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Wie angelt man sich einen Daemon

Titel: Wie angelt man sich einen Daemon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julie Kenner
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Zehenspitzen schlich ich in die Wohnung. Dabei hoffte ich inbrünstig, keinerlei Geräusche zu verursachen, um nur ja niemanden auf mich aufmerksam zu machen.
    Die beiden bemerkten nicht, wie ich leise ins Zimmer trat.
    Ich blieb ruckartig stehen, als ich begriff, welcher Anblick sich mir bot. Nadia saß auf der Armlehne von Davids Sofa. Ihre Brüste schienen fast aus ihrem Oberteil zu purzeln, während sie ihr Gesicht dem seinen so nahe gebracht hatte, dass ihre Haare seine Schultern berührten.
    David saß neben ihr. Er hatte eine Hand auf ihren Arm gelegt. Von meinem Standort aus konnte ich zwar sein Gesicht nicht sehen, aber dafür Nadias umso klarer. Mehr als deutlich konnte ich ihr besitzergreifendes, gieriges Lächeln erkennen.
    Vor Entsetzen gab ich einen Laut von mir, was mir unter anderen Umständen vermutlich nie passiert wäre.
    David drehte sich um. Seine Augen weiteten sich, als er mich sah. Er sprang hastig auf die Füße und stieß Nadia beiseite. »Kate! Es ist nicht so…«
    Ich hielt eine Hand hoch. Ich hatte nicht vor, jetzt in Tränen auszubrechen. »Lassen wir das«, sagte ich kühl. »Für den Moment haben wir größere Probleme, um die wir uns kümmern sollten.«
    Wir befanden uns im Auto und rasten auf die Kathedrale zu, als mein Handy klingelte. Ich hob ab und stellte dann den Lautsprecher an. Die Stimme meiner Tochter erfüllte den Wagen. »Wir haben es! Mann, wir haben es!«
    »Wo?«, wollte ich wissen. Meine Augen richteten sich automatisch auf die Uhr am Armaturenbrett. Halb zwölf. Vielleicht konnten wir es noch schaffen.
    »Die Steinplatte!«, erwiderte Allie atemlos. »Es muss die Steinplatte sein!«
    »Ach ja?«, fragte ich, trat auf die Bremse und machte eine Kehrtwendung, um Richtung Berge und Nationalpark zu rasen. »Warum?«
    »Es heißt doch immer, dass man auf diesem Tisch aus Stein Opfer dargebracht hat. Es müssen große Zeremonielle gewesen sein, bei denen es um Leben und Tod ging. Und auf Lateinisch bedeutet mensa Tisch oder Tafel.«
    »Sie hat recht«, schaltete sich Nadia ein. »Gut gemacht, Kleine.«
    Ich war zwar nicht ganz davon überzeugt, aber in der Umgebung von San Diablo fiel mir nichts ein, was sonst zu diesem Begriff gepasst hätte. »Tafel des Lebens« war wohl auch nicht unbedingt der Name eines Restaurants.
    Die Steintafel gehört zu San Diablos berühmtesten Sehenswürdigkeiten, wird aber nur selten aufgesucht. Ein eindeutiger Vorteil für uns. Der Grund für diese seltenen Besuche liegt jedoch in der Tatsache, dass man kaum bis dorthin durchdringt. Die Botaniker irgendeiner Universität entdeckten sie, als sie beim Katalogisieren von Pflanzen das dichte Unterholz des Waldes durchkämmten und so zufällig darauf stießen. Inzwischen gibt es zwar einen schmalen Trampelpfad, aber noch immer muss man sich mehr oder weniger selbst einen Weg bahnen, und hier schnell voranzukommen stellte eine ziemliche Herausforderung dar.
    Während wir uns den Weg durch das Unterholz bahnten, musste ich zugeben, dass Nadias Lederklamotten tatsächlich recht praktisch sein konnten. Während ich von Zweigen und Gestrüpp völlig zerkratzt wurde, bewegte sie sich souverän und elegant durch den Wald. Ihre enge Lederhose bot perfekten Schutz.
    Verdammte Zicke.
    Ich runzelte die Stirn. Diese Bezeichnung mochte durchaus auf Nadia zutreffen, aber momentan musste ich mich auf andere Dinge konzentrieren. Was sie auf dem Sofa mit meinem Mann – meinem früheren Mann – getan hatte, konnte warten.
    »Uns bleiben noch zwei Minuten Zeit«, keuchte ich. »Wo sind wir?«
    »Wir müssen ganz in der Nähe sein«, erwiderte Nadia. »Wir sind mindestens vor hundert Metern an einer dieser Markierungen vorbeigekommen.«
    Der U.S. Parks and Wildlife Service hatte sich die Mühe gemacht, verschiedene Wege durch den Wald mit Wegweisern auszuschildern. Wir waren einer Reihe von solchen Hinweisen gefolgt, die alle zu der Tafel führen sollten. Falls sich die Behörde nicht verrechnet hatte, mussten wir uns nur noch wenige Meter von unserem Ziel entfernt befinden.
    »Noch eine Minute«, sagte ich angespannt. »Hoffentlich dauert das Zeremoniell recht lange. Sonst schaffen wir es nicht.«
    »Doch, werden wir«, widersprach David. Er klang trotz seiner Entschlossenheit genauso nervös, wie er aussah.
    Wir eilten so schnell, wie wir nur konnten, weiter, bis wir schließlich auf eine Lichtung zusteuerten. Das Unterholz war hier weniger dicht. Noch ein paar Sekunden bis zwölf. Noch immer

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