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Wickelkontakt - Roman

Titel: Wickelkontakt - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katri Dietz
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will auch meiner Süßen etwas Gutes tun. Ein bisschen hege ich auch die Hoffnung, bei dem Kurs mal eine nette Mami kennenzulernen. Mona hatte sich ja geweigert, mit mir zusammen schwanger zu sein, hatte mir einen Vogel gezeigt und gelacht. Vor allem fehlt ihr ja immer noch der Mann zum Babyglück, also war mein Vorschlag tatsächlich etwas unrealistisch gewesen. Schade, denn so richtig kann einfach niemand außer einer Mutter verstehen, wie sich durch ein schreiendes oder lächelndes oder spuckendes Bündel von dreitausendzweihundertvierzig Gramm alles verändert. Und andere Muttis kenne ich eben nicht, so dass ich das jetzt mal ändern will.
    Die zwei dicken rothaarigen Zwillingsmädchen von über uns reißen mich noch im Treppenhaus aus meinen Gedanken, trampeln an uns vorbei und grüßen mal wieder nicht– dafür stampfen sie noch ein bisschen lauter, als sie mich sehen, einfach nur so, um mich zu ärgern, weil ich mich mal bei der Mutter beschwert hatte, dass ihre dicken Mädchen immer so laut sind. Da war ich aber noch nicht schwanger.
    Inzwischen weiß ich: Kinder sind so! Da kann man gar nichts machen. Und beschwer dich niemals über Kinder in deinem Haus, falls du vorhast, selber eins zu kriegen, denn du bekommst es vom Schicksal (und von den Nachbarn) doppelt und dreifach heimgezahlt!
    Auch über Majas zarte, leise Schreie haben sich doch schon Nachbarn aus dem Nebenhaus beschwert, eine absolute Unverschämtheit, wie ich finde! Sie hatte eben Bauchschmerzen, das ist ganz normal in dem Alter. Jaaa, auch nachts um vier! Völlig normal! Sie haben wohl keine Kinder, wie??? Jetzt freue ich mich, endlich auch diesen Satz herausschmettern zu können!
    » Du polterst später aber nicht so rum, nicht wahr, Süße?«, flüstere ich Maja zu, die mich anstrahlt und mit ihren kleinen dicken Ärmchen rudert. Das heißt: » Ja, Mama, ich mache alles, was du willst!« auf Majisch, und ich liebe sie abgöttisch dafür.
    Weniger liebe ich die sieben Stufen in den Keller, die ich jetzt den schweren Kinderwagen hochziehen muss, ächz. Wer hat bloß Mehrfamilienhäuser erfunden?, grübele ich, und nicht ganz zum allerersten Mal macht sich der Wunsch nach einem Eigenheim mit Garten und Parkplatz vor der Tür in mir breit. Aber nein, igitt, wie spießig!, wehrt sich mein altes Ich und meckert lautstark mit mir. Ach, was heißt spießig, das sind wir durch Hochzeit und Kind ja eh längst, dann können wir auch gleich noch aufs Land ziehen, hält mein neues Ich dagegen, als ich Maja in ihrer Hartschale im Kinderwagen befestige und mir dabei an den Schnallen gleich zwei mal die Finger klemme. Bis zur Elternschule, wo der NEMO-Kurs stattfindet, ist es ungefähr einen Kilometer durch den Stadtpark, ich hoffe nach einem Blick nach draußen inbrünstig, dass es nicht anfängt zu regnen, weil ich auch nach zwölf Wochen noch nicht weiß, wie ich Regenverdeck und Kinderwagen sinnvoll miteinander in Einklang bringe, und schiebe los.
    Nach zwanzig Minuten bin ich zum Glück trocken an der Elternschule angekommen, es ist zehn Uhr morgens (also nach alter Zeitrechnung noch mitten in der Nacht), und Maja ist beim Spaziergang doch glatt wieder eingeschlafen. Ich könnte jetzt einfach umdrehen und keine neuen Erfahrungen sammeln– entscheide mich aber dann doch dafür, mir den Kurs mal anzuschauen, und nehme meine Schlafmaus samt Tasche behutsam aus dem Wagen.
    Komisch, bin ich ganz alleine hier? Oder wo sind die anderen Kinderwagen? Ich gehe hinein und befinde mich in einer Art Kindergarten, mit vielen bunten Zeichnungen an den Wänden, Kinderstühlen und kleinen Tischen– wie bei Alice im Wunderland fühle ich mich. Mein Baby schläft friedlich, und ich bin voller Erwartungen. Da ich nicht genau weiß, wo der Raum sein soll, folge ich einfach dem Babygeschrei, komme ans Ende eines Flures, wo mir auf einer Tür ein warmgelbes Poster mit der Aufschrift » NEMO– Auf den Spuren der Natur« entgegenleuchtet; auf aufgeklebten Fotos sieht man glückliche nackige Babys. Ich zögere kurz, reiße mich dann aber zusammen und die Tür einfach auf.
    » Hallo!«, sage ich freundlich in die Runde und bin, obwohl ich vom N wie Natürlichkeit wusste, doch etwas erstaunt, denn so wörtlich hatte ich das nicht genommen: Hier sind nämlich nicht nur die Babys, sondern auch die meisten der circa zwölf Mütter nackt! Jedenfalls oben rum. Aber na ja gut, ich will mal nicht so sein, ich bin ja auch nicht prüde, und jeder wie er– äh– sie will. Ich

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