Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Wickelkontakt - Roman

Titel: Wickelkontakt - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katri Dietz
Vom Netzwerk:
Ich bekomme ja kein Kind, um es abzugeben!« (Zustimmendes Gemurmel aus dem NEMO-Kreis– ich erschauere und checke schon mal meine Fluchtmöglichkeiten, die da wären: Tür oder Fenster.)
    Sie ist noch nicht fertig. » Mein Mann findet auch, ich sollte jetzt lieber mal zu Hause bleiben, und dann wollen wir ja auch bald das zweite Kind. Ich finde so einen kurzen Abstand einfach wahnsinnig wichtig für die Kiddies, da haben die einfach mehr davon. Außerdem kann ich dann beide noch stillen, vielleicht sogar gleichzeitig, das wäre schön– ihr kennt ja bestimmt das Tandem-Stillen? (Zustimmendes Gemurmel der anderen, ich dagegen werde blass. Zwei auf einmal? Ich erschauere.)
    Nicole schwärmt weiter: » Ich persönlich finde es auch eine Befreiung, nicht mehr im Büro sitzen und Kundentermine einhalten zu müssen, sondern mich rund um die Uhr um meinen Amadeus kümmern zu können. Ach ja, und meine Heilpraktikerin sagte auch noch, er hätte jetzt schon hoch begabte Züge, nicht wahr, mein Schatz?«
    Klein-Amadeus, der bestimmt mal ein großer Musiker werden soll, sabbert jetzt zufrieden an seinem Spucktuch rum und macht dabei eher keinen so hoch entwickelten Eindruck. Außerdem fängt er gerade an, auf die blaue Matte zu pullern, was die Mutter mit einem » Och wie schön, da lassen wir der Natur einfach ihren Lauf« quittiert, woraufhin die Kursleiterin aber flugs einen feuchten Lappen und eine Küchenrolle herauskramt und sie der Mutter mit dem Wort » Wegwischen« in die Hand drückt.
    Na also, es geht doch. Ich verkneife mir ein Grinsen.
    » Schläft dein Kind viel?«, flüstert mir jetzt die Mami zu, die links neben mir auf der blauen Matte sitzt. Sie ist ebenfalls bis auf die Unterwäsche ausgezogen, hat blaue Augen, eine Brille und kurze blonde Haare. Angezogen sähe sie bestimmt nett und normal aus.
    » Ja, den ganzen Tag«, flüstere ich zurück und lächle sie an.
    Sie scheint verwundert. » Wie, den ganzen Tag?«, hakt sie nach. » Mehrere Stunden am Stück?«
    » Ja«, nicke ich, jetzt etwas zurückhaltender. Soll doch normal sein, oder? Es heißt ja nicht umsonst » Schlafen wie ein Baby«.
    » Da müsstest du mal zum Arzt gehen und abklären lassen, ob sie nicht die Schlafkrankheit hat, das ist ja schon nicht ganz normal«, sagt die Mami mit der Brille und wendet sich von mir ab.
    Ich bin erschüttert. Die Schlafkrankheit? Spinnt die? Wahrscheinlich ist sie einfach neidisch, tröste ich mich und lächle mein schlafendes Wonnekind an. Soll sie doch!
    Die nächste Mami, die sich vorstellt, ist mit ihrer beigen Bio-Unterwäsche auch sehr hübsch angezogen. Nachdem ich mich einigermaßen an diese freizügige Runde gewöhnt habe, finde ich, sie macht eigentlich einen ganz netten Eindruck. Das ändert sich aber wieder, als sie den Mund aufmacht:
    » Hallo, ich heiße Cordula, bin neunundzwanzig und von Beruf ›glückliche Hausfrau und Mutter‹.«
    Die anderen Teilnehmerinnen quittieren diese Aussage mit freundlichen Blicken und anerkennendem Gemurmel, ich rolle mit den Augen. Das kann ich mir leider nicht verkneifen, ist wohl so eine Art Reflex.
    Cordula fährt fort: » Auf unseren Thymian haben wir lange warten müssen, aber nach zwei Jahren hat es dann doch geklappt, weil wir nur noch bei Vollmond geherzelt haben, und das hat dann gefruchtet. Ich bin total glücklich darüber und stille natürlich auch, obwohl ich schon wegen meiner entzündeten Brust häufiger im Krankenhaus war. Die Schmerzen genieße ich aber und ertrage sie auch ohne Schulmedizin. Das ging früher ja auch, da haben die Frauen ihre Kinder auf dem Kartoffelacker bekommen und hinterher weitergearbeitet, also will ich mich mal nicht beklagen. Die Geburt war übrigens für mich das allerschönste Erlebnis, das ich je hatte…« (Hier muss ich kurz unterbrechen: Häh? Ich frage mich, was die arme Cordula Furchtbares erlebt haben muss, damit die GEBURT– Entschuldigung?– das Schönste in ihrem Leben gewesen sein konnte? Ich merke schon, das hier werden nicht meine Freundinnen…)
    » Also, erst mal die Wehen, die waren ein Gottesgeschenk – jede Wehe bringt dir ja dein Kind näher, die habe ich dann auch richtig genossen und ganz bewusst veratmet. Viele wissen ja gar nicht, was ihnen da entgeht! Eine PDA wollte ich natürlich von Anfang an nicht, ich wollte dieses schönste Erlebnis einfach ganz unverfälscht genießen – und das war so unglaublich schön.« Die anderen zehn Frauen nicken und murmeln bestätigend: » Wunderbar!« Ich

Weitere Kostenlose Bücher