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Widersacher-Zyklus 05 - Nightworld

Widersacher-Zyklus 05 - Nightworld

Titel: Widersacher-Zyklus 05 - Nightworld Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: F. Paul Wilson
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drehten sich um und sahen, wie ein gelbes Taxi von der Straße abhob, mit dem Kofferraum zuerst. Der Fahrer öffnete seine Tür, löste den Sicherheitsgurt und ließ sich auf die Straße fallen.
    »Mein Gott!«, sagte Carol, als sie die Frau und das Kind sah, die sich aus den hinteren Fenstern lehnten und um Hilfe riefen. »Kann denn niemand etwas tun?«
    Sie umklammerte Hanks Arm und sie beide sahen schreckensstarr zu, wie das Taxi immer höher stieg, sich langsam um sich selbst zu drehen begann, als es über die Dächer der umgebenden Häuser hinaus war, und weiter nach oben schwebte.
    Schließlich zog Hank sie von dem Schauspiel weg. »Lass uns gehen. Es gibt nichts, was wir tun können, und ich komme mir vor wie ein Aasgeier, wenn wir hier herumstehen und gaffen.«
    Carol ging es genauso. Sie fühlte sich entsetzlich angesichts dieser Tragödie, aber irgendwie war auch eine schreckliche Faszination damit verbunden.
    »Halt dich nah an den Gebäuden«, sagte Hank. »Dann können wir uns an etwas festhalten, falls uns so etwas geschieht.«
    Carol tat vorsichtig Schritt für Schritt und überlegte jedes Mal, ob sich vielleicht ein Gravitationsloch auf dem Bürgersteig vor ihr befand. Aber sie konnte nicht anders, sie musste immer wieder verstohlene Blicke zurück über ihre Schulter werfen. Jedes Mal war das Taxi ein Stück höher gestiegen.
    An der 80th Street gingen sie in den Park und spazierten schweigend am blühenden Shakespeare Garden vorbei. Carol wusste, Hank sortierte und wog gerade alles ab, was er heute gehört hatte. Wenn er alles am richtigen Platz abgelegt hatte, würde er in der Lage sein, damit umzugehen und die richtigen Entscheidungen zu treffen. So war er nun einmal. Keine Geistesblitze, keine dramatischen Eingebungen, aber seine Erkenntnisse waren nicht weniger wertvoll.
    Als sie an der 2nd Avenue ankamen, wandte sich Hank nicht nach Süden, sondern blieb stehen und blinzelte in die Sonne hinein. Er schwitzte. Schließlich sagte er etwas.
    »Sie sieht nicht so aus, als würde sie schneller vorbeiziehen.«
    Carol versuchte hineinzusehen, aber es schmerzte in ihren Augen.
    »Glaubst du, dass sie das tut?«
    »Irgendwas muss sich schneller bewegen.« Er drehte sich um und sah sie an. Seine Augen waren wässrig, die Pupillen zusammengezogen. »Ich meine, nicht die Sonne bewegt sich, wir tun das. Die Neigung der Erde auf ihrer Achse – das bewirkt die unterschiedliche Dauer des Tageslichts zu den verschiedenen Zeiten des Jahres. Kürzere Tage bedeuten also, dass wir uns entweder schneller drehen oder die Neigung der Erdachse hat sich geändert. Aber die Wissenschaftler behaupten, beides ist nicht passiert. Trotzdem sind die Tage kürzer. Ein Paradox. Das Unmögliche passiert. Wenn das möglich ist, dann kann auch das Unmögliche – oder die unmöglich klingenden Dinge, die Glaeken gesagt hat – möglich sein.«
    Er sieht ein, dass es wahr ist, dachte Carol, als sie sich umdrehten, die 2nd Avenue hinuntergingen und der Sonne den Rücken zukehrten. Er kam nicht durch eine intuitive Erkenntnis zu dieser Schlussfolgerung, sondern auf die einzige Weise, die er kannte – durch eine logische Analyse aller vorliegenden Beweismittel. Er hätte einen guten Sherlock Holmes abgegeben.
    »Glaubst du wirklich, dass es dazu kommen wird?«, fragte er.
    »Wozu?«
    »Zu dieser Nachtwelt, von der Glaeken gesprochen hat. Das ist eine reelle Möglichkeit, oder?«
    »Ja, aber es muss nicht zwangsläufig dazu kommen, wenn er Hilfe bekommt.«
    Zuerst war Carol stocksauer auf diese Mrs. Nash gewesen. Wie konnte sie es wagen, so mit Glaeken zu reden? Er versuchte nur zu helfen und alles, worum er bat, war ein wenig Unterstützung dabei, ihnen die eigene Haut zu retten. Aber Carol musste sich immer wieder daran erinnern, dass es schwierig war, die Wahrheit zu akzeptieren – sie erinnerte sich daran, wie sehr sie jahrelang dagegen angekämpft hatte. Jahrzehntelang. Und Sylvia Nash fürchtete sich vor etwas. Carol wusste nicht, was das war, aber sie war sich sicher, sie hatte Angst in den Augen der jüngeren Frau gesehen, als sie bei ihrem Abgang aus Glaekens Wohnung an ihr vorbeigekommen war.
    »Seien wir optimistisch«, sagte Hank. »Nehmen wir an, er bekommt die Hilfe, die er braucht, und es gelingt ihm, diesen ›Sender‹, von dem er geredet hat, wieder herzustellen und zu aktivieren. Und sagen wir sogar, das Ding funktioniert und die Sonne kehrt wieder in ihre normale Bahn zurück. Das würde Wochen dauern, oder?

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