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Widersacher-Zyklus 01 - Das Kastell

Widersacher-Zyklus 01 - Das Kastell

Titel: Widersacher-Zyklus 01 - Das Kastell Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: F. Paul Wilson
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»Möchten Sie etwas Käse?«
    Magda nickte und setzte sich zu ihm. Sie verspürte nicht annähernd so großen Appetit, wie sie zunächst geglaubt hat te, begriff jedoch, daß sie etwas zu sich nehmen mußte. Außerdem wollte sie die Gelegenheit nutzen, Iuliu einige Fragen zu stellen.
    »Ihr neuer Gast …«, begann sie wie beiläufig und probierte den Käse. »Offenbar frühstückt er in seinem Zimmer.«
    Der Wirt runzelte die Stirn. »Er ist nicht in der Küche gewesen. Vielleicht hat er seinen eigenen Proviant mitgebracht.«
    Magda hob die Brauen und dachte an Glenns Bemerkung, daß Lidia vermutlich das Essen für ihn fertig habe. Nur ein Vorwand, um in die Herberge zurückzukehren?
    »Sagen Sie, Iuliu … Warum waren Sie gestern abend so nervös, als Glenn eintraf?«
    »Nervös?« Der Wirt sah kurz auf, winkte dann aber ab.
    »Sie haben am ganzen Leib gezittert«, sagte Magda. »Glenn hat Sie zutiefst beunruhigt. Bitte nennen Sie mir den Grund dafür. Wenn mit dem Fremden etwas nicht stimmt … Ich habe ein Recht darauf, davon zu erfahren. Schließlich liegen unsere Zimmer direkt gegenüber.«
    Iuliu zögerte. »Sie halten mich bestimmt für einen Narren …«
    »Nein. Das verspreche ich.«
    »Na schön.« Der Wirt legte das Messer beiseite, beugte sich vor und sprach in einem verschwörerischen Tonfall. »Als ich ein Junge war und mein Vater das Gasthaus führte, bezahlte er die Arbeiter in der Feste. Eines Tages fehlte et was von dem Gold, das er bekommen hatte. Er behauptete, es sei ihm gestohlen worden, und deshalb konnte er den Arbeitern nicht die volle Summe auszahlen. Dieser Vorfall wiederhol te sich, kurz nachdem er weitere Münzen bekam. Einige von ihnen verschwanden einfach. Dann betrat eines Abends ein Fremder die Herberge und schlug meinen Vater. Er verprügelte ihn regelrecht und forderte ihn auf, das fehlende Geld zu suchen.« Iuliu holte tief Luft und starrte kurz ins Leere. »Ich sage es nicht gern, aber wie sich herausstellte, hatte mein Vater ein Teil des Goldes behalten und versteckt. Der Fremde geriet außer sich. Nie zuvor habe ich jemanden so zornig gesehen. Erneut schlug er auf meinen Vater ein und brach ihm beide Arme.«
    »Was hat das mit …«
    Der Wirt unterbrach Magda und sprach noch leiser. »Bitte glauben Sie mir: Mein Vater war ein ehrlicher Mann, doch zur Jahrhundertwende herrschte bittere Not in dieser Gegend. Er hat nur deshalb einige Münzen behalten, um sicher zu sein, daß wir den nächsten Winter überstehen konnten. Er hätte das Geld sicher zurückgezahlt …«
    »Iuliu!« warf Magda ungeduldig ein. »Was hat das alles mit Glenn zu tun?«
    »Sie sehen völlig gleich aus, Domnisoara . Ich war damals erst zehn Jahre alt, aber ich erinnere mich genau an den Mann, der meinen Vater geschlagen hat. Er hatte rotes Haar und olivfarbene Haut.« Iuliu starrte ins Leere. »Der Fremde war gut dreißig Jahre alt, und inzwischen sind vierzig Jahre vergangen. Es muß also jemand anders gewesen sein. Doch gestern abend … Ich … ich befürchtete, daß Glenn gekommen ist, um auch mich zu bestrafen.« Als er Magdas fragenden Blick auf sich spürte, fügte er hastig hinzu: »Was nicht heißen soll, daß irgendwelche Goldmünzen fehlen. Es ist den Arbeitern zwar im Moment verboten, die Feste zu betreten, aber ich bezahle sie trotzdem. Ich möchte mir nicht nachsagen lassen, einen Teil ihres Geldes eingesteckt zu haben!«
    »Ich verstehe.« Magda griff nach einem zweiten Stück Käse und stand auf. »Ich glaube, ich gehe jetzt nach oben und ruhe mich ein wenig aus.«
    Der Wirt lächelte und nickte. »Abendessen gibt’s um sechs.«
    Magda ging die Treppe hinauf, zögerte jedoch, als sie an Glenns Tür vorbeikam. Sie überlegte, womit er sich beschäftigte und ob er überhaupt hier war.
    Stickige Luft erwartete sie in ihrer Kammer, und deshalb ließ sie Tür und Fenster offen, um Durchzug zu schaffen. Iuliu hatte den Porzellankrug auf der Kommode mit frischem Wasser gefüllt. Sie schüttete ein wenig in die Schale und benetzte ihr Gesicht. Die junge Frau fühlte sich er schöpft, wußte jedoch, daß sie jetzt keine Ruhe finden konnte. Zuviel ging ihr durch den Kopf.
    Nach einigen Sekunden hörte sie ein helles Piepsen und ging ans Fenster. Unmittelbar vor der Nordmauer des Gasthauses wuchs ein großer Baum, und in den Zweigen bemerkte sie ein kleines Vogelnest. Vier winzige Köpfe ragten daraus hervor, die Schnäbel waren weit geöffnet.
    Magda wandte sich wieder um und wanderte unruhig auf

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