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Widersacher-Zyklus 01 - Das Kastell

Widersacher-Zyklus 01 - Das Kastell

Titel: Widersacher-Zyklus 01 - Das Kastell Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: F. Paul Wilson
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deutschen Soldaten zu schießen, aber irgendwie wünschte er sich einen Vorwand, die Waffe ziehen und abdrücken zu können.
    Der Mann ließ die Hand sinken und wich zurück. Wörmann entspannte sich.
    Was ist bloß mit mir los? Er hatte noch nie Haß empfunden, nicht einmal auf dem Schlachtfeld, wenn er auf Feinde zielte. Er wußte, daß sie nur ihre Pflicht taten, wie er selbst.
    Als der Soldat sich straffte und die schwarze Uniform glattstrich, richtete Wörmann seinen Blick auf Magda. Sie zog die Fetzen ihrer Bluse über der nackten Brust zusammen, drehte sich ruckartig um und versetzte ihrem Peiniger eine so schallende Ohrfeige, daß der Mann das Gleichgewicht verlor und zurücktaumelte.
    Die junge Frau zischte einige zornige Worte auf rumänisch, schob sich an Wörmann vorbei und griff nach dem Wassertopf, dessen Inhalt zum größten Teil verschüttet war.
    Der Major sah wieder den Soldaten an.
    »Wie heißen Sie?«
    »Leeb, Herr Major. Ich gehöre zur SS.«
    »Geschieht es häufiger, daß Sie im Dienst Frauen vergewaltigen?«
    Keine Antwort.
    »Was ich gerade beobachten mußte … Gehört es zu Ihren Dienstpflichten hier im Keller?«
    »Sie ist doch nur eine Jüdin.«
    Offenbar glaubte Leeb, daß das als Erklärung genügte.
    »Beantworten Sie meine Frage, Soldat!« Wörmann verlor allmählich die Beherrschung. »Ist versuchte Vergewaltigung Teil Ihrer dienstlichen Aufgaben?«
    »Nein, Herr Major«, erwiderte Leeb ebenso zögernd wie trotzig.
    Wörmann trat näher heran und nahm ihm die Maschinenpistole ab. »Sie stehen unter Arrest, Gefreiter!«
    »Aber …«
    Leeb hob den Blick und sah zur Treppe. Wörmann dreht sich nicht um. Er ahnte, wer hinter ihm stand.
    »Sie stehen unter Arrest, weil Sie Ihren Posten verlassen haben. Feldwebel Oster wird über eine angemessene Strafe für Sie entscheiden.« Er zögerte, drehte den Kopf – und sah direkt in Kämpffers Augen. »Es sei denn natürlich, der Sturmbannführer hat besondere Disziplinarmaßnahmen im Sinn.«
    Kämpffer hätte das Recht gehabt, an diesem Punkt einzugreifen: Er war der Befehlshaber der SS-Gruppe. Darüber hinaus war Kämpffer im Auftrag des Oberkommandos hier, dem letztendlich alle Streitkräfte unterstellt waren. Trotzdem sind ihm jetzt die Hände gebunden, dachte Wörmann zufrieden. Er kann den Gefreiten nicht ungeschoren davonkommen lassen – immerhin hat Leeb seinen Posten verlassen, und auf eine derartige Pflichtvernachlässigung muß jeder Offizier reagieren. Tja, mein lieber Erich: Du sitzt in der Falle.
    »Bringen Sie ihn fort, Feldwebel«, sagte der Sturmbannführer scharf. »Ich kümmere mich später um ihn.«
    Wörmann reichte Oster die Maschinenpistole und sah den beiden Männern nach.
    Als Leeb und der Feldwebel außer Hörweite waren, richtete Kämpffer seine Aufmerksamkeit wieder auf den Major. »In Zukunft werden Sie den SS-Soldaten keine Anweisungen mehr erteilen«, knurrte er. »Sie stehen nicht unter Ihrem Befehl, sondern unter meinem !«
    Wörmann ging die Treppe hinauf, und als er sich auf ei ner Höhe mit Kämpffer befand, drehte er sich jäh zu ihm um.
    »Dann sorgen Sie gefälligst dafür, daß sich Ihre Männer wie anständige deutsche Soldaten betragen!«
    Der SS-Offizier erblaßte sichtlich.
    »Hören Sie mir gut zu, Herr Sturmbannführer«, fuhr Wörmann eisig fort und machte dabei keinen Hehl aus seiner Verachtung. »Ich weiß nicht so recht, wie ich Ihnen das klarmachen soll. Ich würde gern an Ihre Vernunft appellie ren, aber ich fürchte, das hat keinen Zweck. Deshalb wende ich mich an Ihren Überlebensinstinkt – wir wissen beide, wie gut er ausgeprägt ist. Denken Sie nach: In der vergangenen Nacht ist niemand gestorben. Und der einzige Unterschied zu den anderen Nächten besteht in der Anwesenheit der beiden Juden aus Bukarest. Es muß einen Zusammenhang geben. Halten Sie also Ihre Bestien in den schwarzen Uniformen zurück. Vielleicht sind der Professor und seine Tochter wirklich imstande, weitere Morde zu verhindern.«
    Er wartete keine Antwort ab und ging die Treppe hinauf, um nicht der Versuchung zu erliegen, Kämpffer auf der Stelle zu erdrosseln. Nach einigen Sekunden setzte sich auch der Sturmbannführer in Bewegung und folgte ihm. Wörmann blieb vor der Tür im ersten Stock des Wachturms stehen, klopfte an. Und trat sofort ein. Er wollte höflich sein – und gleichzeitig seine Autorität bewahren.
    Der Professor hob nur kurz den Kopf, als die beiden Deutschen hereinkamen. Er saß allein im ersten

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