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Widersacher-Zyklus 01 - Das Kastell

Widersacher-Zyklus 01 - Das Kastell

Titel: Widersacher-Zyklus 01 - Das Kastell Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: F. Paul Wilson
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Vorrechte geltend machen.
    Wörmann spürte, daß die Tünche der Solidarität abzubröckeln begann.
    Gegen Mittag kam es zu neuerlicher Unruhe. Schwarze und graue Uniformen bildeten ein dichtes Gedränge, als Magda erneut über den Hof ging. Zwei Männer wurden beiseite gestoßen, verloren den Halt und fielen zu Boden. Wörmann reagierte sofort und schickte Feldwebel Oster mit dem Auftrag, einer handfesten Auseinandersetzung vorzubeugen. Bevor es zu einer regelrechten Prügelei kommen konnte, zog sich Magda in ihr Turmquartier zurück.
    Doch kurz nach dem Essen verließ sie es wieder und suchte Wörmann auf. Sie sagte ihm, daß ihr Vater ein Kruzifix für seine Nachforschungen brauchte. Der Major erfüllte den Wunsch der jungen Frau und gab ihr ein silbernes Kreuz, das von einem der ermordeten Soldaten stammte.
    Jetzt saßen die dienstfreien Männer getrennt voneinander auf dem Hof, während ihre Kameraden Mauern im hinteren Teil des Kastells einrissen. Wörmann überlegte, wie er weitere Schwierigkeiten beim Abendessen vermeiden sollte. Vielleicht ist es besser, dem Professor und seiner Tochter ein Tablett bringen zu lassen. Je weniger die Männer von Magda sehen, desto besser.
    Er bemerkte eine Bewegung und schob den Kopf weiter durch die Fensteröffnung. Magda. Sie zögerte am Rand des Hofs. Dann hob sie entschlossen einen Topf hoch und ging zum Kellerzugang, um Wasser zu holen. Zuerst folgten ihr nur die Blicke der Soldaten – bis die ersten aufstanden und sich ihr näherten.
    Sie versperrten ihr den Weg zum Korridor und bauten sich in einem dichten Halbkreis vor ihr auf. Als Magda langsam in Richtung Turm zurückwich, schoben sie sich näher, grinsten und riefen ihr anzügliche Worte zu. Ein SS-Bursche trat auf sie zu, wurde jedoch von jemandem in grauer Uniform abgedrängt. Der Armeesoldat griff nach dem großen Topf und bot mit einer übertriebenen Verbeugung seine Dienste an. Aber der Schwarzgekleidete gab nicht so einfach auf und versetzte ihm einen heftigen Stoß.
    Die anderen SS-Leute lachten hämisch, und das Gesicht des Soldaten lief rot an. Wörmann ahnte, was nun passieren mußte, aber er konnte nichts dagegen unternehmen. Er befand sich in der dritten Etage des Wachturms: Er brauchte mindestens eine halbe Minute bis zum Hof, selbst wenn er sich beeilte. Hilflos sah er mit an, wie der Mann in der grau en Uniform mit dem Topf ausholte und ihn an den Kopf des SS-Manns schmetterte.
    Der Major ballte unwillkürlich die Fäuste, wandte sich mit einem Ruck vom Fenster ab und lief schnell die Treppe hinunter.
    Als er den untersten Absatz erreichte, sah er Magda, die mit wehendem Rock in ihrem Quartier verschwand und die Tür hinter sich zuschlug. Auf dem Hof ging es drunter und drüber. Wörmann feuerte zweimal seine Pistole ab, bevor wieder Ruhe einkehrte.
    Theodor Cuzas Tochter muß aus der Feste verschwinden, dachte er grimmig.
     
    Wörmann überließ es Feldwebel Oster, für Ordnung zu sorgen, und kehrte anschließend in die erste Etage des Turms zurück. Kämpffer war jetzt sicher damit beschäftigt, seinen Leuten die Leviten zu lesen, und das gab dem Major die Möglichkeit, Magda fortzuschicken, bevor der Sturmbannführer eingreifen konnte.
    Diesmal hielt er sich nicht damit auf, an die Tür zu klopfen. Er trat einfach ein. »Fräulein Cuza!«
    Der alte Mann saß am Tisch – von seiner Tochter war weit und breit keine Spur.
    Wörmann ignorierte den Professor. »Fräulein Cuza!«
    »Ja?« Sie trat aus dem Nebenzimmer und musterte ihn besorgt.
    »Ich möchte, daß Sie Ihre Sachen packen und das Kastell unverzüglich verlassen. Sie haben zwei Minuten Zeit, mehr nicht.«
    »Ich kann meinen Vater nicht allein lassen!«
    »Zwei Minuten. Dann verschwinden Sie von hier. Mit Ihren Sachen oder ohne.«
    Er hoffte, daß seine Miene das richtige Maß an Entschlossenheit zeigte. Es behagte ihm ganz und gar nicht, die junge Frau von ihrem Vater zu trennen – es konnte kein Zweifel daran bestehen, daß Theodor Cuza ihre Hilfe brauchte –, aber er mußte in erster Linie an die Disziplin seiner Männer denken. Magda war ein Störfaktor, der die allgemeine Moral beeinträchtigte.
    Sie warf dem alten Mann einen bittenden Blick zu, doch der Professor blieb unbewegt und schwieg. Daraufhin atme te Magda tief durch und kehrte ins Nebenzimmer zurück.
    »Ihnen bleiben nur noch anderthalb Minuten!« rief Wörmann ihr nach.
    »Anderthalb Minuten wofür?« erklang eine Stimme hinter ihm – Kämpffer.
    Der Major seufzte und

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