Widerstand zwecklos - Der Versuchung ergeben (German Edition)
bemerken.
Als die Auseinandersetzungen zwischen ihnen ein seiner Meinung nach inakzeptables Maß annahmen, hielt er es für das Beste, den Kontakt zu Jeff auf ein Minimum zu reduzieren. Die kaum vorhandene Verbindung zueinander sollte sich nicht vollends lösen. Undenkbar falsch lag Gray mit seiner Einschätzung.
Er fühlte sich plötzlich seltsam befreit, als hätte ein schweres Gewicht auf seinen Schultern gelegen, das sich mit einem Mal in Luft auflöste. Es war wirklich an der Zeit, ein Gespräch unter Männern, unter Brüdern zu führen.
Jeff fuhr sich mit einer Hand durchs Haar und seufzte. Die Augen blicklos auf den Teppichboden gerichtet, brach es schließlich aus ihm hervor: „Nachdem Mum und Dad nicht mehr da waren, wurde es zwischen uns noch schlimmer. Ist dir das nie aufgefallen?“ Er schaute hoch und begegnete Grays ruhigem Blick. Der Ausdruck seiner eigenen Augen war von Trauer gezeichnet. „Du wurdest mir gegenüber noch kälter, hast den Kontakt auf ein Minimum eingeschränkt. Und trafen wir uns doch mal, hatte ich meistens das Gefühl, einem Fremden gegenüberzustehen, der zufällig fast genauso aussah wie ich.“ Jeff stützte die Ellenbogen auf seinen Knien ab und ließ den Kopf hängen. Ein freudloses Lachen kam über seine Lippen, beim Gedanken daran, wie er vergeblich versuchte, seinen Bruder dazu zu bringen, Gefühle zu zeigen. Nichts zeigte Wirkung, keine Herausforderung, keine Beleidigung, nichts.
„Du bist wirklich ein Idiot“, meinte Gray kopfschüttelnd. „Anstatt mich jedes Mal bereits bei der Begrüßung zu beleidigen, hättest du ja zur Abwechslung einfach mal mit mir sprechen können.“
„Ja sicher!“ Jeffs Stimme triefte vor Hohn. „Jeder Eisblock strahlte mehr Wärme aus als du! Dein Schutzpanzer aus eiserner Selbstbeherrschung und tödlicher Gelassenheit war Angst einflößend und schier undurchdringlich. Du hast so unnahbar auf mich gewirkt. Also habe ich versucht, dich aus der Reserve zu locken. Ich wollte wissen, ob du wirklich so gefühlskalt bist, wie du dich mir gegenüber immer gibst. Nicht mal deine Wut hast du mir gezeigt.“
„Ich bin nicht gefühlskalt“, widersprach Gray.
„Das weiß ich jetzt auch.“
„Ach ja, und woher?“
„Heute Morgen hast du zum ersten Mal auf eine Herausforderung reagiert, und das, bevor ich sie überhaupt aussprach.“ Jeff hob den Kopf, richtete sich auf dem Stuhl auf und beobachtete, wie sich Grays Brauen zusammenzogen. Mit einem verschmitzten Lächeln half er ihm auf die Sprünge. „Du warst eifersüchtig, weil du dachtest, ich könnte dir Konkurrenz bei Liz machen.“ Er lachte leise, doch es war kein spöttisches Lachen, sondern eines, das man vor Erleichterung ausstößt. „Und später hast du sogar die Beherrschung verloren. Kannst du dir vorstellen, wie ich mich da gefühlt habe?“
Gray nickte, wobei seine Mundwinkel verräterisch zuckten. „Ich hab da so eine Ahnung.“
„Hättest du mein Gesicht nicht in den Dreck gedrückt und mich Gras fressen lassen, hätte ich wahrscheinlich gebrüllt vor Lachen, weil deine sorgsam aufrecht erhaltene Fassade zu bröckeln begann.“
„Du bist wirklich verrückt, weißt du das?“
Unbekümmert zuckte Jeff mit den Schultern „Das höre ich nicht zum ersten Mal. - Und was Liz angeht …“ Jeff neigte sich vor und tippte mit Zeige- und Mittelfinger mehrmals auf Grays Brust, exakt auf jene Stelle, unter der sein Herz schlug. „… hör darauf!“
Zwar presste Gray seinen Rücken fest gegen die Rückenlehne seines Stuhls und vergrößerte damit den Abstand zwischen sich und seinem Bruder, doch seine Miene blieb offen. Er sah Jeff direkt an, während er über dessen Ratschlag nachdachte. „Wie …?“, begann er und brach ab, bevor er die Frage vollständig formulierte. Aus irgendeinem Grund war er verwirrt, einem Gefühl, das ihm bisher vollkommen fremd gewesen war, dachte Gray zumindest.
„Wie ich das meine, willst du wissen?“, hakte Jeff nach und lächelte, als er statt einer Antwort nur ein zustimmendes Nicken bekam. Sprachlos hatte er seinen Bruder noch nie erlebt. „Das wirst du sicher bald herausfinden, sehr bald, so wie ich die Sache sehe.“
Schweigend nahm Gray den Kommentar, der alles Mögliche bedeuten konnte, hin. Abwarten. Er würde einfach abwarten, was geschah, beschloss Gray. Früher oder später käme der Zeitpunkt, an dem er verstand, was Jeff ihm mit seiner nebulösen Aussage meinte. Um auf andere Gedanken zu kommen, richtete er sich im Stuhl
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