Wie angelt man sich einen Daemon
aufgehoben hatte. Vielleicht aus Aberglauben. Ein Erinnerungsstück an meinen Sieg über einen Dämon höherer Ordnung zu einer Zeit, als ich ziemlich aus der Übung und noch nicht sehr fit war. Außerdem erinnerte er mich daran, warum ich mich bereit erklärt hatte, meinen Beruf als Dämonenjägerin wieder aufzunehmen – um meine Kinder und meinen Mann vor den Mächten des Bösen zu schützen.
»Und was hat es mit diesem Staub auf sich?«, wollte Allie wissen. »Es muss doch ein besonderer sein, wenn man daran denkt, dass mindestens zwanzig Säcke davon unter dem Sofa im Wohnzimmer liegen.«
»Sehr witzig. Pass nur auf, dass ich dich nicht dazu verdonnere, bald den Frühjahrsputz zu machen.«
»Nein, jetzt mal ehrlich«, sagte sie, zog die Kordel wieder zusammen und hielt das Säckchen in die Höhe. »Was kann man mit diesem Staub machen?«
»Nicht viel«, erwiderte ich. »Außer die Toten wieder zum Leben erwecken.«
Ihre Augen weiteten sich. »Was? Ohne Sche… Ich meine, ganz ehrlich?«
»Ganz ehrlich«, antwortete ich. Zumindest nahm ich das an.
Bisher hatte ich noch nicht gesehen, wozu der Knochenstaub tatsächlich in der Lage war. Der größere Teil davon befand sich inzwischen sowieso an einem sicheren Ort im Vatikan.
»Und woher hast du den Staub?«, fragte sie und starrte ungläubig auf das Säckchen.
Ich nahm es ihr sanft aus der Hand und legte es in die Truhe zurück. »Das ist eine sehr lange Geschichte«, sagte ich. »Irgendwann werde ich sie dir sicher einmal ausführlich erzählen.«
Eigentlich erwartete ich, dass Allie weiterbohren würde, aber offensichtlich war der Inhalt der Truhe doch so spannend, dass sie für den Moment nichts weiter wissen wollte. Sie betrachtete den nächsten Gegenstand.
»Und was ist das?«, fragte sie.
»Was denn?« Ich lehnte mich vor, um zu sehen, was sie unter dem Stapel alter Forza-Berichte gefunden hatte, die aus einer Ledermappe hervorquollen. Sie rückte beiseite, und ich sah, dass sie eine braune Papiertüte in der Hand hielt. Vor Schrecken blieb mir beinahe das Herz stehen. Anscheinend gab ich auch einen Laut von mir, denn Allie sah mich fragend an. »Das sind Dinge, die deinem Vater gehörten«, erklärte ich mit belegter Stimme. »Alles, was man bei ihm fand, als er starb.«
»Oh.« Nur ein kleines Wort, das aber wie eine schwere Gewitterwolke zwischen uns hing. Sie blickte mich an, und in ihren Augen konnte ich den Gefühlssturm erkennen, der sich in ihr zusammenbraute.
Ich rutschte näher zu ihr heran und zog sie in meine Arme. Eine Weile saßen wir schweigend da und dachten beide an Eric. Schließlich sah ich meine Tochter ernst an und warf dann einen Blick auf die Tüte in ihrer Hand. »Willst du sie aufmachen?«
Sie nickte kaum wahrnehmbar.
»Dann tue es.«
Vorsichtig öffnete sie die Tüte und blickte hinein. Ich kannte ihren Inhalt auswendig: sein Portemonnaie; eine unbeschriebene Postkarte mit der Golden Gate Bridge im Nebel; ein Goldring mit einem Rubin, umgeben von winzigen Diamanten – einer der vielen Ringe, die Eric gesammelt und getragen hatte, obwohl dieser etwas größer und auffälliger war als die anderen.
Nachdem mir die Polizei die Tüte gebracht hatte, hatte ich täglich davorgesessen und mir die Dinge eingehend angesehen. Mein Herz hatte sich nach dem Mann gesehnt, der ahnungslos seines Weges gegangen war und den Mörder nicht bemerkt hatte, bis es zu spät war. Zu jener Zeit hatte ich mich jede Nacht in den Schlaf geweint, während ich mich fragte, ob wohl seine letzten Gedanken uns gegolten hatten. Ich hatte um den Mann getrauert, der seine Tochter nicht mehr aufwachsen sehen würde.
Seit einiger Zeit jedoch weinte ich aus einem anderen Grund. Allie und ich hatten erst vor Kurzem erfahren, dass Erics Tod nicht die Folge eines zufälligen Überfalls gewesen war, wie wir das immer angenommen hatten. Es hatte volle Absicht dahintergesteckt. Eric war absichtlich und bewusst ermordet worden.
Und das hatte wohl zweifelsohne mit seiner Vergangenheit als Dämonenjäger zu tun.
Allie steckte sich den Ring an einen Finger und hielt ihre Hand hoch. Im dunklen Licht des Speichers funkelten die Steine nur schwach. »An den erinnere ich mich sogar«, sagte sie.
»Wirklich?« Ich runzelte die Stirn. Das überraschte mich. Schließlich konnte ich mich kaum daran erinnern. Eric hatte sich immer für Ringe begeistert, was ich ziemlich lustig fand, weil ich selbst nur sehr selten Schmuck trug. Er hatte mindestens drei Dutzend Ringe
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