Wickelkontakt - Roman
Lage in Ruhe mit ihr besprechen konnte. Als sich die Tür des Konferenzraums öffnete, Lachen und Gesprächsfetzen ertönten, stürmte ich auf Mona zu und zog sie auf den Flur. » Notfall«, keuchte ich. Kurz darauf saßen wir im Balzac, unserem Lieblingscafé. Auf dem Weg dahin hatte ich nichts gesagt, hier im Café, unbeobachtet von Kollegen, konnte ich meinen Gefühlen endlich freien Lauf lassen und fing hemmungslos an zu heulen. Die Aushilfe sah mich mitleidig an. Mona auch.
» Das glaube ich einfach nicht!« Mona hielt den Löffel ihrer Latte Macciato bewegungslos in der Luft, gleich würde sie ihn fallen lassen.
» Doch. Hier!« Ich schniefte und gab ihr den Brief, in dem schwarz auf weiß meine fristlose Kündigung stand.
Sie stellte die typische Frage: » Und was willst du jetzt machen?«
» Hm, ich wüsste da schon was…« Ich holte schluchzend Luft und erzählte ihr von Hamburg aktuell. Bis jetzt hatte sich das noch nicht ergeben, und ich hatte ja auch nicht gewusst, dass diese Bewerbung für mich jetzt so wichtig werden würde. » Man sagt doch: Wenn irgendwo ein Fenster zufällt, öffnet sich eine Dachluke oder so ähnlich.«
Konnten wir jetzt nur hoffen, dass ich dort angenommen wurde, sonst hatte ich wirklich bald ein großes Problem. Ich versuchte, das mulmige » Scheiße, ich bin gerade gefeuert worden«-Gefühl zu unterdrücken und das Beste aus der Situation zu machen. Fristlos gekündigt hieß, dass ich noch die drei Wochen bis Ende des Monats arbeiten durfte und natürlich mein Gehalt für April noch bekam, danach musste ich zusehen, wie es weiterging. Eine Zusage von Hamburg aktuell hatte ich ja noch nicht, aber ich würde alles daransetzen, dass ich dort genommen wurde und einen Neustart hinlegen konnte.
Wir liefen zurück zum Sender, Mona hatte noch viel zu tun, ich bereitete meine Abendschicht vor und drückte mir selbst die Daumen, dass ich von der Nachrichtenagentur bald eine Zusage bekam.
Jonas erzählte ich am Telefon von meiner Kündigung, er war nicht ganz so überrascht, wie ich erwartet hatte, tröstete mich aber dennoch angemessen, indem er vorschlug, nach der Arbeit etwas Schönes zu kochen und auf mich zu warten. Nach der Arbeit fuhr ich kurz in meiner Wohnung vorbei, um einen Blick in meinen Briefkasten zu werfen. Leer. Keine Antwort von Hamburg aktuell. Wäre ja auch zu schön gewesen.
Gegen halb zwölf Uhr nachts tauchte ich bei Jonas auf. Kaum hatte ich seine Wohnung im zweiten Stock erreicht, fiel ich ihm auch schon heulend in die Arme.
» Was machst du denn auch für Sachen?«, murmelte er und streichelte meinen Kopf. Ich heulte ohne Unterlass, die ganze Nacht. Er hielt mich fest, murmelte beruhigend auf mich ein und küsste mich. Unter Schluchzern und Seufzern schlief ich endlich frühmorgens ein. Als ich am Vormittag aufwachte, ins Bad ging und in den Spiegel sah, erschrak ich fast zu Tode: Durch das stundenlange Weinen waren meine Augen so zugeschwollen, dass sie kaum noch zu sehen waren, und die Tränenflüssigkeit hatte bei mir eine Art Neurodermitis ausgelöst, so dass ich mit roten, schuppigen und verquollenen Augen in den Sender musste. Mein Leben konnte kaum noch schlimmer werden.
23
Ui, Wahnsinn, heute startet unser NEMO-Kurs, ich bin ja schon so aufgeregt. Nach den Babykursen Pekip und Delfi ist NEMO in Hamburg der neueste Schrei. Wie ich im Internet recherchiert habe, steht die Abkürzung dabei für N atürlichkeit, E rkenntnis, M ut und O ffenheit und soll den Babys die individuelle Entwicklung im Einklang mit der Natur erleichtern. Das klingt toll, allerdings ist es, wie wohl bei allen anderen Babykursen auch, nicht ganz so leicht, einen Platz zu bekommen. Im Grunde hätte ich Maja schon anmelden müssen, bevor ich wusste, dass ich mal Kinder haben möchte. Nur dadurch, dass sich eine andere Mutter kurz vor meinem Anruf in der Elternschule abgemeldet hat, weil sie doch lieber zum Pekip geht, dürfen wir nun offiziell zum ersten Treffen des NEMO-Kurses antreten.
Maja ist inzwischen süße drei Monate alt, aber nicht ganz so aufgeregt wie ich, lässt sich widerstandslos anziehen und meckert auch nicht, als ich sie in die Tragetasche lege und die vier Stockwerke runterschleppe. Ich denke, das macht ihr auch Spaß, so durch die Luft geschwenkt zu werden, vielleicht ein bisschen wie Schiffschaukel für Babys.
Nachdem ich jetzt vier Kilo abgenommen habe und mich abends regelmäßig auf dem Stepper quäle, fühle ich mich wieder wohler in meiner Haut und
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