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Widersacher-Zyklus 01 - Das Kastell

Widersacher-Zyklus 01 - Das Kastell

Titel: Widersacher-Zyklus 01 - Das Kastell Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: F. Paul Wilson
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Bild zu beginnen. Er brachte nicht einmal die Energie auf, die Farben hervorzuholen und den an eine baumelnde Leiche erinnernden Fleck zu überpinseln. Einmal mehr richtete sich seine Aufmerksamkeit auf die seltsame Stelle. Je öfter er sie betrachtete, desto deutlichere Konturen schien sie zu gewinnen. Sie wirkte dunkler als noch vor wenigen Stunden, und der Kopf war deutlicher zu erkennen. Wörmann schauderte unwillkürlich und wandte sich ab.
    Zwei Nächte, ohne daß jemand gestorben ist, dachte er. Aber an der Atmosphäre in der Feste hat sich nichts geändert. Das Unheil existierte nach wie vor. Es … ruhte. Ist das die richtige Bezeichnung? Nein. Von »Ruhen« konnte keine Rede sein. Eher von Abwarten und Lauern. Die Soldaten klopften sich gegenseitig auf die Schultern und lenkten sich mit aufmunternden Worten von der Düsternis ab. Aber Wörmann, ihr Offizier, war allein mit seinen Sorgen. Allein mit dem Bild. Es verspottete seine Hoffnungen auf Sicherheit. Nur eine Pause im Schrecken, ein Interludium, das vielleicht noch viele Tage und Nächte dauerte – oder an diesem Abend zu Ende ging. Irgendwo in der Feste verbarg sich der Tod und war bereit, erneut zuzuschlagen. Wann und wo es ihm gefiel.
    Wörmann straffte die Schultern; er fröstelte. Irgend etwas kündigte sich an. Irgend etwas würde geschehen.
    Eine Nacht. Nur eine weitere Nacht.
    Wenn sie ohne Zwischenfälle verstrich, machte sich Kämpffer am nächsten Morgen auf den Weg nach Ploeşti. Anschließend konnte Wörmann seine eigenen Entscheidungen treffen – ohne die SS. Dann hatte er die Möglichkeit, mit seinen Männern das Kastell zu räumen, bevor sich neuerliches Entsetzen anbahnte.
    Kämpffer … Er überlegte, womit sich der arrogante Sturmbannführer die Zeit vertrieb.
     
    Erich Kämpffer, Major der Schutzstaffel, hockte vor der Eisenbahnkarte von dem Gebiet um Ploeşti, die auf dem Feldbett ausgebreitet lag. Das Tageslicht verblaßte rasch, und es fiel dem SS-Offizier immer schwerer, die dünnen Linien zu erkennen.
    Schließlich stand er auf und rieb sich die brennenden Augen. Zumindest hatte er eine Möglichkeit gefunden, den Tag sinnvoll zu nutzen. Die neue Karte des Eisenbahnknotenpunkts enthielt wichtige Informationen. Alle Einzelheiten beim Bau des Lagers waren ihm überlassen, und dazu gehör te auch die Wahl des Ortes. Kämpffer glaubte, eine geeignete Stelle gefunden zu haben. Östlich der Geleise standen einige alte Lagerhäuser, die sich als Baracken eigneten. Es dauerte sicher nur wenige Tage, die Stacheldrahtbarrieren zu errichten, und anschließend konnte die Eiserne Garde damit beginnen, die ersten Juden einzuliefern.
    Kämpffer faltete die Karte zusammen und dachte erneut an den enormen Profit, den ihm das Konzentrationslager von Ploeşti ermöglichte. Zuerst Ringe, Uhren und Schmuck der Gefangenen, dann auch die Goldzähne und das Haar der Frauen. Die Lagerkommandanten in Deutschland und Polen wurden innerhalb kurzer Zeit reich, und Kämpffer sah kei nen Grund, warum er eine Ausnahme sein sollte.
    Das einzige Hindernis auf dem Weg zu Reichtum und Ruhm war die Feste. Wenigstens schien sich die Lage normalisiert zu haben. Wenn in der kommenden Nacht nichts geschah, konnte ihn niemand daran hindern, am nächsten Morgen aufzubrechen und eine Erfolgsmeldung nach Berlin zu schicken.
    Während seiner ersten Nacht im Kastell hatte er zwei Männer verloren, aber dann hatten seine Gegenmaßnahmen Wirkung gezeigt. Kämpffer entschied, in Hinsicht auf die »Gegenmaßnahmen« einige vage Worte zu wählen, aber er wollte keinen Zweifel daran lassen, wem der Erfolg zuzuschreiben war.
    Und wenn der unbekannte Mörder nach seiner Abreise wieder zuschlug, so war das einzig und allein Wörmanns Schuld. Dann bin ich bereits vollauf mit dem Projekt Ploe ş ti beschäftigt. Das Oberkommando müßte jemand anderen schicken, der in der Feste für Ordnung sorgt.
     
    Magda erwachte, als Iulius Frau Lidia an die Tür klopfte und meinte, es sei Zeit fürs Abendessen. Mit dem kalten Wasser aus dem Porzellankrug vertrieb sie die letzten Reste der Müdigkeit. Sie verspürte keinen Appetit: Ihr Magen schien aus Dutzenden von Knoten zu bestehen; bestimmt konnte sie keinen Bissen herunterbringen.
    Sie ging ans Fenster und sah nach draußen. Der Himmel war noch nicht völlig dunkel, aber im Paß hatte bereits die Nacht begonnen. Finsternis umhüllte die Feste. Warum brannten noch keine Lichter im Hof? Hier und dort fiel ein fahler Lichtschein aus den

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