Wickelkontakt - Roman
Hosentaschen leer zu räumen und warf dabei alles auf die Decke. Leere und volle Fisherman’s-Tütchen, zerknautschte Zigarettenpackungen, alte Kontoauszüge… So langsam fragte ich mich, was das wohl sollte.
» Jonas, Schatz, alles okay?«, fragte ich.
Zur Antwort kam nur: » Der Ring!«
» Wie, der Ring?«, fragte ich dämlich nach.
» Sophie, der Ring ist weg!« Jonas fluchte und tat mir ganz aufrichtig leid.
» Ach, ist doch nicht so schlimm«, tröstete ich ihn.
» Was brauch ich ’nen Ring, wenn ich dich haben kann?«
Er suchte noch eine Weile und kramte und suchte, und ich dachte: Will ich einen Mann heiraten, der so ein Idiot ist, dass er den Verlobungsring verliert? Der vor Nervosität keinen zusammenhängenden Satz herausbringt? Und natürlich wusste ich die Antwort: JA, KLAR! Denn er war wie ich, war mein seelisches Spiegelbild. Er wollte auch immer alles perfekt machen, und dann vermasselte er alles. Dafür liebte ich ihn. Und meistens vermasselte er ja nichts, sondern es lief wunderbar. Mit ihm wollte ich Kinder, ein Haus, zusammen alt werden und Händchenhalten.
Wir passten zusammen wie Faust aufs Auge, Arsch auf Eimer, Topf auf Deckel, also, Sie wissen schon, wir waren wie Ernie und Bert. Ich nahm seine Hand, und sagte:
» Jetzt lass doch mal, ist doch egal mit dem Ring. Ja, ich will dich heiraten. Vielleicht lassen wir uns noch ein bisschen Zeit damit, aber grundsätzlich steht dem nichts im Weg. Du bist nämlich auch mein Leben und meine Liebe, und ich will nie wieder ohne dich sein!«
Dann küssten wir uns wieder, und machten noch andere Sachen, knutschten, verschmolzen miteinander, und da es schon langsam dunkel wurde und hier niemand war, hörten wir nicht auf, bis wir mit dem Sachen machen fertig waren. Dann lagen wir Arm in Arm auf der Decke.
» Du darfst dir morgen einen neuen Ring aussuchen«, versprach Jonas. Und alles war gut.
Zu Hause kritzelte ich nur noch » Bin verlobt« in mein Tagebuch, dann schlief ich glücklich mit Jonas an meiner Seite ein.
31
Ich steige aus dem Auto und atme tief die herbe salzige Seeluft ein. Endlich mal wieder am Meer, endlich etwas Sonne tanken und endlich zur Ruhe kommen.
In St. Peter-Ording ist wunderbares Wetter, Jonas und ich sind voller Vorfreude auf unser langes Wochenende, das erste im September, und auch Maja hat die Autofahrt hierher gut gemeistert, indem sie friedlich geschlafen hat.
Das Ferienhäuschen hinterm Deich in St. Peter sieht rustikal und gemütlich aus, ein hübsches Reetdach über nostalgischem Fachwerk und ein paar verblühte Kletterrosen unterstreichen den romantischen Charakter. Hier können wir es doch bis Montag aushalten.
Jonas und ich haben, seit Maja auf der Welt ist, viel zu wenig Zeit miteinander verbracht. Darüber haben wir erst gestern wieder gesprochen, und das ändern wir ja nun auch gerade. Maja wacht auf, ist aber lieb und ausgeglichen, wir wollen erst die Sachen auspacken, und dann zum Strand. Apropos Sachen…
» Sag mal, der Kofferraum kommt mir gar nicht so klein vor wie sonst, woran kann das denn liegen?«, frage ich Jonas, als ich in der einen Hand Maja in ihrem Maxi-Cosi halte und in der anderen meine diversen Taschen.
» Kommt mir auch so vor«, sagt mein Mann, und wir sehen uns eine Weile nachdenklich an. Dann fällt es mir ein. Aber das kann nicht sein, so blöd kann man doch gar nicht…
» AAAAAHHHHRRRGG«, kreische ich und deute mit dem Finger auf den Kofferraum, so dass Maja sich erschreckt und anfängt zu weinen.
» Schschschsch«, mache ich beruhigend zu ihr, während Jonas gleichzeitig ruft: » Der Kinderwagen!« und sich vor den Kopf schlägt. Das hätte ich auch am liebsten gemacht, ihm vor den Kopf gehauen, aber ich habe ja die Hände voll. NEIN! Wie dämlich von uns! Dumm und dümmer fahren an die Nordsee, na Prost Mahlzeit! Urlaub mit Baby ohne Kinderwagen– wie soll das denn funktionieren? Ich bin ja auch nicht grundsätzlich gegen Tragehilfen wie Tücher, Ergo Carrier und Co, aber ich liebe doch meinen Kombikinderwagen, und gerade für den langen Weg zum Strand hätte man den doch gut gebrauchen können! Wer St. Peter kennt, weiß, wovon ich spreche. Die Holzbrücke zum Meer ist ungefähr sieben Kilometer lang (gefühlt), und man braucht circa drei Stunden (realistisch). Zum Glück befindet sich an ihrem Ende ein Restaurant auf Stelzen.
Weiter als bis dahin hatten Jonas und ich es auch ohne Baby und Millionen Klamotten noch nie geschafft, weil ich immer von dem langen
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