Widerstand zwecklos - Der Versuchung ergeben (German Edition)
steinerne Geländer, das die Terrasse umrahmte, und schaute in den weitläufigen Garten hinaus.
Das Licht, das die vereinzelt aufgestellten Laternen spendeten, ließ die Umgebung nur andeutungsweise erkennen. Lange, dunkle Schatten krochen unaufhaltsam über den Rasen und durch den Garten, in dem sie früher mit ihrem Bruder stundenlang herumgetollt war. Was hatten sie beide hier für einen Unfug angestellt!
Eigentlich suchte Liz die Terrasse auf, um ihre Ruhe zu haben. Doch da war sie bei John wohl an der falschen Adresse.
„Warum gehst du nicht einfach wieder hinein und beschäftigst dich mit Annie? Was ich mache oder nicht mache, geht niemanden etwas an. Also lass mich in Ruhe!“
„Liz, Vater meint es doch nur gut mit dir“, redete er eindringlich auf sie ein, so wie ältere Brüder es nun einmal taten. „Er macht sich Sorgen und will dich eben versorgt wissen.“
„Ich kann mich um mich selbst kümmern und für mich sorgen.“
„Mit diesen Aushilfsjobs?“ Unmut zeigte sich auf Johns Miene über die Art, wie sie sich den Lebensunterhalt verdiente. Irgendwelchen Gelegenheitsjobs nachzugehen, war seiner Meinung nach würdelos und vollkommen unangemessen, bei Liz’ Bildungsstand einfach nicht nachvollziehbar. „Mal arbeitest du, dann wieder nicht. Tage- ja wochenlang bist du regelrecht von der Bildfläche verschwunden, ohne dass irgendjemand weiß, wo du dich aufhältst und was du machst. Das ist doch kein Leben! Du kannst einen hervorragenden Collegeabschluss vorweisen und sprichst fließend mehrere Sprachen. Warum nutzt du nicht dein Potenzial?“
„Möglicherweise habe ich einfach keine Lust darauf. Ist dir dieser Gedanke schon mal gekommen? Ich bin nur aufs College gegangen, weil Vater es so wollte und er mir ein schlechtes Gewissen eingeredet hat, ich würde Mutter enttäuschen, weil sie es so von mir erwartet hätte.“
„Das hast du sicher falsch verstanden. Er hat uns nie zu etwas gezwungen“, widersprach er ihr.
„Dich vielleicht nicht, weil du der liebe und folgsame Sohn bist.“ Sie lachte leise. „Na ja, jetzt jedenfalls. Ich hingegen bin nicht so lieb und nett, ich war es nie und werde es auch niemals sein. Aber das hast du sicher selbst schon längst bemerkt.“
„Wenn du dich etwas anstrengen würdest, wärst du mit Sicherheit auch leichter zu ertragen.“
Erneut lachte sie leise und nickte zustimmend. „Ich glaube, in dem Punkt hast du recht. Aber vielleicht will ich gar nicht zu ertragen sein. Mir gefällt es, wie ich bin.“
„Nun ja, da kann man wohl nichts machen“, gab er sich vorerst geschlagen. „Es wäre aber trotzdem schön, wenn du Vater nicht ständig vor den Kopf stoßen würdest. Das nimmt ihn ziemlich mit, auch wenn er es nicht offen zeigt.“
„Er ist härter im Nehmen, als du glaubst. Wie hätte er sonst so erfolgreich werden und eine Firma, die vor dem Ruin stand, retten und wieder aufbauen können?“
Resigniert schüttelte John den Kopf. Liz war wohl einfach nicht zu helfen. Er ließ seine Schwester allein auf der Terrasse zurück, ging durch die zweiflügelige Glastür wieder in den Saal hinein und leistete dort einigen der verbliebenen Gästen Gesellschaft.
Betrübt beobachtete Liz ihren Bruder. Es fiel ihr nicht leicht, Abstand von ihm zu halten, gerade von ihm. Immer hatte es ein ganz besonderes Band zwischen ihnen gegeben. Sie hatten sich sogar fast ohne Worte verstanden und mehr Unfug zusammen angestellt, als manch andere Teenager in ihrem Alter. Bei dem bloßen Gedanken daran huschte ein wehmütiges Lächeln über ihr Gesicht.
Liz konnte sich nur zu gut an jene verrückte Wette erinnern, die ihr im Nachhinein zwei Monate Hausarrest einbrachte. Damals war sie zwölf und John vierzehn. Wann immer sie um die Wette liefen, schlug ihr Bruder sie um Längen. Und irgendwann hatte sie einfach die Nase voll davon, immer wieder gegen ihn zu verlieren. Als sie ihn eines Tages erneut zu einem Wettrennen herausforderte, lachte er sie schon von vornherein aus und behauptete siegessicher, sie würde sowieso verlieren. Aber er hätte nichts dagegen, der Gewinner zu sein und ließ sich auf ihre Herausforderung ein. Als Wetteinsatz vereinbarten sie, dass der Verlierer dem anderen eine Woche lang jeden noch so unsinnigen Wunsch erfüllen musste.
Die gewundene Auffahrt vor dem Haus war zugleich Anfangs- und Endpunkt ihres Wettrennens und eine Runde um das riesige Familienanwesen die Rennstrecke. John konnte nicht im Entferntesten ahnen, was Liz plante, um
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