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Wickelkontakt - Roman

Titel: Wickelkontakt - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katri Dietz
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wieder im Hinterkopf anklopft. Jetzt nicht, komm später wieder, denke ich, und nicke sanft ein, während draußen der Regen prasselt und drinnen das Feuer im Ofen knistert.

32

    Konzentriert starrte ich auf den Bildschirm und nippte dabei an meinem braunen Plastikbecherkaffee aus dem Automaten. In der stickigen Schnittkabine von Hamburg aktuell roch es immer nach Kaffee. Robert, ein Redakteur, mit dem ich oft zusammenarbeitete, schnitt gerade meine Umfrage: » Wie verbringen Sie den heißesten Herbst seit tausend Jahren?«
    Meine Kollegen hier waren alle nett, Robert und ich waren auch vom Humor her auf einer Wellenlänge, und mit allen konnte man gut auskommen. Ich war stolz, diese Agentur mit aufbauen zu dürfen, Hamburg aktuell hatte auch schon beständige Kontakte zu den großen Fernsehsendern, Marciewski machte einen guten Job und war ein loyaler Chef. Und wie besprochen wurde ich als Reporterin eingesetzt, blieb aber hinter beziehungsweise neben der Kamera, nur gelegentlich war meine Stimme zu hören.
    Das Umfragen-Einholen war beim Fernsehen nicht anders als beim Radio. Man musste einfach immer ganz viele Leute nerven und ausfragen, und wenn einem das nichts ausmachte, dann war das gut. Um trotzdem bald auch vor der Kamera zu stehen, hatte ich mir einen Plan überlegt, und langsam wurde es Zeit, ihn in die Tat umzusetzen. Wenn das gelang, würde ich damit zwei Fliegen mit einer Klappe schlagen.
    Meine Hochzeitsplanung lief auf vollen Touren, ich hatte gleich nach Jonas’ Antrag ein Datum gefunden: Am 5 . 5 . 2005 sollte unsere Traumhochzeit stattfinden. Dass da ausgerechnet Himmelfahrt und somit die meisten Ämter geschlossen waren, war mir doch egal! Ich wollte diesen Tag, und ich würde ihn auch bekommen, schwor ich mir. Immerhin konnte eine Ehe, die am 5 . 5 . 2005 geschlossen wurde, nur unter einem guten Stern stehen. Ich glaubte an die Kraft der Zahlen und wollte alles dafür tun, das Schicksal positiv zu beeinflussen, damit Jonas und ich an diesem Tag heiraten konnten. Fünf war außerdem meine Lieblingszahl, und allein das musste uns dann ja Glück bringen. Vielleicht mochte sich das für Außenstehende abergläubisch anhören, ich war jedenfalls davon überzeugt, dass es stimmte. Dafür war ich auch bereit, einiges auf mich zu nehmen, zum Beispiel einen Gang zum Chef. Ich hatte nämlich eine Idee, die ich ihm unterbreiten wollte. Und dann könnte ich ganz einfach Arbeit und Vergnügen, Karriere und Kirche miteinander verbinden.
    » Herr Marciewski?«, fragte ich zaghaft in dessen Büro hinein, nachdem ich mich bei seiner Sekretärin vergewissert hatte, dass er im Lande, im Hause und sogar am Platze war, wie es immer so schön gestelzt hieß. Marciewski blickte vom Sportteil seiner Zeitung hoch.
    » Ja, Frau, äh, Frau…?«, sagte er.
    » Sonnenberg«, half ich ihm auf die Sprünge. War ja auch zu viel verlangt, dass er sich die Namen all seiner vierzehn Mitarbeiter merkte. Ich setzte mich ihm gegenüber auf den Untergebenensessel.
    » Ich hätte da mal einen Themenvorschlag, über den wir noch nicht gesprochen haben«, fing ich an. Er wartete und guckte mich aufmunternd an.
    » Der 5 . 5 . 05 ist doch sicher ein begehrtes Hochzeitsdatum, so wie dieses Jahr der 4 . 4 . 04 , und so weiter«, sagte ich, und er nickte zögerlich.
    » Da ist zwar nächstes Jahr laut Kalender Himmelfahrt, aber vielleicht finden wir ja ein Pärchen, das wir begleiten können, das trotzdem genau an diesem Tag heiratet. Sozusagen unter dem Motto ›allen Widrigkeiten der deutschen Bürokratie zum Trotz haben wir uns hier zusammengefunden‹.«
    Hier lachte ich ein bisschen, was aber an meinem Chef vorbeiging. Trotzdem hörte er interessiert weiter zu. » Dann könnten wir eine schöne Hochzeitsreportage machen!«, fügte ich freudig hinzu.
    » Und an wen hatten Sie da bei dem Pärchen gedacht?«, fragte er mich, wohl ahnend, dass ich irgendwie noch mehr davon haben sollte als nur einen Auftrag.
    » Ja, da würde ich mich quasi im Selbstversuch zur Verfügung stellen«, sagte ich forsch. » Ich meine, nicht nur als Reporterin. Hamburg aktuell könnte exklusiv meine Hochzeit filmen, und ich berichte live von meinem eigenen Jawort… Was halten Sie davon?«
    Marciewski schwenkte den Kopf hin und her, was sowohl Ja als auch Nein, aber vor allem Jein heißen konnte.
    » Ich überlege es mir, aber es klingt schon mal ganz gut«, sagte er und nahm seine Zeitung wieder auf. Das hieß, das Gespräch war beendet.
    Ich ging wieder an

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