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Widersacher-Zyklus 04 - Erweckung

Widersacher-Zyklus 04 - Erweckung

Titel: Widersacher-Zyklus 04 - Erweckung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: F. Paul Wilson
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verstecken, so wie Jim das getan hatte?
    Er wandte seine Aufmerksamkeit wieder Bill zu, der zwar ebenfalls ein wertvolles Mitglied der Mannschaft gewesen war, aber nie wirklich dazugehört hatte. Wenn die Gespräche in der Umkleidekabine sich nicht mehr um Schule und Sport drehten und es darum ging, wer als Letzter mit Mary Jo Munsey rumgemacht hatte, dann blieb Bill immer im Hintergrund. Trotzdem war er aber auch irgendwie immer da. Er hatte magische Finger, wenn es um das Einstellen von Vergasern ging; er ging zu den Partys und den Freitagabendschwoofs und tanzte auch mit den Mädchen, er war sogar ein paar Jahre lang ziemlich regelmäßig mit Carol ausgegangen. Aber er schien sich immer ein wenig von der Masse abzuheben, er passte sich nie so ganz an. Einer von denen, die einfach irgendwie anders waren.
    Einige von den Jungs zogen ihn immer damit auf, dass er so ein Streber war, aber Jim ließ sich nie darauf ein. Er mochte Bill. Er konnte mit ihm über Dinge reden, die er bei den anderen nicht einmal anschneiden konnte. Wichtige Sachen. Ideen. Sie waren beide Leseratten, daher diskutierten sie häufig über Bücher. Er erinnerte sich noch an die langen Gespräche über Ayn Rands Atlas wirft die Welt ab, als der Roman auf den Markt kam. Sie waren selten einer Meinung, aber das machte ihre Gespräche so fruchtbar. Bill sah alles so positiv. »Idealisto« hatte Jim ihn genannt. Bill hatte ihn im Gegenzug ›Zynik-Man‹ getauft.
    Zuerst war Jim verblüfft gewesen, als er erfahren hatte, dass Bill Ryan nach der Schule ins Priesterseminar eingetreten war. »Ich hatte gedachte, du würdest KFZ-Mechaniker werden«, hatte er ihm spaßeshalber gesagt. Aber als er eine Zeit lang darüber nachgedacht hatte, war er zu dem Schluss gekommen, dass er das eigentlich hätte vorhersehen müssen. Er wusste, Bill glaubte an Gott und die Menschen und war davon überzeugt, dass Tugend und Anstand ein Wert an sich waren. Er glaubte es damals und offensichtlich tat er das auch noch heute. Jim fand das erfrischend in diesem ›Gott-ist-tot‹-Zeitalter.
    Und jetzt war er in St. Francis.
    Seltsam, wie die Dinge im Kreis verliefen.
    »Es ist schön, dich lachen zu sehen«, sagte Bill.
    »Wie meinst du das?«
    »Für jemanden, der gerade unverschämt reich geworden ist, wirktest du ziemlich trübsinnig.«
    »Entschuldige.« Jim wusste, dass das stimmte und es tat ihm wirklich leid. Er hasste es, schlechte Stimmung zu verbreiten. »Ja. Hanley hat mir in seinem Testament eine Menge Geld vermacht. Hätte er doch zu all der Kohle auch noch ein paar Worte hinzugefügt.«
    »So was wie ›mein Sohn‹?«
    Jim nickte, froh, dass Bill ihn verstand. Die alte Verbindung, die gleiche Wellenlänge, auf der sie beide dachten, funktionierte immer noch.
    »Ja. Das wäre schön gewesen.«
    »Ich glaube nicht, dass noch jemand daran zweifeln kann, dass du sein Sohn bist.«
    »Aber das reicht nicht. Ich muss alles wissen. Was ist mein Vaterland? Vor wem sollte ich salutieren und wen anpissen? Soll ich bei der Marseillaise aufstehen oder bei ›Danny Boy‹ in Tränen ausbrechen? Sollte ich im Schlafzimmer ein Hakenkreuz versteckt halten und jeden Abend ›Sieg Heil‹ brüllen oder doch eher für ein paar Jahre in einen Kibbuz gehen? Wenn ich von Hanley abstamme, woher zum Teufel ist er dann gekommen?«
    »Wenn man sich deine kulinarischen Vorlieben ansieht«, sagte Carol, »dann musst du auf jeden Fall italienisches Blut in dir haben.«
    Bill sagte: »Wenigstens weißt du jetzt, wer dein Vater ist. Wer dein Vater war. Er hat dich offensichtlich nie vergessen.«
    »Ja, aber er hätte mich auch offiziell anerkennen können.«
    Er spürte, wie Carols Hand in seine glitt. »Von mir wirst du ganz offiziell anerkannt.«
    Bill sagte: »Ich finde auch, dass du jetzt ziemlich offiziell als sein Sohn dastehst. Was willst du noch mehr?«
    »Nichts.« Jim konnte ein Lächeln nicht unterdrücken. »Höchstens vielleicht noch herausfinden, wer meine Mutter ist.«
    Bill blickte gen Himmel: »Oh Herr, lehre diesen Mann, mit dem, was er hat, zufrieden zu sein … wenigstens für heute Abend.« Dann sah er Jim direkt an. »Danach tue ich alles in meiner Macht Stehende, um dir zu helfen.«
    »Toll. Was haltet ihr davon, wenn wir hier unsere Zelte abbrechen und ins Village fahren? Im Wha? ist heute Amateurbandnacht.«
     
    4.
     
    Bill schüttelte den Kopf um das Klingeln in seinen Ohren loszuwerden. Cafe Wha? bestand aus einem langen schmalen Raum, bei dem die Bühne in der

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