Widersacher-Zyklus 05 - Nightworld
Abe, der gerade das hintere Drittel des Raumes mit einem Vorhang abtrennte. »Gebaut wie eine Festung. Mehr als ein Meter Stahlbetondecke über uns, unter uns und um uns herum, und darüber noch drei Meter Erde. Wir haben gefriergetrocknete Lebensmittel, fließendes Wasser, eine Mikrowelle, elektrisches Licht, Betten, Fernsehen per Satellit, DVD- und VHS-Player, sogar eine Toilette. Was soll einem daran nicht gefallen?«
Vielleicht, dass es kein Fenster gibt?, dachte Gia.
Sie waren gut über die Route 80 durch Jersey in die wogenden Weidegebiete Pennsylvanias gekommen. Sie hatte keine Ahnung, wo genau sie sich befand, aber was würde ihr dieses Wissen auch nützen? Solange alle Probleme weit weg von Vicky waren, war das für sie in Ordnung.
Sie hatten den Rest des Tages damit verbracht, sich einzurichten, was bedeutete, ihre Habseligkeiten die senkrechte Leiter – Stufen, die in den Beton eingemauert waren – durch eine schmale Betonröhre hinunterzutragen. Das war schon eine Erfahrung gewesen. Jetzt hatten sie es sich so gemütlich gemacht, wie es nur möglich war. Das war aber auch gut so. Die Nacht brach herein.
Sie rieb sich die Oberarme. Hier drin war es kühl. Und feucht.
Und eng.
Glücklicherweise litten weder sie noch Vicky an Klaustrophobie. Jedenfalls jetzt noch nicht. Sie konnte sich aber gut vorstellen, dass das noch kommen könnte, wenn sie zu lange zwischen diesen nackten Betonwänden eingesperrt wären.
»Außerdem«, sagte Abe gerade, »müssen wir uns ja nur so lange hier unten aufhalten, wie es dunkel ist.«
»Was jeden Tag länger ist.«
»Wenn es hell ist, können wir uns oben aufhalten und im Bauernhaus essen. Man kann auf einem Bauernhof viele spaßige Dinge tun.«
»Kann ich eine Kuh melken?«, wollte Vicky wissen.
Abe lachte. »Da sind keine Kühe im Stall. Vielleicht noch ein paar wilde Hühner, die vom alten Eigentümer übrig geblieben sind. Frische Eier statt Eipulver wären zwischendurch sicher ganz angenehm.«
»Und was sind dann die spaßigen Dinge?«
»Wie wäre es mit Schießen lernen?« Er zog liebevoll an einem von Vickys Zöpfen. »Wie klingt das?«
Gia starrte ihn entsetzt an. Der Gedanke an Vicky mit einer Schusswaffe verschlug ihr die Sprache.
»Abe … das kann nicht dein Ernst sein.«
»Ich und Witze machen? Über so etwas?«
»Ich hasse Schusswaffen.«
Er schüttelte verständnislos den Kopf. »Eine Frau, die Jack liebt, aber Schusswaffen hasst. Ich werde es nie begreifen. Vor den Krabblern war es ein zweifelhafter Luxus, Schusswaffen abzulehnen. Jetzt … Wenn das so weitergeht, dann könnte ein Gewehr alles sein, womit du verhindern kannst, dass deine Tochter gefressen wird.«
»Du bist der Waffenexperte. Gewehre überlasse ich dir.«
Abe durchbohrte sie mit seinem Blick. »Und was ist, wenn – was Gott verhüte – mir etwas zustößt?«
Gia machte eine ausholende Geste zu den sie umgebenden Mauern. »Was könnte uns hier in diesem Betonkäfig denn schon zustoßen?«
»Denk drüber nach, ja? Bitte! Um deinetwillen!«
»Gut. Ich werde darüber nachdenken.«
Und ich weiß genau, was dabei herauskommen wird: Niemals.
Sie fummelte ein Blatt Papier aus der Hosentasche. Jack hatte eine Wellenlänge darauf vermerkt.
»Es ist fast Zeit, Verbindung mit Jack aufzunehmen. Was du mir beibringen kannst, ist, wie man das CB-Funkgerät bedient.«
»Oben auf dem Schuppen gibt es neben der Satellitenschüssel und der Funkantenne auch einen Handyverstärker. Versuch es damit zuerst.«
Sie schüttelte den Kopf. »Wir waren uns einig, dass der CB-Funk am zuverlässigsten sein würde, wenn die Dinge schlimmer werden. Ich will mich daran gewöhnen.«
Sie musste Jacks Stimme hören. Sie wusste, er würde sich um sie sorgen, auch wenn sie hier war. Aber Gia machte sich mindestens doppelt so viele Sorgen um ihn. Er war im Zentrum des Geschehens zurückgeblieben.
»Hey, Mama?«, fragte Vicky. »Wo ist Parabellum?«
Gia drehte sich um und sah den leeren Käfig.
»Er ist weg!«, rief Abe. »Wir müssen ihn finden! Da draußen überlebt er auf keinen Fall!«
RADIO WFPW
Dies kam soeben rein: Die Justizbehörden von New York City melden einen Massenausbruch auf Riker’s Island vor nicht ganz einer Stunde. Nachdem sich ungefähr 85 % der Wärter in der Nachtschicht krankgemeldet hatten, hat die Spätschicht das Angebot von bezahlten Überstunden abgelehnt und ist nach Hause gegangen.
Die Polizei meldet ähnliche Probleme mit der Nachtschicht in vielen
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