Wie angelt man sich einen Daemon
Spülbecken. »Verdammt«, murmelte ich.
Stuart hatte sich schon lange in sein Arbeitszimmer zurückgezogen, aber Eddie saß am Tisch und versuchte, ein Kreuzworträtsel zu lösen. »Mach schon«, sagte er. »Du weißt doch, dass du es willst.«
»Ist es wirklich so offensichtlich?«, fragte ich ihn überrascht.
»Offensichtlich wie ein Leuchtfeuer.«
Einige Minuten lang stand ich unentschlossen in der Küche herum und dachte nach. Würde ich wohl sehr viel an Autorität gegenüber meiner Tochter einbüßen, wenn ich nun zu Laura hinübergehen und mit Allie sprechen würde? Vermutlich schon, aber in diesem Moment war mir das egal. Wer hatte noch einmal gesagt, dass man niemals wütend zu Bett gehen darf? Wer immer es auch gewesen sein mag, wahrscheinlich wusste er genau, wie das Leben mit einem Teenager sein konnte.
Unser Garten grenzt an Lauras und ist nur durch zwei Gartenzäune und einen schmalen Weg dazwischen von ihm getrennt. Ich schlüpfte in ein Paar Slipper, zog mir eine leichte Jacke über, steckte einen Eispickel ein – um für alle Fälle gewappnet zu sein – und ging dann durch unsere Gärten zu Lauras Küchentür.
Dort klopfte ich und trat ein. »Laura?«
»Ich bin hier«, antwortete sie aus dem Wohnzimmer. Sie saß auf der Couch, umgeben von Schachteln voller Fotos und Fotoalben.
»Ich schreibe gerade meine Geschichte neu«, erklärte sie forsch, als ich sie fragend ansah. »Leider kann ich nicht alle Bilder dieses Idioten verbrennen, weil er ja weiterhin Mindys Vater bleiben wird. Aber andererseits habe ich keine Lust mehr, ständig seine blöde Visage auf unserem Kaminsims sehen zu müssen.«
»Und was tust du jetzt?«
»Ich suche neue Bilder für das Haus aus, lege für Mindy ein Fotoalbum an und packe den Rest der Bilder in einen Karton, der dann in den Schuppen wandert.« Sie lächelte mich übertrieben liebenswürdig an und hob ihren Gipsarm. »Und wenn es meinem Arm besser geht, schneide ich Paul vielleicht sogar aus einigen unserer Hochzeitsfotos heraus.«
Ich war mir nicht ganz sicher, ob ihr Enthusiasmus, ihren Mann aus ihrem Leben auszuradieren, gesund war. Aber wenn man bedachte, dass auch ich gerade kein perfektes Familienleben zu Hause hatte, war ich kaum die Richtige, um an meiner Freundin Kritik zu üben.
»Hast du mit Allie gesprochen?«, fragte ich und ließ mich ebenfalls auf der Couch nieder.
»Sie schien nicht gerade gesprächig zu sein«, meinte Laura. Sie warf mir einen neugierigen Blick zu. »Was ist eigentlich los? Habt ihr euch wieder einmal über Kajalstifte gestritten? Oder hast du ihr verboten, weiterhin zum Cheerleader-Training zu gehen?«
»Schlimmer«, entgegnete ich. »Ich habe ihr verboten, Dämonen zu jagen.«
»Wow.« Sie legte das Foto beiseite, das sie gerade in der Hand hielt. »Jetzt erzähl mir aber mal alles schön der Reihe nach.«
Das tat ich. Ich erzählte ihr die ganze schreckliche Geschichte.
»Ach, meine Liebe«, sagte sie und beugte sich vor, um mich rasch in die Arme zu nehmen. »Sie ist in der Pubertät. Sie hasst dich nicht wirklich. Das alles wird sich bestimmt wieder legen.«
»Aber?«
»Aber ich habe dich gewarnt.«
»Ja«, sagte ich. »Das hast du.« Ich stand auf und ging zur Treppe. »Ist sie in Mindys Zimmer?«
Laura schüttelte den Kopf und zeigte auf die Verandatür. »Sie sind über die Straße in den Park gegangen. Ich habe ihnen gesagt, dass sie um acht zurück sein müssen.«
In unserem Viertel gibt es mehrere kleine Parks und ein großes Gemeindezentrum mit einem Spieleraum und einem Pool. Lauras Haus liegt einer der besonders hübschen Parkanlagen gegenüber, und die Mädchen gingen seit einiger Zeit gern abends dorthin. Sie setzten sich auf die Schaukeln und redeten vermutlich über die großen Geheimnisse des Lebens. Oder vielleicht auch über Jungs.
Laura sah mich auf einmal beunruhigt an. »Oh mein Gott! War das okay? Hätte ich sie vielleicht lieber hierbehalten sollen?«
»Natürlich nicht. Wir sollten den Mädchen auf keinen Fall das Gefühl geben, dass sie sich in Gefahr befinden. Außerdem sind sie doch schon x-mal im Park gewesen. Da macht das heute keinen Unterschied.«
Das stimmte zwar, aber trotzdem war ich in Wahrheit ziemlich beunruhigt. Ich holte tief Luft und unterdrückte meine Angst. Selbst für eine Dämonenjägerin mit ausgeprägtem Beschützerinstinkt gab es schließlich Grenzen, wenn sie sich nicht lächerlich machen wollte. Ich konnte Allie nicht jede Minute des Tages im Auge behalten.
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