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Widersacher-Zyklus 04 - Erweckung

Widersacher-Zyklus 04 - Erweckung

Titel: Widersacher-Zyklus 04 - Erweckung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: F. Paul Wilson
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Ihr Verstand weigerte sich das zu akzeptieren. Sicherlich würde sich ihr Leben aber durch diese Erbschaft von Grund auf ändern. Zum Besseren, wie sie hoffte.
    »Was ist los, Jim?«
    Er deutete voraus. »Sieh dir an, wer da bei Bill steht.«
    Carol erkannte den hochgewachsenen, schmuddeligen Kerl mit dem langen schwarzen Haar und der teigigen Haut.
    »Gerry Becker? Was will der denn hier?«
    Bevor Jim noch antworten konnte, drehte sich Becker zu ihnen herum und breitete die Arme aus. »Jim Stevens! Der Erbe des Hanley-Vermögens! Das ist schräg! Bleibt genau so stehen!«
    Er hob die Nikon, die an seinem Hals baumelte und knipste, als sie auf ihn zukamen. Carol hatte Gerry Becker bisher nur zweimal getroffen – beide Male auf einer Weihnachtsfeier des Monroe Express – und hatte ihn auf Anhieb verabscheut. Er hängte sich an die Menschen dran, rückte ihnen ganz eng auf die Pelle, trieb sie so in eine Ecke, und redete über sich selbst, immer nur über sich selbst. Die Leute auf den Partys wechselten sich dabei ab, ihn von jemand anderem herunterzuklauben. Er hatte Übergewicht, aber das hinderte ihn nicht daran, taillierte Hemden zu tragen. Eine dicke Speckrolle wölbte sich über seinem breiten Ledergürtel.
    Trotz der Tatsache, dass er stramm auf die Dreißig zu ging, schien er den gesamten Hippielook in sich zu vereinen – Bart, langes Haar, Wildlederjacke mit Fransen, gebatiktes Hemd, Schlaghosen, und einen Widerwillen gegen Seife. Er brauchte nur noch ein paar Perlenketten, um das Klischee zu vervollkommnen. Carol hatte eigentlich nichts gegen Hippies als solche, daher konnte sie auch nicht genau sagen, warum sie ihn nicht mochte, abgesehen vielleicht von der Tatsache, dass er im Überfluss das darstellte, was ihre Mutter als ›schmierig‹ bezeichnet hätte. Sie wusste, dass Jim ihn noch weniger ausstehen konnte als sie selbst.
    »Hallo Gerry«, sagte er und versuchte, höflich zu sein.
    In diesem Augenblick öffnete sich die Fahrstuhltür. Jim zog Carol darauf zu und sie drängten sich hinter Bill in die enge Kabine.
    »Tschüss, Gerry«, sagte Jim.
    Aber sie waren nicht schnell genug. Becker stellte sich in die Tür, bevor sie sich schließen konnte.
    »Hey Mann, du hast doch nicht etwa versucht, dich vor einem Interview mit mir zu drücken, oder, Stevens?«
    »Was machst du hier, Gerry?«
    »Soll das ein Witz sein? Der reichste Bewohner Monroes stirbt bei einem Unfall und einer meiner Kollegen beim Express gehört zu den Erben – das sind Nachrichten, Mann!«
    Aus nächster Nähe konnte Carol sehen, dass dicke Schuppen weiße Punkte in seinem öligen schwarzen Haar hinterließen. Die Haut um den Haaransatz und die Augenbrauen war gerötet, gereizt und schälte sich ebenfalls ab. Sie fragte sich, wann er wohl das letzte Mal seine Zähne geputzt hatte.
    Sie wich bis zur Rückwand der Kabine zurück.
    »Ich habe gerade mit dem guten Pater hier gesprochen«, sagte er und nickte zu Bill hinüber, »und habe ihm von damals erzählt, als ich noch bei der Tribüne war. Er sagt, sein Waisenhaus sei ziemlich großzügig bedacht worden. Wie steht es mit dir?«
    Carol sah zu Bill und sah, wie er sie anlächelte und mit den Augen rollte, als wolle er sagen ›Woher kennt ihr denn den Kerl?‹.
    Überrascht wurde ihr klar, dass dies jetzt das erste Mal war, dass er sie direkt ansah, seit sie gekommen waren. Sein Blick war den ganzen Morgen über sie hinweggeglitten oder er hatte den Blickkontakt absichtlich vermieden.
    »Ganz gut«, antwortete Jim in reserviertem Tonfall.
    Becker zückte ein Notizbuch. »Das ist zu vage. Wie wäre es mit ein paar Einzelheiten?«
    »Hör zu, Gerry.« Carol merkte, wie ihr Mann langsam wütend wurde. »Ich will jetzt nicht darüber reden. Genau gesagt ist dein Verhalten hier gerade ziemlich aufdringlich.«
    Beckers Gesicht verzog sich zu einer Grimasse, die gleichzeitig bösartig und beleidigt wirkte.
    »Ah, ich verstehe schon, Stevens. Du erbst ein bisschen Geld und sofort kennst du deine alten Freunde nicht mehr.«
    Sie spürte, wie Jim sich verkrampfte und legte ihm eine Hand auf den Arm. Er zögerte, dann kam der Fahrstuhl im Erdgeschoss an und die Türen öffneten sich. Als Jim ins Foyer hinaustrat, sagte er: »Nicht jetzt, Gerry. Komm morgen Mittag zur Hanley-Villa und ich gebe dir ein Exklusivinterview.«
    »Die Hanley-Villa? Das ist cool. Wieso da?«
    »Sie gehört jetzt mir.«
    Becker schien so verblüfft, dass er ihnen nicht einmal folgte, als sie das Gebäude

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