Wickelkontakt - Roman
sage ich und gucke ein bisschen grimmig.
» Na?«, sagt er auch zu Maja und stupst ihr auf die Nase. Sie sieht ihn an und lächelt. Kleine Verräterin. Wir wollten doch sauer auf den Papi sein. Dann sagt sie so was wie » örö, örö«, und ich bin mir sicher, mein schlaues Kind spricht schon französisch! Oder was sollte das anderes heißen, als dass sie heureux, also glücklich ist, den Papi wieder zu sehen?
Jonas gibt mir einen Kuss auf die Wange. » Komm doch mal, ich hab was für dich.«
Was mag er wohl haben? Ein paar Strafzettel, die ich kassiert habe, als ich vor ein paar Wochen zur Untersuchung bei meinem Gyn war und keine Lust hatte, drei Kilometer von der Praxis entfernt zu parken? Eine saftige Rechnung für eine Umstandshose von H&M, die nicht beglichen werden konnte? Oder eine etwas schönere Überraschung? Keine Ahnung. Ich nehme Maja vorsichtig auf den Arm und tappe ihm hinterher in die Küche. Dort werfe ich einen Blick auf den Küchentisch und bin nicht nur erstaunt, sondern richtig überrascht und froh– und auch mal sprachlos.
Auf dem Tisch in einer Vase steht der allerschönste Rosenstrauß, den man sich nur wünschen kann, mit Dutzenden (hinterher zähle ich zwanzig) dunkelroten Rosen und viel Efeu dazwischen. (So einen hatte ich zu meiner Hochzeit als Brautstrauß haben wollen!) Wieder stehen mir vor Liebe und Glück die Tränen in den Augen. Erschöpfung und Planlosigkeit spielen wohl dabei auch eine Rolle.
» Danke«, sage ich gerührt. » Hab ich Geburtstag? Oder wofür ist das?«
» Na ja, nee«, stottert mein Liebster, » weil ich heute Morgen vielleicht ein bisschen überstürzt aufgebrochen bin und dir nicht mal einen Zettel geschrieben habe, obwohl ich mir ja denken konnte, dass du heute ein bisschen gestresst bist. War wohl ziemlich egoistisch von mir. Es tut mir leid, dass ich einfach so gegangen bin. Ich hab euch vermisst. Und ich finde, dass du das hier mit Maja ganz toll meisterst.«
Ein bisschen gestresst ist die Untertreibung des Jahrtausends, ich bin so erschöpft, dass ich gefühlte hundert Jahre schlafen könnte, aber ich staune und freue mich über die Entschuldigung und den tollen Strauß und gebe meinem Schatz einen dicken Kuss. Jetzt ist alles wieder gut.
Er sieht mich und unsere kleine Tochter ganz verliebt an. Wir nehmen uns in den Arm und bleiben minutenlang so stehen. Nie mehr will ich ohne die beiden sein. Obwohl der Jäger am nächsten Morgen wieder raus zur Mammutjagd muss, übernimmt er nachts zweimal füttern und einmal wickeln– und ich kann das erste Mal seit Äonen wieder acht Stunden am Stück schlafen.
8
Nach dem Treffen mit Mona lag ich die ganze Nacht wach und dachte über Frauen nach, die den erstbesten Mann heiraten, der ihnen über den Weg läuft, obwohl sie ihn nicht besonders toll finden, und über Frauen, die Männer vergraulen, obwohl sie sie toll finden.
Es reichte mir. Jetzt mussten Nägel mit Köpfen gemacht werden! Da ich Jonas nicht vergessen konnte und noch nicht mal Lust hatte, nach anderen Männern Ausschau zu halten, musste ich handeln. Ich holte mir seine Nummer bei der Auskunft– allein der Mut, ihn anzurufen, fehlte mir noch. Was sollte ich auch sagen? » Hallo, hier ist die Verrückte aus dem Ex-Sparr, willst du mit mir gehen?« Das schien mir nicht gerade geeignet, ihn zurückzuerobern– so er sich denn überhaupt noch erobern lassen wollte! Ich an seiner Stelle hätte mich sicher zum Mond geschossen, oder noch weiter weg. Hätte laut gelacht und mir einen Vogel gezeigt!
Aber es kam auf einen Versuch an. Verloren hatte ich ihn ja schon, also konnte es mir auch egal sein, wenn ich ihn nicht wiederbekam. Ich wartete auf eine günstige Gelegenheit, ihn anzurufen. Noch am selben Tag konnte ich seine Telefonnummer auswendig, traute mich aber nicht, sie zu wählen.
Erst als ich eine Woche später, es war jetzt Mitte März, am späten Samstagabend oder eher Sonntag früh um drei, endlich wieder angenehm betrunken vom Kiez kam, wo ich mit Mona ausgiebig getanzt und über » unsere« Jungs gequatscht hatte, schien es mir das einzig Richtige und Vernünftige, ihn anzurufen. Bemüht, langsam und vor allem deutlich zu sprechen, moderierte ich ihm einen perfekten Dreißigsekünder aufs Band.
» Hi, ich bin’s, Sophie! Vielleicht erinnerst du dich ja an mich, wir haben uns vor fünf Wochen im Ex-Sparr kennengelernt. Ich weiß, es war nicht so nett, gleich den Kontakt komplett abzubrechen, und jetzt bin ich eben nach Hause gekommen
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