Widersacher-Zyklus 05 - Nightworld
rennen uns die Bude ein, wenn es hart auf hart kommt.«
Sie starrte ihn an. Er hatte sich das alles zurechtgelegt, seit sie Glaekens Haus verlassen hatten.
»Wie kann man nur so etwas denken?«
»Du wirst mir noch dankbar sein, wenn die harten Zeiten kommen.« Er deutete zur linken Seite des Supermarktes. »Du gehst da lang, ich bleibe auf dieser Seite. Wir treffen uns an der Kasse.«
Er war schon weg, auf dem Weg zu den Konservendosen. Carol sah ihm unwillig nach.
Das ist der Schock, sagte sie sich. Das heute war zu viel für ihn. Es hat ihn völlig aus dem Gleichgewicht geworfen, er ist verwirrt und verängstigt. Ich hatte seit 1968 Zeit, mich daran zu gewöhnen, und ich kann es immer noch nicht ganz fassen. Dem armen Hank war in den letzten paar Stunden sein ganzes Weltbild um die Ohren geflogen.
Carol steuerte auf das Regal mit den Nudeln zu. Gut. Sie würde mitspielen. Wenn es Hank beruhigte, Hamsterkäufe zu machen, dann würde sie ihm dabei helfen. Das war das Mindeste, was sie tun konnte.
Er wird schon wieder. Sie war sich dessen sicher. Sie hoffte nur, dass das nicht allzu lange dauerte. Dieser neue Hank gefiel ihr ganz und gar nicht.
CNN:
– die gleichen Vorkommnisse in vielen Ländern rund um den Erdball: riesige, scheinbar bodenlose Löcher von annähernd siebzig Metern Durchmesser, die sich im Laufe des Tages eines nach dem anderen aufgetan haben. Die Regierungen des Iran, Nordkoreas und Kubas bestreiten die Existenz dieser Löcher innerhalb ihrer Landesgrenzen, werden jedoch von der Luftaufklärung widerlegt. Und eine Frage stellt sich jetzt natürlich: Wird jedes dieser Löcher einen Schwarm dieser bösartigen Kreaturen freisetzen, die in der letzten Nacht Manhattan heimgesucht haben? Und falls das so ist, was kann unternommen werden, um das zu verhindern?
In Manhattan hat man entsprechende Vorkehrungen getroffen …
Jack saß am Tresen des Isher Sport Shop und sah den Menschen zu, die draußen vorbeigingen. Die Amsterdam Avenue war von der Sonne beschienen und kaum weniger belebt als an einem gewöhnlichen Samstagnachmittag.
Als hätte sich nichts verändert.
Aber alles war anders. Sie hatten es nur noch nicht bemerkt. Jack hatte das Bedürfnis, nach draußen zu rennen, die Leute am Kragen zu packen und ihnen ins Gesicht zu schreien, dass die letzte Nacht nicht nur ein einmaliges Ereignis oder ein bizarres Vorkommnis gewesen war. Es würde wieder passieren. Und es würde schlimmer sein. Heute Nacht.
Abe Grossman, der Besitzer des Geschäftes, kam mit zwei Pott Kaffee aus dem hinteren Raum des Ladens gewatschelt, der ihm als Küche und Lager diente. Er reichte einen davon Jack und hievte sich auf den Hocker hinter der Registrierkasse. Jack nippte und verzog das Gesicht.
»Verflucht, Abe. Wann hast du den gekocht?«
»Heute Morgen. Wieso?«
»Bei Kaffee ist das nicht wie bei Wein, weißt du das nicht? Der wird mit zunehmendem Alter nicht besser.«
»Soll ich den etwa wegschütten? Wo ich da hinten doch eine Mikrowelle habe, soll ich vollkommen trinkbaren Kaffee wegschütten, nur weil Mr. Handyman Jack gerade den Gourmet in sich entdeckt hat?«
Der Hocker knarrte, als er die mehr als zweihundert Pfund Lebendgewicht zurechtrückte, die in dem fünfundfünfzigjährigen, einen Meter fünfundsiebzig großen Körper steckten. Er hatte schütter werdendes graues Haar und trug seine übliche Kluft aus schwarzer Bundfaltenhose, weißem Hemd und schwarzer Krawatte. Ein bisschen Eigelb vom Frühstück hatte einen Fleck auf der Brusttasche seines Hemdes hinterlassen und ein roter Klumpen, der nach Erdbeermarmelade aussah, klebte an seiner Krawatte. Er hatte es gerade geschafft, die ganze Vorderseite seines Hemdes mit gehackten Zwiebeln aus den frischen Bialystoker-Kuchen zu sprenkeln, die Jack mitgebracht hatte.
»Nu?«, meinte er, als er sich auf seinem Hocker eingerichtet hatte, »was habe ich dir seit so vielen Jahren gepredigt und wofür bin ich von dir immer wieder ausgelacht worden? Und jetzt passiert es doch. Der Untergang der Zivilisation. Es bricht alles auseinander, direkt vor unseren Augen, genau, wie ich es gesagt habe.«
Jack hatte das erwartet. Er hatte gewusst, wenn er Abe erzählte, was Glaeken gesagt hatte, dann würde er eine ich-hab’s-ja-immer-gesagt-Predigt zu hören bekommen. Aber er musste Abe einweihen. Er war fast die ganze Zeit, die Jack jetzt in New York lebte, sein Freund, Vertrauter und Waffenlieferant gewesen. Er war sogar derjenige, der ihm den Namen Handyman
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