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Widerspruch zwecklos oder Wie man eine polnische Mutter ueberlebt

Widerspruch zwecklos oder Wie man eine polnische Mutter ueberlebt

Titel: Widerspruch zwecklos oder Wie man eine polnische Mutter ueberlebt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Emmy Abrahamson
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Tagen zu Evert nach Simrishamn ziehen und ihr neues Leben in Schweden beginnen werden, kommt Celestyna mir verschlossener vor als sonst. Um sie aufzumuntern, bitte ich sie am nächsten Morgen in mein Zimmer. Ich hätte ein Geschenk für sie, erkläre ich ihr. Ich merke, dass sie mein rosa Benetton -T-Shirt trägt, aber ich sage nichts, weil ich immer noch an das schrecklicheHochhaus und die dunkle Wohnung in Rumia denken muss.
    »Hast du irgendwas Nettes gemacht, als wir in Polen waren?«, frage ich, während ich meine Reisetasche öffne.
    »Nein«, antwortet Celestyna.
    »Hast du ein bisschen Schwedisch gelernt?«
    »Nein.«
    »Bist du am Strand gewesen?«
    »Nein.«
    Dann finde ich das kleine Kaninchen aus der Wohnung in Rumia, das die Überfahrt zwischen dem Kachelschneider und meinem Kulturbeutel eingeklemmt verbracht hat.
    »Ich hab was, was dich freuen wird«, sage ich und reiße das Kaninchen hoch wie ein theatralischer Zauberer.
    Viel zu spät merke ich, dass das Kaninchen wie ein Aristokrat zu Zeiten der Französischen Revolution guillotiniert worden ist. Von dem Kachelschneider. Noch etwas später halte ich in der einen Hand den Kopf des Kaninchens und in der anderen den Körper. Weiße Füllung rieselt aus dem Kaninchenkopf.
    »Celestyna …«, beginne ich.
    Celestyna sieht mich mit einem leeren Gesicht an. Dann verlässt sie das Zimmer und schlägt die Tür zu, dass die Wände wackeln.
    Ich habe ein so schlechtes Gewissen, dass ich die nächste Stunde damit verbringe, den Kaninchenkopf wieder auf den Körper zu nähen. Leider hat Handarbeit nie zu meinen stärksten Fächern gehört, und ich kriege, egal, wie ich mich anstelle, den Kopf nicht gerade. Am Ende hat das Kaninchen etwas grotesk Frankensteinhaftes an sich. Aber wenigstens ist es ganz.
    »Wo ist Celestyna?«, frage ich Sylwia, die draußen im Garten sitzt und sich in einem hautfarbenen BH und weißen Shorts sonnt.
    Ihre Brust ist runzlig und hat längst zu viel Sonne abbekommen. Ich sehe Pan Bogusław mit einer Waschschüssel in den Händen an ihr vorbeilaufen und lange Blicke auf ihren halb nackten Körper werfen. Pan Maciej, der mit ein paar Rohren vorübereilt, hält den Blick auf den Boden geheftet.
    »Ich weiß es nicht«, antwortet Sylwia, während sie sich eine Zigarette anzündet. »Vielleicht oben?«
    Ich gehe mit dem Kaninchen in der Hand hoch auf den Dachboden und klopfe an die Tür. Als niemand antwortet, setze ich das Kaninchen vorsichtig so auf den Boden, dass es das Erste ist, was Celestyna sieht, wenn sie die Tür aufmacht. Ich lege dem Kaninchen sogar einen Plopp -Schokoriegel in den Schoß, als weiteres Friedensangebot. Dann schleiche ich leise die Treppe hinunter.
    Um die Mittagszeit wird Celestyna dann vermisst. Nachdem wir das Haus, den Garten und die Garage abgesucht haben, wird uns klar, dass Celestyna verschwunden ist. Sogar die Handwerker hören auf, die alte Küche abzubauen, und ich sehe Pan Bogusław unter das entstandene Gerümpel schauen, als könnten sie aus Versehen ein dreizehnjähriges pummeliges Mädchen darunter begraben haben. Mutter hat alle Hände voll zu tun, um Sylwia zu trösten, die zum ersten Mal Gefühle von Fürsorge und Zuneigung zu ihrem einzigen Kind erkennen lässt. Zu meiner Verärgerung zieht Rafał mitten in dem Trubel mit ein paar Freunden los, siewollen nach Sandhammaren an den Strand. Sowieso vermutet er, dass Celestyna nur versucht, die nächste Schokoladenfabrik ausfindig zu machen. Also bleibt die Suche an mir hängen. Logisch.
    Als Erstes frage ich unsere Künstlernachbarin Nanna, ob sie Celestyna vielleicht gesehen hat. Nanna sagt, das hat sie, zuletzt vor ein paar Tagen, als sie Himbeeren aus ihrem Garten geklaut hat.
    »Sind bei euch Handwerker?«, fragt Nanna, als ich schon am Gehen bin.
    »Nein«, sage ich. »Oder ja. Wir wollen endlich die Küche und das Badezimmer herrichten.«
    »Aha. Sind sie aus Polen?«
    »Nein, aus Karlskrona. Bo und Mats. Aus Karlskrona.« Es ist erstaunlich, wie viel schneller und leichter mir die Lügen über die Lippen kommen, je länger der Sommer dauert.
    Nanna nickt und schaut hinüber zu unserem Haus.
    »Sie könnten mir vielleicht auch mit meiner Küche helfen«, sagt sie. »Also wenn sie bei euch fertig sind.«
    »Sie sind schon sehr beschäftigt, aber ich kann sie fragen.«
    Dann gehe ich schnell, weniger weil ich es mit der Suche so eilig habe, sondern damit ich nicht noch mehr Fragen über unsere Handwerker beantworten muss.
    Ich suche in ganz

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