Widersacher-Zyklus 05 - Nightworld
Vielleicht sogar Monate.«
»Ich weiß es nicht. Worauf willst du hinaus?«
Sie spürte eine merkwürdige neue Begeisterung in ihm, eine, die sie nie zuvor bemerkt hatte. Seine Augen glühten fast fiebrig.
»Sonnenlicht, Carol. Was benötigt Sonnenlicht – normale, regelmäßige Dosen von Sonnenlicht – mehr als alles andere?«
»Nun … Pflanzen, schätze ich.«
»Genau! Und gerade jetzt, im Frühling, ist Sonnenlicht unabdingbar für das Sprießen der Saat. Wenn die tägliche Dosis Sonnenlicht in den nächsten Wochen kontinuierlich weniger wird, dann wird es massive Ernteausfälle rund um den Globus geben.«
»Wenn Rasalom gewinnt, dann sind Ernteausfälle unser geringstes Problem.«
»Ich sagte doch Carol: Ich denke optimistisch. Ich gehe davon aus, dass Glaeken gewinnt. Aber ob er gewinnt oder verliert, wir werden trotzdem mit weltweiten Nahrungsmittelknappheiten konfrontiert sein, vielleicht sogar Hungersnöten.«
Der Gedanke erschreckte Carol und machte ihr Angst. Selbst wenn sie gewannen, würden trotzdem noch Milliarden Menschen sterben. Ein Pyrrhussieg war das Beste, was sie erreichen konnten. Sie fragte sich, ob Glaeken das klar war. In gewisser Weise war sie stolz auf Hank. Trotzdem … Seine plötzliche Erregung beunruhigte sie.
»Wir müssen uns auf diesen Fall vorbereiten, Carol. Wenn man weiß, was in der Zukunft geschieht, kann man davon profitieren.«
»Oh nein, Hank. Du denkst doch nicht an die Börse oder so was, oder?«
»Natürlich nicht.« Er schien verärgert, dass sie so etwas auch nur andeutete. »Wenn wir für eine längere Zeit kein Sonnenlicht mehr haben, dann wird es danach wahrscheinlich keine Börse oder überhaupt noch irgendein Bankgeschäft geben. Die Getreidekurse dürften zwar ins Unermessliche steigen, aber womit soll man sie bezahlen?«
»Ich verstehe nicht.«
Er blieb stehen und ergriff ihre Schultern. »Angesichts von weltweiten Ernteausfällen wird Geld – als Währung – nutzlos sein. Das ist nur Papier und Papier kann man nicht essen. Das Einzige, was dann noch einen Wert besitzt, sind Nahrungsmittel.«
»Wie kannst du dir über so etwas auch nur Gedanken machen?«
»Jemand muss daran denken. Jemand muss vorausplanen. Ich denke an uns, Carol. Wenn die Ernten ausbleiben und die Regale in den Lebensmittelgeschäften leer sind, dann wird es hier Straßenschlachten geben. Und in jeder anderen Stadt. Das wird schlimm werden. Wenn wir diese Zeit lebend überstehen wollen, dann sollten wir besser vorbereitet sein.« Er nahm ihre Hand. »Komm schon.«
Sie gingen weiter, aber diesmal schneller. Carol musste sich beeilen, um mit ihm Schritt zu halten. Hank entwickelte plötzlich eine hektische Tatkraft. Sie hatte ihn nie zuvor so gesehen. Der sanfte, zurückhaltende Pedant war verschwunden, ersetzt durch einen manischen Fremden.
Als sie in die Nähe ihrer Wohnung kamen, zog er sie in die Gristedes Filiale, wo sie für gewöhnlich ihre Lebensmittel einkauften. Er zog zwei Einkaufswagen aus der Reihe, rollte einen vor Carol hin und behielt den anderen für sich.
»Hank, was tun wir hier?«
Er sah sich nervös um.
»Versuch, leise zu sein. Wir bevorraten uns – bevor das Hamstern anfängt.«
Carol begann zu lachen. Es war kein fröhliches Lachen, sondern eine Schockreaktion.
»Merkst du eigentlich noch, was du da sagst?«
»Komm schon, Carol. Das ist ernst.«
Sie sah in seinen Augen, dass er Angst hatte. Ich habe auch Angst, dachte sie. Sie sah in den leeren Einkaufswagen vor sich. Aber habe ich so viel Angst?
»Nimm nur Dosen und Flaschen«, flüsterte er. »Und Dinge, die sich lange Zeit halten, so wie Nudeln. Nichts, was gekühlt werden muss. Pack so viel ein, wie du zurück in die Wohnung tragen kannst und bezahl mit Visa.«
»Mit Kreditkarte? Ich habe Bargeld dabei.«
»Heb dir das für später auf. Wir nutzen alle Karten bis zum Limit aus. Wer weiß? Wenn es wirklich schlimm wird, gibt es danach vielleicht keine Kreditkartenfirmen mehr, die ihr Geld zurückfordern könnten.«
»Warum machen wir es dann nicht richtig, Hank?« Sie versuchte, die Sache auch weiterhin auf die leichte Schulter zu nehmen. »Gristedes hat einen Lieferservice. Warum machen wir nicht einfach die Regale leer und lassen es uns alles bringen? Das erspart uns die Mühe, die schweren Tüten nach Hause zu schleppen.«
»Wir müssen vorsichtig sein.« Seine Augen zuckten wieder hin und her. »Es darf sich nicht herumsprechen, dass wir einen Vorrat an Lebensmitteln haben. Die Leute
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