Widersacher-Zyklus 03 - Die Gabe
halb geschlossenen Augenlider.
»Myasthenia gravis.«
»Richtig. Ein unaufhörlich fortschreitender Fall. Ich … es ist so schwer zu fragen … ich fragte mich, ob Sie vielleicht –«
»Sie heilen?«
»Ja. Wenn Sie das tun würden.«
Nur über meine Leiche!, wollte Alan sagen, aber sein Gesicht blieb ausdruckslos.
»Wissen Sie zufällig, wann die Flut kommt, Senator?«
»Um zehn Uhr achtzehn.« McCready sah auf seine Uhr. »In ungefähr dreißig Minuten.«
»Gut. Dann wird das Dat-tay-vao wohl bald funktionieren.«
»Das was?«
»Die Berührung, Senator. Die heilende Berührung. Wir können es ja versuchen, nicht wahr?«
Alan wartete einen Moment, bis es genau 21:50 Uhr war. Er hatte heute lange Zeit zum Nachdenken gehabt und festgestellt, dass sein Leben schon zu oft und zu lange manipuliert worden war. Er verlangte die Kontrolle wieder, und hier wollte er beginnen. McCready konnte seine Karriere zerstören, seinen Ruf ruinieren, seine ohnehin kriselnde Ehe zum Scheitern bringen und die Welt überzeugen, dass er verrückt sei. Aber Alan Bulmer konnte immer noch entscheiden, ob und wann er das Dat-tay-vao anwenden wollte. Es war das Einzige, was ihm geblieben war.
Und es war das Einzige, was McCready wollte.
Er wusste nicht genau, was passieren würde. Alan stand auf und legte seine Hände auf den Kopf des Senators.
Draußen in der Halle erstarb der Lärm.
Bas Uhr zeigte fast zehn Uhr. Alles war ruhig – zu ruhig. Niemand war gekommen oder gegangen. Das beunruhigte ihn. Wenn sie den Doktor in die Räume des Senators bringen wollten, dann hätten sie das schon getan.
Es blieben zwei Möglichkeiten: Entweder würde Dr. Bulmer heute Abend nicht herkommen, oder der Senator war zu ihm gegangen. Dr. Axford war sich ziemlich sicher gewesen, dass der Senator in seiner Wohnung bleiben und Dr. Bulmer zu sich kommen lassen würde. Aber Dr. Axford hatte sich schon vorher geirrt.
7-1-9. Das war Dr. Bulmers Zimmernummer.
Ba stieg die Feuertreppe hinunter.
»Sie hatten wohl einige zu viel, meine Dame?«
Der blonde Bursche grinste sie anzüglich an, als sie so zusammengesunken auf der Bank saß. Er war die Kavallerie, die dem Wachmann in der Eingangshalle zu Hilfe eilte. Er stolzierte vor ihr her, als sei er sich sicher, dass keine Frau seiner Uniform widerstehen könnte. Sylvia hasste Uniformen.
»Halt die Klappe, Milchbubi«, sagte sie. »Ich fühl mich nicht gut.«
»Oh, Sie sehen aber gut aus!«
»Ja. Richtig.«
Er fasste sie sanft, aber fest am Arm. »Lassen Sie uns einen Spaziergang in die Schlafräume machen, wo wir unter vier Augen darüber reden können.«
Sylvia riss ihren Arm los. Am liebsten hätte sie auf diesen Kerl eingeschlagen, aber sie hielt sich zurück.
»Worüber reden?«
»Über den Ärger, den Sie jetzt haben, Süße. Vielleicht kommen wir da zu einer Lösung.«
Sylvia konnte sich gut vorstellen, wie seine Lösung aussehen würde. »Ich habe keine Probleme. Der Senator ist ein Freund von mir.«
»Ach ja? Wie heißen Sie denn?«
»Toad. Mrs S. Toad.«
Der Wachmann machte eine verächtliche Geste. »Schmeiß sie hier raus, Dave. Ich muss zum Senator zurück.«
Sylvias Herz hüpfte. Alan würde da sein, wo sich der Senator aufhielt. Sie zeigte plötzlich neu erwachtes Interesse an dem Wachmann.
»Du willst zum Senator?«, rief sie, erhob sich und folgte ihm zum Aufzug. »Nimm mich mit! Ich muss zu ihm!«
»Gehen Sie zum –!«, begann er und hielt dann inne. Ein berechnender Glanz erschien in seinen Augen. »Nun … in Ordnung. Was halten Sie davon, wenn ich Sie jetzt in die Privaträume des Senators bringe, und wir gucken nach, ob er da ist? Und wenn nicht« – er zwinkerte Dave zu – »dann warten wir auf ihn.«
»Dann mal los«, sagte Sylvia und nahm seinen Arm. Sie wollte unbedingt nach oben zu Alan kommen, und das war die Gelegenheit. »Der Senator ist ein alter Kumpel von mir.«
Der Sicherheitsmann tätschelte ihre Hand, als er sie zum Aufzug führte.
»Von mir auch.«
Als sich die Aufzugtür schloss und der Aufzug sich in Bewegung setzte, drängte er sich an sie und legte ihr eine Hand auf den Schenkel.
»Oooh«, sagte sie und taumelte gegen die Aufzugwand. »Mir wird vom Fahrstuhlfahren immer schlecht.« Er trat einen Schritt zurück. »Reiß dich zusammen, Süße. Wir sind gleich da.«
»Es passiert nichts«, sagte McCready, nachdem Bulmers Hände schon fast eine Minute auf seinem Kopf ruhten. Er bekämpfte das Unwohlsein, das wie ein Schauder in
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