Wie angelt man sich einen Daemon
überlebt«, erwiderte ich. »Wäre nett, wenn sie ein weiteres Jahr hier auf dem Dachboden unversehrt überstehen könnten.«
»Ich weiß, ich weiß. Ich habe doch schon gesagt, dass es mir leidtut.«
Ich rechnete es ihr hoch an, dass sie nicht nur gelangweilt herumstand, sondern sogleich ihre Schachteln packte und in ein Regal stellte, das sich am anderen Ende des Speichers befand. Dort lagerte die Dekoration für die verschiedenen Feiertage. Als ob sie mir zudem beweisen wollte, dass sie den Preis für die süßeste und hilfreichste Tochter der Welt verdient hätte, verstaute sie danach auch noch meine Schachteln.
»Vielen Dank«, sagte ich. »In weniger als elf Monaten können wir schon wieder alles herunterholen.« Ich wandte mich um und begann, die Treppe hinunterzugehen. Doch da fiel mir auf, dass Allie mir gar nicht folgte. Als ich mich umdrehte, kniete sie vor der Truhe mit meiner Jagdausrüstung. Ich hatte sie absichtlich unter alten Betttüchern verborgen, doch offenbar nicht gut genug. Allie war bereits dabei, die Tücher beiseitezuziehen und sich das Messingschloss anzusehen. Die Truhe war ziemlich groß und aus Holz.
»Was ist denn da drin?«, fragte sie. Früher einmal hatte ich behauptet, dass sich in dieser Truhe verschiedene kleine Souvenirs befanden. Nichts Wichtiges. Nur ein paar Dinge von früher.
Wenn man bedachte, was sie erst vor Kurzem erfahren hatte, war ihre Frage mehr als legitim. Trotzdem glaubte ich, aus ihrer Stimme nicht nur Neugier, sondern auch vor allem Anklagen herauszuhören: Sind das deine Jagdutensilien? Du benutzt sie doch noch immer, nicht wahr? Warum hast du mich dann angelogen, Mami?
Streng befahl ich den Stimmen in meinem Kopf, den Mund zu halten, und trat zu Allie. »In dieser Truhe befinden sich meine alten Sachen von der Forza«, sagte ich. Und da ich wusste, was sie hören wollte, fügte ich hinzu: »Willst du sie vielleicht sehen?«
Allies Augen funkelten aufgeregt, als sie begeistert nickte.
»Also gut.« Ich hielt diese Truhe stets verschlossen. Der Schlüssel dazu hing an einem Nagel an einem der Dachsparren. Jetzt holte ich ihn und kehrte damit zu Allie zurück. Schweigend reichte ich ihn ihr, damit sie selbst aufsperren konnte.
Beinahe ehrfürchtig steckte sie den Schlüssel ins Schloss. Dann sah sie mich an. Ich nickte. Derart ermutigt, hob sie den Deckel und öffnete die Truhe.
»Also echt, Mami!«, erklärte sie mit einem gewissen Vorwurf in der Stimme. »Machst du dich lustig oder was?« Sie griff in die Truhe und holte eine Rezeptkarte heraus. »Als ob du jemals ein Mango-Erdbeer-Soufflee machen würdest! Also echt!«
Ich lachte. Ich hatte ganz vergessen, dass man meine Sachen nicht sofort sah, wenn man die Truhe öffnete. Obenauf lag nämlich ein Einsatz, auf dem ich – besonders geschickt, wie mir damals schien – Rezeptkarten, Artikel und irgendwelche Haushaltstipps aus verschiedenen Frauenzeitschriften verteilt hatte.
»Dich führt niemand so schnell hinters Licht, nicht wahr?«, sagte ich, beugte mich über sie und hob den Einsatz heraus. Darunter befand sich ein schwarzer Samtstoff, der meine Utensilien bedeckte. Ich zog ihn an einer Ecke beiseite, so dass nun meine polierten Waffen im schwachen Licht des Speichers geheimnisvoll funkelten.
»Wow«, sagte Allie. Sie klang schwer beeindruckt. »Das ist echt cool, Mami.«
»Ich weiß«, erwiderte ich lässig und kniete mich neben sie. Vielleicht hätte ich ihre Begeisterung nicht fördern sollen, aber es war tatsächlich cool. Und seine Tochter soll man schließlich nicht anschwindeln.
»Was ist das alles?«, wollte sie von mir wissen.
»Nun, alles Mögliche.« Ich lehnte mich vor und holte aus der Truhe meine altbewährte Armbrust heraus. »Diese Armbrust hat mir schon mehrmals das Leben gerettet.«
»Wahnsinn.« Sie streckte vorsichtig die Hand aus, zog sie dann aber rasch wieder zurück.
»Ist schon in Ordnung«, sagte ich und reichte ihr die Waffe. »Du kannst sie gern einmal halten.«
Am liebsten hätte ich es ihr verboten. Ich befürchtete, dass bereits eine einzige Berührung zu einer Ansteckung mit dem Dämonenfieber führen könnte – als ob es sich um eine Viruserkrankung handelte. In Wahrheit wusste ich natürlich, dass dem nicht so war. Es war keine Krankheit, es lag in den Genen. Und da Allies Angst nun offenbar nachließ, konnte es für mich jetzt nur noch darum gehen, ihr Interesse an der Jagd so lange wie möglich hinauszuzögern.
Überraschenderweise untersuchte sie
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