bei mir einstellen, ich fühlte mich alleine und leer. Den Stress im Job würde ich bestimmt besser verkraften, wenn ich jemanden hätte, der mich unterstützte, fiel mir auf einmal auf. Von wegen, frei und unabhängig!
Diesmal war ich nicht betrunken, und das blöde Gefühl, mal wieder alles falsch gemacht zu haben, blieb.
7
Ich bin fix und fertig. Die Tour zu Plus und zum Eso-Laden war Millionen Mal anstrengender, als ich geahnt hätte und dabei nur halb so ergiebig. Schwangerschaft und Geburt fordern eben ihren Tribut.
Im Supermarkt hatte ich mich gefühlt wie ein Ossi nach der Wende, der das erste Mal bei real ist. So ein reichhaltiges Angebot an Konsumgütern! Ich konnte es kaum glauben.
Weil ich wegen meiner Kreislaufprobleme seit dem achten Monat nicht mehr hatte rausgehen können, entwickelte sich der Einkauf zur emotionalen Herausforderung. All die neuen Produkte, die ich noch nicht kannte! Joghurts in unfassbaren Geschmacksrichtungen (zum Beispiel Latte Macchiato oder Banane-Maracuja!), Selbstbräunungstücher fürs Gesicht… Was es nicht alles gibt! Ich bin aus dem Koma erwacht und in einer neuen Welt gelandet. Leider fühle ich mich noch nicht wie ein Teil derselben, sondern immer noch wie eine dicke Mutti, die vom Rand aus zuguckt.
Nachdem ich ungefähr eine Stunde lang mit irrem Blick Sachen aus den Regalen gerissen und an anderen Orten wieder zurückgestellt hatte, entschied ich mich lediglich für Milch und Obst. Kann man immer gebrauchen und ist nicht teuer.
Abends scheint Maja mindestens genauso platt zu sein wie ich, schlürft ihr Fläschchen weg, ohne sich zu verschlucken, und schläft hinterher wieder brav ein. Liebes Mädchen.
Ich sehe sie an und bekomme wieder Tränen in die Augen. Nicht, dass ich früher weniger sentimental gewesen wäre, aber was ich mir jetzt zusammenheule, ist wirklich nicht mehr schön. Liegt vielleicht an den Hormonen, an der völligen Erschöpfung, die mich heimsucht, an den durchwachten Nächten und den Todesängsten, die ich um mein Kind ausstehe, sobald es die Milch in den falschen Hals kriegt. Dabei dachte ich bis vor kurzem noch, ich sei gar nicht der Muttertyp, sondern eher so die Karrierefrau. Die mit dreißig einen tollen Job als Reporterin beim Fernsehen hat, vielleicht sogar Nachrichten moderiert, und immer noch einen Typen nach dem anderen mit nach Hause nimmt. Dafür stimmen Gehalt und Quoten. Irgendwie bin ich daran nur knapp vorbeigeschlittert. Und überhaupt nicht traurig drüber.
Abends kommt mein Gatte erst spät nach Hause. Maja ist jetzt auch wieder wach, wohl um ihren Papi zu begrüßen, sie liegt neben mir auf dem Bett und macht süße Geräusche. Ich bin verzückt und glücklich. Was für ein kleines Wesen wir da geschaffen haben, was für ein Wunderkind!
Dass ich eigentlich auf ihn böse bin, weil er sich nie richtig kümmert und mich heute sogar allein gelassen hat, um zur Arbeit zu gehen, hab ich natürlich nicht vergessen. Zur Strafe rede ich nicht mit ihm. Wie immer fällt es ihm aber nicht mal auf. Er zieht seine Schuhe aus, geht in die Küche und raschelt mit irgendetwas unauffällig rum.
Ich versuche zu erlauschen, was das sein könnte… und komme nicht drauf. Wahrscheinlich nichts Wichtiges, sondern nur das Papier seiner Fischfrikadellen, die er aus dem Rucksack kramt. Pöh! Da bin ich lieber noch ein bisschen sauer. Wenig später setzt er sich leise neben mich aufs Bett, als ich gerade mal wieder voller mütterlichen Glücks meine kleine Maja betrachte.
» Na?«, sagt er lieb und reibt seine Nase an meiner Wange. » Na?«,
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