Wie angelt man sich einen Daemon
Geheimnisse sogar.
Ich hatte mich auf einmal mit der harten Realität konfrontiert gesehen, was auch jetzt noch immer sehr schmerzlich war.
»Als wir nach San Diablo zogen«, begann ich, denn Allie sah mich fragend an, »taten wir das, weil wir uns zurückgezogen hatten. Uns reichte es mit der Jagd. Es ist kein Beruf, den man gern sein Leben lang ausübt. Bei Dämonenjägern ist die Sterberate ziemlich hoch, und wir wollten eine Familie gründen.«
Sie lehnte sich mit dem Rücken gegen die Truhe und zog ihre Beine an. Dann nickte sie mir zu, um mir zu bedeuten, dass ich fortfahren könnte.
»Ich hatte die Dämonenjagd völlig aufgegeben und dachte, bei deinem Vater wäre das ebenso. Ich blieb zu Hause bei dir, während er in der Bibliothek in der Abteilung für seltene Bücher arbeitete. Wir luden unsere Nachbarn zum Abendessen ein, gingen zu Kindergeburtstagen und verbrachten die Wochenenden am Strand. Alles war ganz normal.«
»Außer dass Daddy in Wahrheit…«
»Anscheinend«, erwiderte ich. »Aber lass mich die Geschichte selbst erzählen.«
Sie nickte, und ich fuhr fort.
»Damals wusste ich es nicht, aber offenbar hatte sich dein Vater heimlich zu einem sogenannten alimentatore ausbilden lassen.«
»Einem was?«
»Ein alimentatore betreut und unterstützt einen Jäger. Er oder sie stellt Nachforschungen an und erklärt dir, wohin du musst und gegen wen du kämpfen sollst. Solche Sachen.«
»Und das wusstest du nicht?«
Ich schüttelte den Kopf. »Ehrlich gesagt, habe ich es auch erst vor Kurzem erfahren. Vor ein paar Wochen rief ich Padre Corletti an. Er hat mir davon erzählt. Und er hat mir auch erklärt, dass dein Vater es offenbar geheim halten wollte.«
»Oh.« Dieser Ton klang ziemlich verunsichert und spiegelte im Grunde meine eigenen Gefühle wider. Zu wissen, dass Eric heimlich so etwas durchgezogen hatte, war sehr schmerzhaft für mich. Es ließ mich nachträglich unser ganzes Leben infrage stellen. Ich überlegte mir, ob ihm vielleicht unser gemeinsames Dasein nicht mehr genügt hatte. Ob ich nicht mehr genug für ihn gewesen war.
Ich holte tief Luft, denn ich war entschlossen, für Allie stark zu bleiben. »Als er auf diese Geschäftsreise nach San Francisco ging«, fuhr ich fort, »hatte ich überhaupt keinen Grund, anzunehmen, dass es sich um irgendetwas anderes handeln könnte als um das, was er mir gesagt hatte. Inzwischen jedoch…«
Ich hielt inne, denn ich hörte, dass meine Stimme versagte. Allie beugte sich zu mir und nahm liebevoll meine Hand. »Ist schon in Ordnung, Mami. Du darfst ruhig wütend auf Daddy sein.«
Verblüfft blinzelte ich. Sie hatte absolut recht. Ich war wütend. Ich hatte keine Ahnung gehabt, dass er sich in Gefahr befunden hatte, keine Ahnung, dass er wieder in die Welt der Forza zurückgekehrt war. Als wir gemeinsam auf Jagd gegangen waren, wusste ich natürlich, dass es immer die Möglichkeit gab, ihn durch einen Dämonangriff zu verlieren. Aber zehn Jahre später, als wir uns angeblich beide zurückgezogen hatten? Sein Tod war für mich aus völlig heiterem Himmel gekommen. Er hatte mich total aus der Bahn geworfen. Und nun hatte ich etwas erfahren, was ich damals bereits hätte wissen können… Wütend ist eine ziemliche Untertreibung.
Allie hielt noch immer meine Hand, und ich zog sie an mich, um sie fest in die Arme zu schließen. »Ich liebe dich, Allie. Das darfst du nie vergessen.«
»Ich weiß, Mami«, flüsterte sie und drückte mich ebenfalls fest. »Daddy hat dich auch geliebt«, sagte sie nach einer langen Pause.
»Ach Schatz, das weiß ich doch. Ich bin nur ein bisschen wütend, aber vor allem bin ich verwirrt. Und vielleicht auch verletzt. Aber ich habe keine Sekunde lang daran gezweifelt, dass dein Vater mich geliebt hat. Du kannst vor jemandem ein Geheimnis haben und diesen Menschen trotzdem lieben. So ist das Leben eben.«
Sie dachte einen Moment lang darüber nach, ehe sie mich aufmerksam und entschlossen ansah. »Ich will es wissen, Mami«, sagte sie. »Ich will herausfinden, warum Daddy umgebracht wurde.«
»Ich auch. Aber wir haben damals schon so viel versucht, und seitdem sind ganze fünf Jahre vergangen. Da gibt es im Grunde nicht mehr viel, was wir jetzt noch tun können.« Eric hatte uns zwar einige Hinweise hinterlassen, doch bisher hatten diese alle zu nichts geführt. »Ich habe versucht, mehr herauszufinden, Schatz. Aber es ist mir bisher leider nicht gelungen.«
»Es muss doch eine Möglichkeit geben«, erwiderte
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