Wie angelt man sich einen Daemon
besessen, die er überall auf der Welt erstanden hatte. Fast täglich trug er einen anderen und war sehr stolz auf seine Sammlung.
»Ich habe irgendwann einmal meine Geburtstagsgeschenke gesucht und den Ring dabei in seiner Sockenschublade gefunden. Ich fand ihn damals ziemlich cool.«
An dieser Aussage war so vieles unglaublich, dass ich gar nicht wusste, wo ich anfangen sollte. »Verstehe ich dich richtig? Du hast in der Sockenschublade deines Vaters nach Geschenken gesucht?«
»Ach, komm schon, Mami. Das ist Jahre her. Ist doch jetzt völlig egal.«
Auch wieder wahr. »Vielleicht. Aber eines ist nicht egal. Ich weiß nicht, ob ich deinem Urteil jemals wieder trauen kann, wenn du den da als cool bezeichnest.«
»Na ja. Wie gesagt. Ich war damals noch ziemlich klein.« Sie zog sich den Ring vom Finger und legte ihn in die Tüte zurück. Dann holte sie Erics Portemonnaie hervor. Ich wusste, was sie sehen würde, wenn sie es aufklappte. Sein Führerschein befand sich noch immer hinter dem kleinen Plastikfenster, sein Geld jedoch war verschwunden.
Meine Tochter schluckte und strich dann mit den Fingerspitzen über das Foto ihres Vaters. Eine einzelne Träne lief ihr herab und blieb für einen Moment an ihrer Nasenspitze hängen, ehe sie mit einem Plopp auf dem Portemonnaie landete. Erst da blickte sie zu mir auf.
»Glaubst du, dass er immer noch bei mir ist?«, fragte sie unsicher.
»Ach, mein Schatz. Ich weiß, dass er das ist.«
»Ich kann mich nicht einmal mehr an sein Gesicht erinnern. Wenn ich die Augen schließe, sehe ich nur noch das Bild von uns in meinem Zimmer. Das ist keine Erinnerung an früher, weißt du? Das ist nur die Erinnerung an ein Bild, und das ist nicht dasselbe.«
»Aber du erinnerst dich an ihn, Schatz. Wer er war und wie sehr er dich geliebt hat. Wenn du das in deinem Innersten bewahren kannst, ist es im Grunde ganz egal, wie er ausgesehen hat.« Ich tippte ihr auf die Nase. »All das ist doch sowieso nur eine Hülle. Es geht um den Mann im Inneren, den du geliebt hast.«
Meine Stimme klang belegt, und mir wurde erneut bewusst, wie viel ich mit Davids Erklärung in der vergangenen Nacht verloren hatte. Seit Wochen hatte ich mich der Fantasie hingegeben, dass sich vielleicht Davids äußere Form gewandelt haben mochte, aber dass der Mann selbst noch immer bei uns war. Dass er noch immer da war, um auf Allie und auf mich aufzupassen.
Jetzt wusste ich, dass es nur noch mich gab.
Meine Brust schien auf einmal mit Blei gefüllt zu sein, so sehr zogen mich der Verlust und die damit verbundene Verzweiflung nach unten. Ich nahm Allie in die Arme, und wir saßen sehr lange einfach nur da – nur wir beide, in Erinnerungen versunken.
Nach einer Weile bewegte sie sich ein wenig, hob die Papiertüte hoch und spielte gedankenverloren damit. »Und wieso hast du das alles hier oben aufbewahrt? Daddy hat doch nicht mehr als Dämonenjäger gearbeitet, als er umgebracht wurde. Warum hebst du seine Sachen zusammen mit deiner Jagdausrüstung auf?«
Ich wollte gerade antworten, als sie mir zuvorkam. Sie legte den Kopf zur Seite und sah mich nachdenklich an. »Er hatte gar nicht aufgehört zu arbeiten«, verkündete sie triumphierend. »Daddy hat noch bis zu dem Tag, an dem er umgebracht wurde, Dämonen gejagt.«
»Ja, das könnte vielleicht stimmen«, gab ich zu, obwohl das nicht der Grund war, warum ich seine Sachen in der Truhe aufbewahrte. Ich hatte einfach nur das Gefühl gehabt, als ob sie hierher gehörten, zu den Dingen aus meiner Vergangenheit, die mir wichtig waren.
»Das könnte stimmen?«
»Du weißt schon – wegen der Briefe, die wir gefunden haben«, erklärte ich. »Ich kann mir nur vorstellen, dass dein Vater wieder angefangen hatte zu jagen.« Kurz vor Weihnachten hatten Allie und ich zwei ziemlich geheimnisvolle Briefe von Eric entdeckt. Uns war klar geworden, dass man ihn absichtlich getötet hatte. Zwischen den Zeilen hatte ich allerdings auch herauslesen zu können geglaubt, dass er wieder Kontakt mit der Forza aufgenommen hatte. Ob er jedoch so weit gegangen war, tatsächlich wieder zu jagen…
Das wusste ich nicht, und diese einfache Frage hatte mich wochenlang beschäftigt. Viele Jahre über hatte ich in dem Glauben gelebt, dass ich Eric in- und auswendig gekannt hatte, so wie er auch mich gekannt hatte. Doch dann hatte sich mit einem geheimnisvollen Brief alles schlagartig geändert. Plötzlich hatte ich erfahren müssen, dass Eric Geheimnisse vor mir hatte. Große
Weitere Kostenlose Bücher